GAV Bus Ostschweiz: Fortschritt in kleinen Schritten
Der GAV mit der Bus Ostschweiz AG konnte erfolgreich weiterentwickelt werden. Trotz pandemiebedingten widrigen Umständen erzielte der SEV in den Verhandlungen einige Fortschritte. Am 1. Januar 2022 soll der neue GAV in Kraft treten.
Die drei Busfahrtunternehmungen RTB Rheintal Bus, WilMobil und Bus Sarganserland Werdenberg sind zusammen die Bus Ostschweiz AG. Im äusserst erfolgreichen Geschäftsjahr 2019 beförderten sie neun Millionen Menschen im Grenzgebiet zu Österreich und Liechtenstein. Dann kam der Corona-Schock mit weitreichenden Folgen. 2020 schrumpften die Passagierzahlen um rund 25 %. Nur dank der Auflösung von Reserven landete das Busunternehmen nicht in der Verlustzone.
Die Bedingungen für Verhandlungen zur Weiterentwicklung des Gesamtarbeitsvertrags waren folglich aus finanzieller Sicht sehr schwierig. «2019 wäre es wesentlich einfacher gewesen, alle unsere Forderungen durchzubringen», sagt Buschauffeur Berat Rahimi, Präsident der VPT-Sektion Bus Ostschweiz. Gemeinsam mit Max Gschwend, Gian-Marco Quesada, Claude Meier und Regula Pauli verhandelte er in den letzten beiden Jahren mit der Geschäftsleitung.
Drei Tage Ferien als Kompromiss
Unter diesen Umständen war klar, die Verhandlungsdelegation musste in gewissen Bereichen Zugeständnisse machen. So wurde auf ein Lohnbegehren für 2022 verzichtet, dafür erhielt die Verhandlungsdelegation die Zusicherung eines zusätzlichen Ferientags für das Personal auf unbestimmte Zeit. Ausserdem wurden zwei zusätzliche Ferientage gewährt für den Verzicht auf gewisse Zulagen (auswertiges Essen, durchgehenden Fahrdienst).
«Mit vier Wochen und drei Tagen sind wir dem eigentlichen Ziel, nämlich fünf Wochen Ferien für alle Mitarbeitenden, etwas näher gerückt», sagt SEV-Gewerkschaftssekretärin Regula Pauli und konstatiert: «Es ist gut, dass wir den erneuerten GAV jetzt unterschreiben können. Für uns ist aber auch klar, die Weiterentwicklung des GAV geht in eine weitere Runde, da die Verhandlung eines Lohnsystems noch pendent ist. Ausserdem werden wir sicherlich im kommenden Jahr auch ein Lohnbegehren stellen.» Im Moment ist die Verhandlungsdelegation zufrieden, dass unter den gegebenen Umständen überhaupt eine Weiterentwicklung erreicht werden konnte. Mindestens drei Jahre soll der neue GAV nun gelten. «Und dann ist die Pandemie hoffentlich vorbei und wir können etwas gelassener in neue Verhandlungen gehen», meint Sektionspräsident Berat Rahimi optimistisch.
Fortschritte gegenüber dem alten GAV
Die wichtigsten Errungenschaften auf einen Blick sind:
- drei Tage mehr Ferien;
- Kosten für angeordnete ärztliche Untersuchungen werden vom Betrieb übernommen;
- transparentere Regeln bei Verwarnung und Rückstufung nach einem Jahr ohne Vorkommnisse, um Willkür zu vermindern;
- Verbesserungen bei ausserordentlichen Urlauben und Absenzen sowie bei Bezug des Dienstaltersgeschenks;
- das Unternehmen ist verpflichtet, Mitarbeitende wenn möglich im Betrieb zu halten, wenn sie z. B. wegen gesundheitlicher Probleme gewisse angestammte Funktionen nicht mehr ausüben können;
- klare Regelungen bei temporärer und freiwilliger Zuweisung eines zweiten Dienstortes;
- Zulagenvergütung auch während Ferien (Orange-Urteil);
- grundsätzlich mehr Mitspracherechte der Personalkommission.
Sowohl in der physischen Abstimmung an der Versammlung vom 23. Oktober in Altstätten SG als auch in einer online durchgeführten Abstimmung befürwortete die Mehrheit der Sektionsmitglieder den weiterentwickelten GAV. Am 4. November wurde er auch vom Verwaltungsrat der Bus Ostschweiz AG verabschiedet. Im Dezember ist die Unterzeichnung geplant, damit der GAV 2022 in Kraft treten kann.
Michael Spahr