SEV hat Vorbehalte zur Schienengüterverkehr-Strategie des VöV
Einzelwagenladungsverkehr bleibt volkswirtschaftlich wichtig
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV unterstützt das Hauptziel der heute vorgestellten Strategie des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV) zum Schienengüterverkehr, für letzteren «faire Rahmenbedingungen» zu schaffen. Auch die vom VöV geförderte Zusammenarbeit zwischen Bahn und Kunden im Rahmen der IG WLV findet der SEV grundsätzlich richtig. Jedoch darf diese Interessengemeinschaft nicht in erster Linie das betriebswirtschaftliche Ziel verfolgen, die Effizienz und Rentabilität des Wagenladungsverkehrs für den Monopolisten SBB Cargo zu erhöhen. Sondern die IG muss auch dafür sorgen, dass der Wagenladungsverkehr (WLV) seine volkswirtschaftlichen Ziele erfüllt – wofür es weiterhin einen flächendeckenden Einzel-WLV braucht.
Auf die Frage, ob der VöV mit seiner Strategie einen weitgehenden Abbau des Zustellnetzes des Einzel-WLV unterstütze, antwortete Direktor Ueli Stückelberger, es brauche Anpassungen an die geänderten Rahmenbedingungen, relativierte aber, dass SBB Cargo Lösungen mit den Kunden suche. SEV-Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn hält dazu fest: «Auch wenn der Bund den Betrieb von SBB Cargo im Moment nicht mehr direkt subventionieren will, sondern Eigenwirtschaftlichkeit fordert, verlangt er von SBB Cargo trotzdem weiterhin, dass sie im Import-/Export- und im Binnen-Güterverkehr ein Angebot betreibt, das auf den Bedarf der verladenden Wirtschaft in der Schweiz ausgerichtet ist. SBB Cargo muss also auf die Bedürfnisse der Kunden Rücksicht nehmen und darf nicht einfach Zustellpunkte schliessen mit der Begründung, dass plötzlich das Mindest-Verkehrsvolumen mehr als verdoppelt werden müsse.»
Einzelwagenladungsverkehr als Service public abgelten
«Es gibt also einen Zielkonflikt zwischen der Eigenwirtschaftlichkeit des Einzel-WLV und dessen Erschliessungsfunktion für die KMU, besonders in Randgebieten», folgert Daniela Lehmann, die im SEV die Verkehrspolitik koordiniert. «Dazu kommt, dass eine Güterverlagerung auf die Strasse Bevölkerung und Umwelt stärker belastet, was zu höheren Gesundheitskosten führt. Auch würden die schon jetzt vielerorts verstopften Strassen noch stärker frequentiert.»
«Hinzu kommt die stärkere Strassenabnützung – vor allem, wenn Lastwagen schwer beladen sind, zum Beispiel mit Holz», ergänzt Philipp Hadorn. «Manche Strassen müssten gar verstärkt werden. All das belastet die Volkswirtschaft mit Zusatzkosten, die über die eingesparten Bundessubventionen für Cargo weit hinausgehen. Deshalb ist das neue politische Dogma der Eigenwirtschaftlichkeit des Einzel-WLV kurzsichtig. Anstatt dessen Subventionierung den Kantonen zu überlassen, sollte der Bund der SBB ihren Service public im Güterverkehr weiterhin abgelten. Warum nicht im Rahmen von Leistungsvereinbarungen wie im Personenverkehr?» Hadorn, der als Nationalrat auch Mitglied der Verkehrskommission (KVF) ist, prüft einen entsprechenden Vorstoss im Parlament, «denn es gilt dringend die Kapazitäten für die wachsenden Volumen der Zukunft auf der Schiene aufzubauen und nicht aus kurzfristiger Optik sich Schritt für Schritt aus dem Markt zu verabschieden.»
Weitere Auskünfte:
Philipp Hadorn, Gewerkschaftssekretär SEV und Nationalrat (SP/SO): 079 600 96 70
Daniela Lehmann, Koordinatorin Verkehrspolitik SEV: 079 771 51 44