Jahresabschluss der SBB hinterlässt zwiespältigen Eindruck
Der Erfolg der SBB ist der Erfolg des Personals
Erneut hat die SBB ihre Zielvorgaben klar übertroffen. Das ist das Verdienst eines hochmotivierten, aber gleichzeitig höchst unzufriedenen Personals. Mit der Prämie als Gewinnbeteiligung zeigt die SBB, dass sie beginnt, die Zeichen der Zeit zu er-kennen.
Der SBB-Abschluss hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. SEV-Präsident Giorgio Tuti kommentiert: «Einerseits ist es erfreulich, dass die SBB derart erfolgreich geschäftet, andererseits ist es bedenklich, dass es ihr als erfolgreiches Unternehmen nicht gelingt, stabile Verhältnisse fürs Personal zu schaffen.» Dieses Personal, das entscheidend zum Jahresresultat beigetragen hat, wird mit Reorganisationen und Produktivitätsdruck derart verunsichert, dass die Personalzufriedenheit letztes Jahr regelrecht abgestürzt ist (was richtigerweise Spuren in den Boni der Konzernleitung hinterlassen hat).
Die Gewinnbeteiligung des Personals in Form der 500-Franken-Prämie ist ein Signal, das zu würdigen ist, betont der für die SBB zuständige Vizepräsident des SEV, Manuel Avallone: «Wertschätzung ist allerdings mehr als Geld; Wertschätzung bedeutet, dass das Personal als Kern des Unternehmens betrachtet wird und nicht als Kostenfaktor.» Für den SEV ist klar, dass aufs nächste Jahr nachhaltige Lohnerhöhungen fällig sind. Allgemeine Prämien sind nicht mehr angebracht, da das neue Lohnsystem Leistungsprämien vorsieht.
Es ist bemerkenswert und spricht für die Einstellung der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, dass sie trotz der grossen Unzufriedenheit mit ihren obersten Chefs dafür sorgen, dass dieses höchst komplexe System Bahn Schweiz tagtäglich auf so hohem Niveau funktioniert. Das Personal zeigt damit konstant, dass es zum Unternehmen steht. Es hat akzeptiert, dass es seinen Beitrag an die Sanierung der Pensionskasse leisten muss, es hat akzeptiert, dass das neue Lohnsystem verstärkt Marktelemente enthält, es akzeptiert seit Jahren anhaltende Produktivitätssteigerungen. Die Grenzen sind erreicht; weitere Zusatzbelastungen können dem Personal nicht aufgebürdet werden. Nun steht das Unternehmen in der Pflicht, wobei dessen Möglichkeiten begrenzt sind. Der Bund als Eigentümer und die Kantone als Besteller werden ebenfalls dazu beitragen müssen, dass dieser einzigartige Service Public aufrecht erhalten werden kann.