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Von der Zuverlässigkeit eines Tachometers

Jean ist mit seinem Auto voll im Schuss – und überschreitet die Höchstgeschwindigkeit (60km/h) um 26km/h. Er erhält eine Busse von 600 Franken und muss die Verfahrenskosten übernehmen.

Jean ficht den Entscheid an, doch die Polizei hält an der Busse fest und übergibt das Dossier dem Polizeigericht. Dieses bestätigt die angeordnete Strafe. Aber Jean gibt nicht auf; er zieht den Fall vor das Kantonsgericht und schliesslich bis vors Bundesgericht.

Als Beweis, dass er im Recht ist, verlangt Jean ein Gutachten am Tachometer des Fahrzeugs, mit dem er zu schnell gefahren war. Die Vorinstanzen wollten kein Gutachten betreffend falscher Geschwindigkeitsangaben auf dem Tacho anordnen. Sie begründeten dies damit, dass Jean zuerst nur die Zuverlässigkeit des Radars und die Ausbildung des dafür zuständigen Polizeipersonals angezweifelt habe, nicht aber seinen Tacho. Zu einem so späten Zeitpunkt sei der damalige Zustand des Tachos nicht mehr zuverlässig zu eruieren.

Verzicht auf Beweisprüfung möglich

Die Rechtsprechung erlaubt es dem Richter, gewisse Beweise nicht zu überprüfen, und zwar vor allem dann, wenn diese für die Lösung des Falls nicht relevant sind. In diesem Fall würde die Tatsache, dass der Geschwindigkeitsmesser eine zu tiefe Geschwindigkeit angezeigt hat, nicht ausreichen, um den Fahrer von seiner Schuld zu befreien. Dafür müsste Jean aufzeigen, dass er zu schnell fuhr, weil er sich in guten Treuen auf die falschen Angaben seines Tachos verlassen hatte.

Fehlfunktion «zufällig» entdeckt

Aber genau dies hat Jean ursprünglich nie geltend gemacht. Zwar hatte er beim Erhalt der Busse angeblich gleich gemerkt, dass die Geschwindigkeit, die vom Radar angegeben wurde, viel höher war als jene auf seinem Tacho. Doch hätte er dies der Polizei oder den Untersuchungsbehörden sofort mitteilen sollen. Stattdessen erwähnte er das Thema nicht und beschränkte sich darauf, die Funktionsfähigkeit des Radars und die Ausbildung dessen Bedieners anzuzweifeln. Erst im Nachhinein entdeckte er «zufällig» die Fehlerhaftigkeit seines Tachos. Ein Fahrer, der sich auf die Angaben seines Tachos verlässt, hätte eine solche Fehlfunktion nicht übersehen.

Beweisprüfung zu Recht verweigert

Unter diesen Umständen hatte das Kantonsgericht das verlangte Gutachten zu Recht verweigert, und zwar ohne Willkür und ohne das Gesetz zu verletzen. Die allfällige Fehlfunktion des Geschwindigkeitsmessers hatte bei der Strafbemessung keine Rolle gespielt. Folglich wies das Bundesgericht Jeans Rekurs ab.

Rechtsschutzteam SEV