Schwierige GAV-Verhandlungen bei der BLS mit vorläufigem Abschluss
Zum Reden braucht es zwei
In der Literatur gibt es zwar berühmte Monologe, doch GAV-Verhandlungen können nur mit einem Dialog gelingen.
Dies zeigte sich auch bei den Verhandlungen zur Weiterentwicklung des GAV BLS. Schon 2014 hatte die BLS mit internen Vorarbeiten für ein neues Lohnsystem begonnen. Im Februar 2015 begannen dann die eigentlichen GAV-Verhandlungen, in denen sich rasch zeigte, dass die BLS den bestehenden GAV demontieren oder aushebeln wollte. Als die BLS im April 2015 «Personalmassnahmen» verhandeln wollte, weil die Frankenstärke ein Defizit von zehn Millionen Franken erwarten lasse, wurden die GAV-Verhandlungen sistiert. Der SEV organisierte eine Vollversammlung des Personals. Man fragte sich: Warum sollten der Regionalverkehr, der Schiffsbetrieb, der Autoverlad unter dem starken Franken leiden? Die BLS verzichtete anschliessend auf ihre Forderungen, und man traf sich erst im November 2015 wieder.
Zweiter Anlauf
Im Januar 2016 begannen die Verhandlungen erneut. Die Arbeitgeberseite wollte auf Biegen und Brechen das neue Lohnsystem durchbringen. Auf die meisten der ursprünglich rund 60 Forderungen verzichtete sie. Die Gewerkschaften, die mit rund 20 Forderungen angetreten waren, waren ebenfalls zu Abstrichen bereit, aber das Lohnsystem ohne substanzielle Anpassungen und Kompensationen anzunehmen, kam nicht infrage. Der gute Jahresabschluss 2015 der BLS–sämtliche Geschäftsbereiche schlossen mit Gewinn ab!–zeigte, dass vonseiten der BLS viel mehr Spielraum vorhanden war, als diese einräumen wollte. Die Verhandlungsdelegation der Gewerkschaften, an deren Spitze der SEV stand, liess sich an GAV-Konferenzen von der Basis mandatieren, wogegen die BLS mit einer patronhaften Vorstellung von Betriebsführung auftrat. Ende April waren die Vorstellungen und Positionen so festgefahren, dass die BLS ein «Spitzengespräch» verlangte, um die Situation zu deblockieren. Am ersten Spitzengespräch präsentierte die BLS zwei neue Vorschläge, der SEV reagierte mit einer eigenen Variante. Nach dem zweiten Spitzengespräch ist jetzt ein Ergebnis erreicht: Die BLS verzichtet vorderhand auf das neue Lohnsystem. Der bestehende GAV bleibt in Kraft, im Sommer werden einige gesetzesbedingte und redaktionelle Anpassungen verhandelt, Ziel ist es, die neue Fassung auf den 1.Januar 2017 in Kraft zu setzen.
Erfolg der Gewerkschaften
Der SEV kann zufrieden sein: Er hat gezeigt, dass er sich nicht einschüchtern lässt und ernsthaft diskutieren will. Die BLS wollte zuviel und hat schlussendlich nichts gewonnen. Die Gewerkschaften und insbesondere der SEV sind weiterhin offen für Verhandlungen, wenn diese auf Augenhöhe und mit dem echten Willen, einander anzuhören, geführt werden. Denn für ein Gespräch braucht es zwei Partner.
pan.
Drei Fragen an Balthasar Stöcklin, VPT-BLS
Balthasar Stöcklin, wie hast du als Präsident der Sektion VPT-BLS die GAV- Verhandlungen erlebt?
Die Arbeitgeberseite argumentierte sehr kompromisslos. Deshalb kam man einander kaum näher.
Du findest, dass zu wenig herausgekommen ist?
Ja, im Verhältnis zum grossen Aufwand auf jeden Fall. Die BLS wollte nicht auf unsere Vorschläge eingehen.
Wie geht es jetzt weiter – was erwartest du?
Es fragt sich, ob sich momentan noch minimale Fortschritte vereinbaren lassen. Den bestehenden GAV erachten wir als grund- sätzlich gut. Das ist ein Erfolg der Gewerkschaft. Wir müssen allerdings wachsam bleiben, dass die BLS nicht versucht, via neue Berufsbezeichnungen oder Auslagerungen ihre Ziele zu erreichen. Ich vertraue aber auf den guten Konsens.
Fragen: Peter Anliker