SBB Cargo: Lohnsystem SBB wird übernommen
Die GAV-Konferenz SBB Cargo des SEV hat am 8. Dezember der Übernahme des neuen SBB-Lohnsystems durch SBB Cargo zugestimmt. Abgerungen wurde SBB Cargo auch die Bereitschaft zu Verhandlungen über die Löhne für die neuen Berufsbilder.
An der digital geführten Konferenz rief SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger den Delegierten einleitend das Verhandlungsmandat der GAV-Konferenz vom 8. September in Erinnerung: Der Lohnaufstieg sollte nicht nur für die B-Lokführer:innen von 20 auf 10 Jahre verkürzt werden, sondern namentlich auch für das B100-Lokpersonal und weitere Kategorien. Und für alle übrigen Mitarbeitenden sollte der Lohnaufstieg auf 15 Jahre verkürzt werden.
Null Verhandlungsspielraum bei den Lohnaufstiegen
Doch dies lehnte die Cargo-Delegation in den zwei Verhandlungsrunden mit Verweis auf die schwierige finanzielle Situation des Unternehmens kategorisch ab. Und dies, obwohl sich gerade das B100-Lokpersonal schon lange benachteiligt fühlt und zunehmend auf besser bezahlte Stellen abspringt. Zugleich schwelt seit langem ein Konflikt um die Entschädigung der von vielen Cargo-Mitarbeitenden in den letzten zwei Jahren erworbenen Zusatzkompetenz als Prüfer Wagenladung (PWL). Auch davon sind B100-Lokführer betroffen.
Auch zeichnete sich ab, dass die von Lohnspezialist:innen des Unternehmens inzwischen erarbeiteten Bewertungen der neuen Cargo-Berufsbilder punkto Anforderungsniveaus bzw. Entlöhnung die Unzufriedenheit vieler Mitarbeiter:innen zusätzlich schüren dürften. Darum forderte der SEV zu diesen Bewertungen Verhandlungen. Auch wenn Verhandlungen während der Laufdauer eines GAV keine Abschlussgarantie bieten.
So einigten sich die Delegationen von SBB Cargo und der Verhandlungsgemeinschaft (VG) unter der Leitung des SEV schliesslich auf folgende Formulierung: «Die VG und SBB Cargo vereinbaren die Übernahme der Verhandlungsresultate der Lohnsystemverhandlungen mit SBB AG. Gleichzeitig sichert die SBB Cargo AG zu, im Zusammenhang mit den neu eingereihten Berufsbildern der Produktion Verhandlungen zu möglichen geldwerten Leistungen zu führen mit dem Ziel, bis Ende 2. Quartals 2022 konkrete Lösungen gefunden zu haben, dies namentlich beim Berufsbild Lokführer:in Cargo B100 mit PWL und anderen mehr.»
Die Verhandlungsbereitschaft der Cargo-Leitung zu den Berufsbildern lasse auf ihre Einsicht schliessen, dass sie für die B100- und die PWL-Problematik früher oder später eine Verhandlungslösung braucht, sagte SEV-Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn.
Besser spät als nie …
«Vor allem aber hat SBB Cargo inzwischen gemerkt, dass die Übernahme des SBB-Lohnsystems für sie von Vorteil ist, weil damit weiterhin der Konzern die ganze Administration des Systems besorgt», erklärte Barbara Spalinger. Diese ganze Arbeit hätte SBB Cargo bei einem Scheitern der Verhandlungen künftig selber machen müssen, ein neues Lohnsystem entwickeln und mit den Sozialpartnern aushandeln müssen. Das wäre sicher nicht bis zum 1. Juni 2022, wenn das neue SBB-Lohnsystem in Kraft treten soll, möglich gewesen. «SBB Cargo hätte dies eigentlich schon früher merken und sich an den Verhandlungen zum neuen SBB-Lohnsystem direkt beteiligen können.»
Aber auch für die Mitarbeitenden hätte ein Scheitern der Lohnsystemübernahme viel Unsicherheit gebracht und mindestens für das Lokpersonal das Nachsehen bezüglich rascherem Aufstieg. Denn aus der Führungsetage war zu hören, das SBB-Lohnsystem sei zu teuer. Doch inzwischen scheint man dort auch gemerkt zu haben, dass eine Benachteiligung der Cargo-Mitarbeitenden gegenüber den SBB-Kolleg:innen auch nicht im Unternehmensinteresse wäre angesichts des Fachkräftemangels in vielen Berufen.
Kurz: Beide Seiten wollten eine Verhandlungslösung und haben sich schliesslich auf das zitierte Resultat geeinigt. Und dieses genehmigten die GAV-Delegierten einstimmig.
In der kurzen Diskussion kam die Frage, ob bei den nun folgenden Verhandlungen zu den Berufsbildern die Lohnaufstiegsdauer noch ein Thema sei. Nein, dabei gehe es «nur» um geldwerte Leistungen, also Lohnerhöhungen oder Zulagen, antwortete Barbara Spalinger. Doch gerade bei den B100-Lokführenden sei die Unzufriedenheit nicht nur bei Cargo spürbar, sondern auch bei Infrastruktur, und die Probleme mit denen des B-Lokpersonals sehr vergleichbar. Zwei Delegierte betonten, es sei eine gute Sache, dass SBB Cargo das SBB-Lohnsystem trotz knapper Finanzen übernehme. Man habe das Maximum herausgeholt.
Wie geht es weiter?
Das neue Lohnsystem tritt per 1. Juni 2022 in Kraft und wird per 1. Mai 2023 lohnwirksam. Per Mai 2022 erfolgt die letzte Lohnrunde nach altem System, also noch mit direkt lohnwirksamer Personalbeurteilung A bis E. Infos zum neuen System erhält das Cargo-Personal direkt. In die Verhandlungen zu den Berufsbildern werden die betroffenen Unterverbände involviert. Und die Neuaushandlung des bis Ende 2023 laufenden GAV wird durch die politischen Rahmenbedingungen sowie durch die zu definierende Zukunftsstrategie des Unternehmens beeinflusst. Ein Ende des Dogmas der Eigenwirtschaftlichkeit, d. h. eine klare Förderung der Verlagerung im Binnengüterverkehr täte SBB Cargo gut.
Markus Fischer