Auf den Spuren von ...
Philippe Schibli, Triebfahrzeugführer B100
Bei der SBB Infrastruktur ist Philippe Schibli zuständig für die Betreuung von Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführern B100. Im SEV ist er Sekretär des Zentralausschusses des Unterverbands BAU.
Wenn Philippe Schibli beginnt, von seiner Arbeit oder von seinem Engagement für die Gewerkschaft zu erzählen, spürt man sofort das Feuer, das in ihm lodert. Er ist der perfekte Botschafter für den SEV. In den letzten Wochen war er oft schon in den frühen Morgenstunden für den SEV unterwegs. Dort hat er Flyer verteilt, auf denen man ihn sieht, wie er in einem Triebfahrzeug posiert und Werbung für die Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft des Verkehrspersonals macht. Aktiv bei der Gewerkschaft ist er seit rund einem Jahrzehnt. Seit 2016 ist er Sekretär des Zentralausschusses des Unterverbands BAU.
«Ich wurde erst nach ein paar Jahren bei der SBB auch Mitglied beim SEV. Damals habe ich gemerkt, dass viele Kolleginnen und Kollegen keine Ahnung von den Vorzügen einer Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft hatten. Bald einmal wurde ich zur Ansprechperson für gewerkschaftliche Fragen», erzählt er. Gewerkschaftsarbeit in seinem Bereich ist äusserst wichtig. Die Triebfahrzeugführer und Treibfahrzeugführerinnen B100 müssen immer mehr Aufgaben übernehmen, die nötige Wertschätzung hingegen fehlt oft. «Dank der Gewerkschaft konnten wir einiges verbessern. Wir erreichten zum Beispiel, dass unsere Leute eine jährliche Marktzulage von 3000 Franken erhalten. Für mich ist es ein grosses Anliegen, dass junge Mitarbeitende eine bessere Perspektive bei der SBB erhalten, auch was die Entlöhnung betrifft.» Sonst wandern die Leute zu externen Unternehmen ab, wo sie besser verdienen. Das passiere in letzter Zeit oft, sagt Philippe Schibli. Folglich engagiert er sich weiterhin dafür, dass seine Kolleginnen und Kollegen mehr Respekt erhalten, zum Beispiel dass sie als echte Lokführerinnen und Lokführer anerkannt werden.
Engagement für die B100
Nicht nur gewerkschaftlich engagiert sich Philippe Schibli für Kolleginnen und Kollegen, sondern auch beruflich. Er betreut die Triebfahrzeugführerinnen und -führer in der Zentralschweiz. Er bildet sie aus und weiter. Während rund einem Drittel seiner Arbeitszeit fährt er selbst als B100-Lokführer Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Folglich weiss er genau, wo die Tücken des Berufsalltags liegen, beispielsweise dann, wenn neue Fahrzeuge eingeführt werden. Dass sein Alltag nie gleich aussieht und er immer wieder vor neuen Herausforderungen steht, liebt er an seinem Beruf.
Der 46-jährige Vater von zwei erwachsenen Kindern lernte ursprünglich Maurer. Nach der Lehre arbeitete er meist selbständig. Als er bei einer Tiefbauunternehmung angeheuert wurde, die auch im Gleisbau tätig war, kam er zum ersten Mal mit dem öffentlichen Verkehr in Berührung. Seine Begeisterung wuchs und vor ziemlich genau 20 Jahren wurde ihm eine Stelle bei der SBB angeboten. Zuerst arbeitete er im Rangierbahnhof in Spreitenbach. Nach fünf Jahren landete er in Zürich beim Baustellenteam, wo es ihm jedoch nicht so gefiel. «Jeder schaute nur für sich. Ich vermisste die Team-Arbeit.»
Mittendrin beim Jahrhundertbauwerk
Dann kam das grosse Glück. Er begann zuerst befristet und bald fest in Erstfeld zu arbeiten, wo in dieser Zeit ein Jahrhundertbauwerk entstand. Philippe Schibli steckte plötzlich mittendrin bei den neuen Ausbildungen rund um die Führerstandssignalisation, dem ETCS und den Prozessen des Gotthard-Basistunnels: «Wir hatten mehrere Herausforderungen gleichzeitig zu meistern. Doch wir hatten ein Super-Team, bei dem jeder jedem half. Alle zogen am gleichen Strick. Ingenieurinnen, Gleisbauer, die Fachführung und natürlich wir Lokführer.» Seine Augen glänzen und man spürt seine Leidenschaft für die Bahn, wenn er über diese Zeit schwärmt: «Ich durfte zum Beispiel Testfahrten durch den Tunnel machen. Bei einer Testfahrt vom Süden von Biasca her, wussten wir, dass in der Weströhre erst etwa 17 Kilometer fertig ausgebaut waren. So standen wir am Ende vor einer Holzwand.»
Obwohl Philippe Schibli heute offiziell in Zürich angestellt ist, trifft man ihn eher an den sechs Standorten in der Zentralschweiz oder in Olten an. Noch immer fährt er in den Gotthard-Basistunnel und bringt die Mitarbeitenden der Spül-Equipe oder die Telekom-Fachleute an ihre vorgesehenen Arbeitsstellen. Die Arbeiten finden meist am Wochenende in der Nacht statt, wenn der längste Eisenbahntunnel der Welt nicht oder kaum befahren wird. Die Arbeiten im Tunnel sind abwechslungsreich und es ist das ganze Jahr über 40° heiss. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort arbeiten manchmal drei oder sogar vier Wochenende hintereinander im Gotthard-Basistunnel sowie auch in den restlichen Gebieten von Göschenen bis Zug.
Genau da kommt wieder die Gewerkschaft ins Spiel, die dafür sorgen muss, dass die unregelmässig arbeitenden Triebfahrzeugführerinnen und -führer die verdiente Anerkennung und hoffentlich bald eine bessere Entlöhnung erhalten. Dazu gehört auch, dass sich die SBB an die Vorgaben des Gesamtarbeitsvertrages halten muss, oder wie es Philippe Schibli auf dem SEV-Werbeflyer ausdrückt: «Ich bin SEV-Mitglied, weil die Gewerkschaft dafür sorgt, dass wir einen GAV haben, und sicherstellt, dass dieser eingehalten und durchgesetzt wird.»
Michael Spahr