Auf den Spuren von ...
Rebecca Benz, Kapitänin SGV
Es war nie ihr Traum, Kapitänin zu werden. Dennoch hat Rebecca Benz ihren Traumjob auf dem Schiff gefunden. In einer Männerdomäne als eine der wenigen Kapitäninnen auf Schweizer Seen. Sie erzählt, was sie an ihrem Beruf so schätzt und wieso sie seit Beginn ihrer Karriere Mitglied im SEV ist.
Rebecca ist heute auf dem Flaggschiff der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV) – der DS Stadt Luzern – unterwegs. Als zweite Schiffsführerin unterstützt sie Roger Maurer, Zentralkassier im VPT-Zentralausschuss, auf dem grossen Dampfschiff. Als Dampfschiffkapitänin fährt Rebecca alle Schiffe auf dem Vierwaldstättersee. Die sehr beliebte DS Schiller mit dem denkmalgeschützten Salon ist ihr Schiff. Heute bleibt es in der Werft.
Ihr Weg zur SGV war alles andere als geplant. Als gelernte Goldschmiedin verspürte sie den Wunsch, in den sozialen Bereich einzusteigen und absolvierte mit 25 Jahren ein entsprechendes Praktikum. Eine Kollegin bei der SGV kam zu diesem Zeitpunkt auf sie zu, weil sie noch eine Matrosin brauchten. Und so ergab das eine das andere, und in diesem Sommer fährt Rebecca nun die 23. Saison auf dem Vierwaldstättersee.
Sie durchlief – wie es alle müssen – den ganzen Weg von der Matrosin über die Kassierin zur Schiffsführerin hin zur Schiffsführerin Dampfschiff und schliesslich zum Ehrengrad als Kapitänin, den sie 2022 zusammen mit dem weissen Hut erhielt. Als erste Kapitänin der SGV überhaupt.
Traumberuf mit sozialer Komponente
«Ich möchte nichts anderes arbeiten», sagt Rebecca voller Überzeugung. Sie liebt ihren Beruf und schwärmt vor allem davon, wie abwechslungsreich er ist. «Kein Tag ist gleich – es gibt anderes Wetter, du fährst ein anderes Schiff, einen anderen Kurs und hast andere Gäste – und du musst dich immer wieder neu auf deinen Job einlassen.» Und was ist vom Wunsch geblieben, ins Soziale einzusteigen? «Als Kapitänin habe ich ein eigenes Schiff, führe mein eigenes Team, halte Mitarbeitergespräche und begleite die Jungen im Team auf ihrem Weg bis zur Prüfung. Das ist bei weitem mehr als Schifffahren und entspricht auch meiner sozialen Ader», führt Rebecca aus. Die Arbeit auf dem Schiff erfordere ein gutes Team und entsprechend viele Teamplayer. «Insbesondere auf dem Dampfschiff musst du komplexe Manöver ausführen, es ist ein Zusammenspiel von Kapitän, Matrosen und Maschinisten – das Team muss funktionieren, das merken dann auch die Gäste», erklärt sie weiter. Auf ihrer DS Schiller arbeite sie denn auch mit einem super Team und erhalte viele Komplimente.
2007 hat Rebecca Benz berufsbegleitend noch die Handelsschule absolviert. Dies hilft ihr bei ihrer Bürotätigkeit bei der SGV im Winter. Sie unterstützt dann die Nautik und verantwortet die Betriebsvorschriften. Im Winter deckt sie denn auch hauptsächlich Spitzen wie Feiertage und Krankheitsausfälle ab, und fährt damit weniger.
SEV-Mitgliedschaft als Selbstverständlichkeit
Seit ihren Anfängen auf dem Schiff ist Rebecca Mitglied im SEV. «Die Gewerkschaft ist etwas Gutes, es profitieren alle, wenn der Vorstand etwas erreicht», ist sie überzeugt. Als Schiffsführer:in müsse man ausserdem fast Mitglied im SEV sein, wegen dem professionellen Berufsrechtsschutz, der auch mit spezialisierten Anwälten unterstützen könne, falls ein Vorfall passiere. Aktuell ist Rebecca «normales» Mitglied und nicht aktiv in ihrer Sektion. Ihr dichter Arbeitsplan – in der Sommersaison von April bis Oktober macht sie sehr viel Überzeit – lasse ein Nebenamt momentan nicht zu. Im Winter kompensiert sie die aufgelaufene Zeit und geht dann mit ihrem Mann Roger Benz, ebenfalls Kapitän bei der SGV, auf Reisen. «Wir gehen jedes Jahr zwei Wochen im Januar ins Allgäu, um uns beim Langlauf oder Schneeschuhlaufen zu erholen. Ausserdem machen wir viele Städtereisen», sagt Rebecca. Sonst geht sie oft schwimmen, auch im Winter und auch mal in einem 2 Grad kalten Bergsee. «Das gibt mir einen gewissen Kick, eine besondere Energie», strahlt sie.
Als Frau in einer Männerdomäne
Mit ihrem Mann wohnt sie in Luzern gleich hinter der Werft. Als eine der wenigen DS-Kapitäninnen in der Schweiz ist sie auch eine gern gesehene Referentin. «Die Schifffahrt ist nach wie vor eine Männerdomäne. Als Frau erhältst du von aussen viel Aufmerksamkeit und positives Feedback. Intern ist es aber manchmal auch herausfordernd», schliesst Rebecca.
Chantal Fischer