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Auf den Spuren von ...

Tino Rogowski, Fachtechniker IBS Modernisierung

Tino Rogowski arbeitet im Werk Olten der SBB, wo er Züge in Betrieb setzt (IBS) und zukünftige Berufsleute ausbildet. Daneben engagiert er sich im SEV: Er ist Präsident der Sektion TS Nordwestschweiz und überzeugt, dass Gewerkschaftsarbeit äusserst wichtig ist.

Es sind riesige Hallen im Werk Olten, wo reihenweise Wagen des SBB-Personenverkehrs stehen. An einem dieser Wagen, an einem IC-Bt, macht sich Tino Rogowski zu schaffen. Seit gut einem Vierteljahrhundert ist er spezialisiert auf die Reparatur und den Unterhalt von Zügen.

«Ich habe meine Lehre bei der DB Netz in Stuttgart gemacht», erzählt der gelernte Energieelektroniker mit Fachrichtung Anlagetechnik. «Nach der Lehre wollte ich möglichst schnell von zu Hause weg und habe dann eine Stelle in Basel gefunden – zuerst auf der deutschen Seite.» Dort arbeitete er zunächst im kleinsten Fernverkehrswerk der Deutschen Bahn, wo er bis 2009 ICE-Züge reparierte und untersuchte. Dann kam er in die Schweiz zur SBB. «Der Wechsel über den Rhein war einfach. Ich brauchte nicht umzuziehen und habe sofort mehr verdient.» Danach folgten über zehn Jahre in Basel, bis er schliesslich 2022 in Olten gelandet ist.

Älteren Zügen neues Leben einhauchen

Heute arbeitet Tino Rogowski als Fachtechniker in der Modernisierung. Sein Arbeitstag beginnt jeweils mit einer kurzen Sitzung: «Wir besprechen, was am Vortag gelaufen ist, was ansteht und welches Material wir brauchen.» Danach geht es direkt in die Hallen, wo die umfangreichen Modernisierungsarbeiten stattfinden.

Die Fahrzeuge, die Tino Rogowski und sein Team betreuen, werden etwa zur Hälfte ihrer Lebensdauer komplett auseinandergebaut. «Das Wichtigste ist das Sandstrahlen, damit der Rost entfernt wird», erklärt er. Anschliessend folgt der Wiederaufbau – mit Lackierung, Komponenteneinbau und Inbetriebsetzung.» Besonders anspruchsvoll ist die Inbetriebsetzung: «Wir nehmen das Fahrzeug wieder in Betrieb, nachdem es aus dem laufenden Betrieb herausgenommen wurde. Erst wenn alles passt, darf es wieder fahren.» Dabei trifft moderne Technik auf alte Systeme – Rechner verschiedener Generationen, die miteinander kommunizieren müssen. «Die Fehlersuche ist manchmal richtig schwierig. Man muss das Fahrzeug gut kennen und verstehen, wie die Systeme zusammenhängen.»

Genau diese Herausforderung macht ihm auch Freude: «Das Schönste an meinem Beruf? Es ist nie alltäglich. Heute hat ein Fahrzeug diese Störung, morgen eine völlig andere. Man muss immer wieder neu suchen.» Schwieriger als die alltäglichen Herausforderungen findet er die organisatorischen Entwicklungen im Betrieb. «Die Arbeitsbedingungen haben sich über die Jahre leicht verschlechtert», sagt er offen. Besonders kritisch sieht er die geplante Einführung von Schichtarbeit. Bis jetzt arbeitet er jeweils von Montag bis Freitag und möchte nicht, dass sich das ändert: «Da sind viele unzufrieden.»

Es braucht den Druck der Gewerkschaft

Wenn Arbeitsbedingungen nicht stimmen, rät Tino Rogowski, das Gespräch zu suchen – und die Gewerkschaft beizuziehen: «Beim Chef melden bringt manchmal etwas, aber oft bewegt sich erst etwas, wenn der SEV Druck macht. Ich habe schon öfter erlebt, dass erst etwas passiert ist, wenn ich den Gewerkschaftssekretär ins Spiel gebracht habe.»

Sein Engagement im SEV hat viel mit seinen Erfahrungen aus Deutschland zu tun. «Dort haben Arbeitnehmer:innen viel mehr Rechte. Als ich in die Schweiz kam, habe ich gemerkt, dass hier vieles arbeitgeberfreundlicher ist», sagt Tino Rogowski. Deshalb sei es umso wichtiger, sich zu beteiligen: «Wir müssen dafür kämpfen, dass wenigstens das bleibt, was frühere Generationen erkämpft haben. Es wird ständig versucht, etwas abzubauen.»

Mit Blick auf die Zukunft des Werks Olten zeigt er sich grundsätzlich optimistisch. «Es kommen viele Fahrzeuge in die Midlife-Revision, und die SBB investiert viel in neue Hallen.» Gleichzeitig kritisiert er die Planungskultur: «Manchmal fühlt es sich an, als wären wir nur Figuren auf einem Schachbrett. Oben planen sie einfach, ohne an die Menschen zu denken.»

Fachkräftemangel auch hausgemacht

Ein grosses Thema bleibt zudem der Fachkräftemangel. «Wir haben viele Lernende, und sie werden gut gefördert. Aber der Lohn am Anfang ist sehr tief, und deshalb bleibt kaum jemand.» In seiner eigenen Rolle als Ausbildner von Automatiker:innen und Automatikmonteur:innen sieht er Handlungsbedarf: «Wenn man will, dass sie bleiben, muss man beim Lohn anfangen.»

In seiner Freizeit ist Tino am liebsten unterwegs – natürlich mit dem Zug. Reisen ist sein Hobby und gleichzeitig Ausdruck seiner Verbundenheit mit der Bahnwelt.

Michael Spahr