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Transports publics genevois (TPG)

Bei den Genfer Verkehrsbetrieben droht ein Streik

Nach einer ersten Streikankündigung der SEV-Sektion TPG am 28. Juni und der Anrufung der kantonalen Schlichtungsstelle durch die Geschäftsleitung hat diese die Angelegenheit als nicht schlichtbar eingestuft. Das letzte Angebot der Direktion wurde von den Vorständen von SEV und Transfair als unzureichend erachtet, insbesondere deshalb, weil es die Teuerung von 1,2% nur zur Hälfte ausgleichen würde. Nun hat die Basis bis 7. September zu entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder die Streikankündigung reaktivieren will.

Den Vorschlag der Geschäftsleitung annehmen oder die Streikankündigung reaktivieren? Die Basis hat das letzte Wort.

Die galoppierende Inflation und die schwindende Kaufkraft könnten zu einem Streik bei der TPG führen. Artikel 23 des Personalstatuts der TPG schreibt die automatische Indexierung der Löhne an die Lebenshaltungskosten vor, die ausgehend vom Basismonat November des Vorjahrs zum November des laufenden Jahres kalkuliert wird. Die aktuelle Teuerung zwischen November 2020 und November 2021 beläuft sich auf +1,2%.

Seit dem 16. Dezember 2021 beharrt die Direktion auf ihren Positionen und gibt nur in kleinsten Schritten nach. Nachdem sie Anfang Jahr 0% Teuerung vorschlug, hat sie nun auf Druck der SEV-Mitglieder eine Prämie offeriert. Die Mitglieder haben sich aber gegen diese Nicht-Indexierung der Löhne gestellt. Diese Prämie wurde als Belohnung für die Pandemiejahre präsentiert, was keine nachhaltige Alternative zu einer Indexierung darstellt. Und zwar aus zwei Gründen: Einmal, weil die Indexierung der Löhne – anders als eine Prämie – die gesamte Lohnentwicklung der Mitarbeitenden nachhaltig beeinflusst, und zum zweiten, weil diese auch für die Pensionskassenbeiträge wichtig ist.

Eine zweite Befragung des Personals hat ergeben, dass diese Prämie rundweg abgelehnt und stattdessen die Indexierung gefordert wird, so wie sie im Personalstatut festgelegt ist. Mit diesem Ziel haben die Gewerkschaften – der SEV wird von Transfair gefolgt – das Mandat erhalten, mögliche Kampfmassnahmen einzuleiten, was zu einer ersten Streikankündigung für den 28. Juni 2022 geführt hat.

Dieser Druck hat die Direktion an den Verhandlungstisch zurückgebracht, wobei sie allerdings gleichzeitig die kantonale Schlichtungsstelle (Chambre des relations collectives de travail, CRCT) anrief, was die Gewerkschaften dazu verpflichtet hat, die Streikankündigung zu suspendieren.

Mehrere Verhandlungsrunden wurden im Juli anberaumt, die als Diskussionsbasis die Empfehlung der CRCT hatten: Die Löhne ab diesem Sommer in der Höhe von +1,2% zu indexieren. Diese Empfehlung erfolgte unter Berücksichtigung der finanziellen Probleme der TPG einerseits aber andererseits auch des wichtigen Anliegens, die Kaufkraft der Mitarbeitenden der TPG zu erhalten.

Gestützt auf diese Empfehlung haben der SEV-Sektionsvorstand und Transfair ihren Mitgliedern eine Forderung vorgeschlagen, die sie als «akzeptabel für die Gegenseite» erachten: +1,2% Teuerung per 1. September und eine Prämie von CHF 500. Dieses Entgegenkommen wurde von der CRCT als « eindeutig wichtiger » eingeschätzt als das Angebot der Direktion, die 0,5% Teuerung und eine Prämie von CHF 300.— per 1. September vorschlug. Da sich diese Differenz nicht ausräumen liess, musste die CRCT die Nichteinigung feststellen und empfahl, die Verhandlungen weiterzuführen.

In der letzten vorgesehenen Verhandlungsrunde hat die TPG-Direktion ihren «definitiven Vorschlag» gemacht und damit die Verhandlungen faktisch beendet: +0,6% Teuerung ab September und eine Prämie von CHF 400.—.

Der von SEV und Transfair aufgebaute Druck hat zwar dazu geführt, dass sich die TPG bewegt hat und sie verpflichtet, auf die Frage der Lohnanpassungen einzutreten. Ihr letztes Angebot wird aber von den Vorständen als ungenügend angesehen, erhält er doch die Kaufkraft des Personals nicht. Für die zuständige SEV-Gewerkschaftssekretärin Aurélie Lelong «blieb die Direktion leider taub für alle unsere vernünftigen Kompromissvorschläge. Sie wird dafür geradestehen müssen, sollte diese Teuerungsfrage die Stimmung im Herbst weiter anheizen».

Entschieden wird nun von den Mitgliedern. Bis zum 7. September haben sie sich in einer Befragung dazu zu äussern, ob sie die letzte Offerte der Direktion annehmen oder die Streikankündigung wieder aktivieren wollen, um für einen besseren Abschluss zu kämpfen.

Yves Sancey / Übersetzung: Barbara Spalinger