Link zum Recht: Verrechnung von Schadenersatzansprüchen

Bagatellunfall mit Geschäftsauto – Reparaturkosten direkt vom Lohn abgezogen

Bei Autounfällen mit dem Geschäftsauto während der Arbeit gilt allgemein, dass Arbeitnehmende bei leichtem Verschulden nichts zur Schadensdeckung beitragen müssen.

Hans* benötigt für die Ausführung seiner täglichen Arbeit das Auto. Und es kommt, wie es einmal kommen musste: Beim Einparken in der engen Gasse erwischt er den Eisenzaun des Gartens. Der Blechschaden ist klein und der Zaun nur krumm, die Rechnung aber gesalzen.

Prompt stellt Hans bei der Kontrolle der nächsten Lohnabrechnung mit Schrecken fest, dass ihm der Arbeitgeber die Reparaturkosten für Auto und Zaun vom Lohn abgezogen hat. Damit ist Hans gar nicht einverstanden und sucht beim SEV um Rechtsschutz nach.

Ausschlaggebend ist das Mass des Verschuldens

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer für den Schaden verantwortlich, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zugefügt hat (Art. 321e Abs. 1 OR). Dabei ist auf das Mass des Verschuldens des Arbeitnehmers abzustellen bzw. abzuklären, welche Sorgfalt der Arbeitnehmer aufzubringen hat.

Was heisst das nun im Detail? Die Sorgfaltsfrage kann nicht generell beantwortet werden. Massgebend sind der Arbeitsvertrag, also die Art der Arbeit, und das entsprechende Berufsrisiko sowie der Bildungsgrad und das Fachwissen des Arbeitnehmers und seine persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften. Auf der andern Seite muss ein Arbeitgeber, der einen Schaden verrechnen will, nachweisen, dass er seine Arbeitnehmenden für die übertragenen Arbeiten genügend instruiert und überwacht hat sowie ihnen die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Selbst in Fällen der leichten Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer. Hier wird die zu bezahlende Schadensumme aber in aller Regel stark reduziert bzw. durch Abrede oder GAV bereits ausgeschlossen. So etwa bei der SBB und der SBB Cargo (Ziffern 42 und 43 GAV SBB und GAV SBB Cargo). Im Weiteren kann nur der Schaden verrechnet werden, der nicht bereits durch eine Versicherung gedeckt ist.

Eine Besonderheit liegt in der so genannten schadensgeneigten Arbeit. Hier liegt es in der Natur der Sache, dass Schäden entstehen können. Dabei wird aber nicht auf das Berufsrisiko als solches, sondern auf die konkrete Situation, die zum Schaden geführt hat, abgestellt. So gilt z. B. bei Autounfällen mit dem Geschäftsauto während der Arbeit allgemein, dass Arbeitnehmende bei leichtem Verschulden nichts zur Schadensdeckung beitragen müssen.

Kein Lohnabzug ohne Einver- ständnis des Arbeitnehmers

Wie sieht es nun mit dem Lohnabzug aus? Das Gesetz sieht den Lohnabzug bzw. die Verrechnung mit dem Lohn vor (Art. 120 OR bzw. Art. 323b OR). Aber ein Lohnabzug darf nur dann vorgenommen werden, wenn der Arbeitnehmer auch einverstanden ist, das heisst, seine Zahlungspflicht feststeht. Denn ist der Arbeitnehmer überzeugt davon, dass er den Schaden nicht zu zahlen hat, kann er sonst eben gerade nicht mehr ohne weiteres die Forderung überprüfen lassen und wird so von seinen Rechten abgeschnitten.

Und was ist mit Hans? Der Besitzer des Zauns schickte die Rechnung für die Reparatur an den Arbeitgeber, genauso wie die Autogarage. Daraufhin zog der Arbeitgeber die Reparaturkosten direkt von Hans’ Lohn ab, ohne mit ihm Rücksprache zu nehmen. Da Hans sich aber aufgrund der Umstände (enge Gasse, starker Regen) nur eine leichte Fahrlässigkeit zu- schulden kommen liess und das Verschulden für den Verrechnungsanspruch massgebend ist und nicht die Schadenssumme, hätte keine Verrechnung stattfinden dürfen.

Nach Intervention des SEV-Rechtsschutzteams sah der Arbeitgeber von der Verrechnung ab und bezahlte Hans den vollen Lohn aus.

Rechtsschutzteam SEV
* Name geändert