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«Me mues halt rede mitenand!»

Unangebrachtes Verhalten, respektlosen Umgang mit den Mitarbeitern und Illoyalität gegenüber der Firma wirft man ihm vor. Max kann das nicht verstehen. Er hat doch immer gut gearbeitet. Was wollen die denn von ihm? Früher war das doch nie ein Problem gewesen.

Unsere Gesellschaft ist im Wandel und unsere Welt dreht sich immer schneller. Was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein. Auch die Arbeitswelt macht in dieser Entwicklung keine Ausnahme. War früher klar: Wer gut arbeitet, kommt weiter im Leben – und die mit den richtigen Kontakten noch weiter –, so kann man heute auch schlecht arbeiten und trotzdem weiterkommen, wenn man nicht auffällt. Auffallen, ob im positiven oder negativen Sinn, macht heute nicht viel Sinn oder kann sogar gefährlich werden.

Wo viele Leute aufeinandertreffen, wie z.B. am Arbeitsplatz, muss auch geredet und die Rollen verteilt werden. Die Rollen sind durch die Arbeit gegeben und eigentlich weiss jeder, was zu tun ist. Wenn nicht, wird einem das gesagt. Mal militärisch und hoffentlich korrekt. Doch der Umgang untereinander ist offenbar immer schwieriger geworden, und ein Mensch wie Max fällt auf. Nicht aber Lena, die nie etwas sagt. Also hat Max wohl ein Kommunikationsproblem.

Wer zuhören kann, lernt Neues

Kommunikation oder eben das Sprechen miteinander ist das Mittel, um sich untereinander auszutauschen. Heute wird viel Wert auf die Diskussion gelegt. Diskussion oder eben Dialog heisst, dass zwischen zwei oder mehreren Personen zu einem bestimmten Thema ein mündlicher Austausch stattfindet, wobei jede Seite ihre Argumente vortragen kann und auch gehört werden sollte.

Zu einem guten Diskussionsstil gehört neben dem gegenseitigen Respekt auch, dass die Argumente der anderen Teilnehmer/innen gehört und auch geprüft werden, statt gleich mit Ablehnung zu reagieren. Der Zweck einer Diskussion wäre ja eigentlich, dass man zusammen zu einem Schluss, einer Lösung oder einer gemeinsamen Vorgehensweise kommt. Leider scheitern die meisten Diskussionen bereits daran, dass es nur Monologe sind und keiner gewillt ist, dem anderen zuzuhören. Zuhören, andere Meinungen zu akzeptieren oder sich zumindest damit auseinanderzusetzen hat mit Respekt zu tun. Nicht der gleichen Meinung sein oder überhaupt einfach nachfragen ist kein Angriff. Offenbar ist selber zu denken, mitzudenken und sich mit Gesagtem auseinanderzusetzen je länger je weniger gefragt – oder sogar gefürchtet. Eine solche Arbeitswelt macht krank und offenbart klare Führungsschwächen. Wir leben nicht in einer Diktatur und sind keine Roboter. Erst eine wirklich respektvolle Auseinandersetzung mit den Argumenten des anderen bringt uns weiter – wenn man dies denn möchte.

Reden, bevor es «chlepft»

Führungsschwäche ist leider nicht einklagbar. Sie macht aber krank und gefährdet den Arbeitserfolg. Die Führungsperson wird verzweifeln, weil sie ständig denkt, sie müsse Angriffe abwehren. Max leidet, weil jedes Mal, wenn er seine Meinung sagt, wieder Feuer im Dach ist, und Lena geht es auch nicht gut, da sie überhaupt nicht wahrgenommen wird.

Max hat nun eine Vereinbarung erhalten, in der steht, dass er sein illoyales Verhalten ablegen solle, sonst werde ihm gekündigt. Mit dem Beistand der Gewerkschaft fanden verschiedene Gespräche mit seinem Vorgesetzten und HR statt. Mit dieser Mediation konnte schlussendlich erreicht werden, dass sich Max und der Vorgesetzte offen ausgesprochen haben und sich jetzt auch wieder verstehen können.

Lena ist in der Zwischenzeit an einem Burnout erkrankt. Nach einer psychotherapeutischen Behandlung führte auch hier eine Mediation über das Gesundheitsmanagement der IV und der Krankenkasse zu einer Verbesserung der Situation. Lena kann heute wieder arbeiten und traut sich nun auch, ihre Meinung zu vertreten.

Soweit hätte es in beiden Fällen nicht kommen müssen. Man hätte doch einfach miteinander reden können. Manchmal geht es aber nur noch mit Hilfe von aussen und da kann, vorausgesetzt, es sind alle Beteiligten bereit dazu, eine Mediation der richtige Weg sein. Redet wieder miteinander, und nicht nur übereinander!

Rechtsschutzteam SEV