Touristik-Branche steht vor grossen Aufgaben
Ein Winter zum Vergessen – und jetzt?
«Schlecht», «harzige Saison», «sicher ein Minus»: Von wenigen Ausnahmen abgesehen verlief der Winter für die Bergbahnunternehmen enttäuschend. Besserung ist nicht in Sicht, einfacheRezepte ebenso wenig. Unterstützung durch dieöffentliche Hand oder Rückbauten und Betriebsschliessungen werden die Folge sein.
Schon der Start war zäh. Warme Temperaturen bis in den Dezember, kaum Schnee, aus-bleibende Buchungen. Das Wetter generell, die schleppende Wirtschaftsentwicklung, der starke Franken haben das ihre beigetragen: Die zu Ende gehende Wintersaison ist für viele Bergbahnunternehmen zum Vergessen.
Es ist nicht die erste Saison, die Kummer bereitet. Die Zukunft verheisst keine Besserung: Enormen Investitionskosten für Beschneiungs- und Transportinfrastruktur sind Tatsachen. Gleichzeitig schrumpft die Nachfrage auf den Pisten, zumindest in der Schweiz. Die Gäste bleiben weniger lang und treffen die Wahl der Destinationen kurzfristig. Aber sind sie einmal vor Ort, muss das ganze Angebot zur Verfügung stehen, wetterunabhängig. Aus Gewerkschaftssicht ist anzumerken, dass damit auch die Arbeitsbedingungen immer unsicherer werden, kurz: bei tiefen Löhnen rund um die Uhr zur Verfügung stehen.
Strategische Mängel
Und jetzt? Gegen Wetter, Währung und Wirtschaftslage können die Unternehmen wenig bis nichts ausrichten. Ein unverständliches Paradox ist, dass die Bergbahnbranche die Befreiung von der Mineralölsteuer für Pistenfahrzeuge, auch für solche ohne Russpartikelfilter, als Erfolg feiert. Als wenn der Klimawandel nicht eine der zentralen Herausforderungen für die Branche wäre. So wird noch stärker in technische Beschneiung investiert, bis die Temperaturen definitiv zu hoch oder die geografische Lage definitiv zu tief sind. Voraussetzung ist allerdings, dass das Geld vorhanden ist. Oder die öffentliche Hand macht einen Abschreiber (Gstaad), oder Bürgschaften und Darlehen (Weisse Arena Flims-Laax-Falera), oder der Bergbahn droht das aus, falls nicht doch noch private Investoren einspringen (Vals und Finanzier Remo Stoffel).
Lichtblicke gibt es wenige. Besser als dem Durchschnitt geht es den Unternehmen, die auch im Sommer attraktiv sind (z. B. Jungfraubahnen), ein klar definiertes treues Gästesegment haben (z. B. Heinzenberg ob Thusis), über Alleinstellungsmerkmale verfügen (z. B. Zermatt), oder von allem profitieren (z. B. Schilthorn).
Konzentration unausweichlich
Mittelfristig wird aber nichts daran vorbeiführen, dass es eine Konzentration auf weniger (Wintersport-)Gebiete und weniger Unternehmen geben wird, mit allen Konsequenzen für die betroffenen Regionen und die Arbeitsplätze. Entsprechende Szenarien nicht erst nach der nächsten miesen Saison durchzudenken wäre ein Zeichen von Stärke und Realitätssinn und schafft auch Klarheit für die Mitarbeitenden.
Peter Peyer