Cleantagung 2024
Weiterbildung und Temporärpersonal im Fokus
An der SEV-Cleantagung 2024 vom 27. Januar in Goldau, organisiert vom RPV Zürich, sprachen Wagenreiniger des Personenverkehrs SBB vor allem über die Themen Aus- und Weiterbildung und «Was kann der SEV für die Temporärarbeitenden tun?». Zum Schluss wurde ein Forderungskatalog zuhanden der SBB erstellt.
Zum Einstieg wurden die 13 Teilnehmenden (ohne Gäste) gefragt, was sie zuletzt bewusst gelernt haben und was sie in Zukunft lernen möchten. Genannt wurden insbesondere Sprachkurse und die Gebäudereinigerlehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ). Um Weiterbildungen mit ihrer Arbeit vereinbaren zu können, sind Cleaning-Mitarbeitende allerdings auf den Goodwill der Vorgesetzten angewiesen. Vorbildlich erwähnt wurde ein Teamleiter, mit dem ein Kollege vereinbaren konnte, dass er vor seinem wöchentlichen Schultag keine Spätdienste leisten musste. Vor allem gegenüber Temporärarbeitenden scheint die Bereitschaft, ihnen regelmässige Kursbesuche zu ermöglichen, zum Teil noch zu fehlen – erst recht, wenn die Kurse inhaltlich nichts mit der Bahn zu tun haben. Cleaning hat aber die Zahl der Aus- und Weiterbildungstage für die Mitarbeitenden in den letzten Jahren erhöht: Früher war es ein Tag pro Jahr, heute sind es für neu eintretende Mitarbeitende – auch temporäre – vier Tage. Und es sind neue Bildungsprojekte in Entwicklung.
Die (berufsbegleitende) Gebäudereinigerlehre ist in der Freizeit zu besuchen, und von den Kosten von rund 20'000 Franken übernimmt die SBB bei Festangestellten 75%, bei Temporärbeitenden 0%. Für Temporärarbeitende, die dem GAV Personalverleih unterstehen, gibt es den Weiterbildungsfonds «Temptraining», der Weiterbildungen mit bis zu 5000 Franken subventioniert, plus 2250 Franken für Lohnausfall. Es gibt Kantone, die für die erste Grundausbildung aufkommen und auch angefragt werden können.
Unter den Zukunftsperspektiven wurde auch der Wechsel zum Rangier genannt mit der Möglichkeit, Lokführer:in zu werden. Entsprechende Anfragen von Cleaning-Mitarbeitenden werden aber trotz vorhandener Bahnerfahrung häufig abgewiesen, anscheinend oft wegen angeblich ungenügender Sprachkenntnisse.
Gestiegene Anforderungen und drei Ausbildungstage für Schichtleitende
Die Sprachanforderungen sind bei Cleaning selbst gestiegen – konkret für Schichtleitende (SL) gemäss dem 2022/2023 überarbeiteten Stellenbeschrieb von A2 auf B1. Zudem müssen bzw. dürfen alle SL – auch die bisherigen und die Ablöser:innen inkl. Temporärarbeitende – einen zweitägigen Kurs absolvieren. Zugleich wurde das Anforderungsniveau der SL von C auf D erhöht. An der Tagung wurde jedoch auch die Befürchtung geäussert, dass die erhöhten Anforderungen missbraucht werden könnten, um langjährige Mitarbeitende zu schikanieren und loszuwerden.
Der SL-Kurs wurde von SEV-Gewerkschaftssekretärin Sheila Belometti vorgestellt – stellvertretend für den wegen Krankheit ausgefallenen Bildungsverantwortlichen von KBC mit der Präsentation, die dieser vorbereitet hatte. Die Rahmenbedingungen waren durchaus wertschätzend: Die Teilnehmenden besuchten während zweier Tage ein Seminarhotel mit Übernachtung und Vollverpflegung, sowie als dritten Ausbildungstag eigenständig einen anderen Standort der Reinigung, um sich ein persönliches Bild davon zu machen, wie anderswo gearbeitet wird. Inhalte des Kurses waren Selbstwahrnehmung, Kommunikation, Arbeitsorganisation & Koordination, Umgang mit schwierigen Situationen, Umgang mit Kundschaft und Kolleg:innen, kollegiale Intervision, Feedback-Formen, Umgang mit Veränderung und Digitalisierung, Hilfe zur Selbsthilfe sowie Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden. Gemäss Präsentation beurteilten fast alle 270 bisherigen Kursabsolvent:innen das Gelernte als nützlich für die tägliche Arbeit.
Tagungsteilnehmende bestätigten, dass bei Cleaning heute mit der App «TCA», die den Verschmutzungsgrad einzelner Wagen anzeigt, die SL aktiver als früher selbst situativ entscheiden, was wo gereinigt wird. Mit der Digitalisierung verbunden sei auch mehr schriftliche Kommunikation. Kritisiert wurde, dass Mitarbeitende, die für SL einspringen und damit zusätzliche Aufgaben und Verantwortung übernehmen, dafür keine Zulage erhalten.
Es folgte eine Diskussion mit Gewerkschaftssekretär René Zürcher vom SEV-Team Arbeitszeit und Christoph Geissbühler, Sektionspräsident TS Ostschweiz, über spezifische Probleme der Temporärarbeitenden.
Temporärarbeitende
Oben bereits erwähnt worden ist die seitens Vorgesetzten und SBB nur bedingt vorhandene Unterstützung bei der Weiterbildung. Auch dauert es zum Teil weiterhin viele Jahre, bis die SBB sie fest anstellt, obwohl die Unternehmung gemäss Reglement K 114.1 grundsätzlich eine Festanstellung nach zwei Jahren anstrebt.
In der Cleaning-Region Ost scheint es für Temporärarbeitende kaum möglich zu sein, zu 100% beschäftigt zu werden.
Die Temporärarbeitenden haben auch nicht immer einen örtlich präzis festgelegten Dienstort mit Garderobe, sodass bei ihnen Wegzeiten vor und nach Einsätzen oftmals nicht korrekt als Arbeitszeit angerechnet werden. Zudem erhalten sie nicht systematisch zwei Paar Sicherheitsschuhe pro Jahr und keine Erschwerniszulage («Schmutzzulage») für die Reinigung von Toiletten.
Zum Schluss der Tagung wurden Forderungen aufgelistet, die der SBB übergeben werden sollen. Dabei kamen auch Einteilungsfragen zur Sprache, etwa die (kurzen) Ruheschichten zwischen Spät- und Mitteldienst. Und dass von Anfang an klar sein sollte, ob die Jahreseinteilung per Ende Jahr endet oder per Fahrplanwechsel im Dezember. Die nächste SEV-Cleantagung findet am 15. Februar 2025 zu den Themen Einteilung und Qualität statt. Sie wird wiederum von Daniel und Giuditta Purtschert vom RPV Zürich organisiert.
Markus Fischer