European Year of Rail
Kick-off zum «Jahr der Schiene» mit Giorgio Tuti
Am 29. März lancierte die EU das Europäische Jahr der Schiene mit einer Live-Streaming-Veranstaltung mit vielen prominenten Teilnehmenden. Als Vertreter des Bahnpersonals war Giorgio Tuti, Präsident der Sektion Eisenbahn der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) eingeladen. Seine Kernbotschaft war klar: «Das Jahr 2021 muss auch das Europäische Jahr der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sein.»
Giorgio Tuti nahm am Diskussionsblock «Integratives Verkehrsmittel mit reicher Geschichte und attraktiven beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten» teil und konnte eine dreiminütige Einführungsrede halten. Hier die deutsche Übersetzung der auf Englisch gehaltenen Rede:
Vielen Dank, dass Sie die ETF zu dieser wichtigen Veranstaltung eingeladen haben. Die ETF vertritt Arbeitnehmende aller Verkehrsträger in 41 europäischen Ländern, darunter 600’000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner.
Wir begrüssen die Entscheidung, das Jahr 2021 zum Europäischen Jahr der Schiene zu erklären, sehr. Die Schiene ist von grosser Bedeutung für die Bewältigung der Klimakrise. Aber auch in der Gesundheitskrise wegen Covid-19 hat der Bahnsektor seine Bedeutung gezeigt.
Aber der Bahnsektor ist nichts ohne die Arbeitenden. Wir haben fast 1 Million Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in der Europäischen Union. Sie alle tragen dazu bei, dass die Eisenbahnen funktionieren, und sie haben ihr starkes Engagement während der Pandemiekrise gezeigt.
Deshalb ist die ETF der Meinung, dass das Jahr 2021 auch das Europäische Jahr der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sein muss.
Was bedeutet das?
Zuallererst: Wir müssen die Eisenbahner/innen anerkennen und wertschätzen, und das geht am besten, indem wir allen gute und attraktive Arbeitsbedingungen und faire Löhne bieten, indem wir einen sozialen Dialog auf allen Ebenen führen.
Wir haben ein ernstes demografisches Problem im Bahnsektor. Innerhalb der nächsten 10 Jahre werden mehr als 40% des Bahnpersonals in den Ruhestand gehen, und wenn wir nicht in der Lage sind, junge Arbeitnehmende aller Bildungsstufen anzuziehen, wird der Bahnsektor nicht zukunftsfähig sein.
Schon bisher – vor Covid-19 – haben wir Situationen erlebt, in denen Dienstleistungen aufgrund von Personalmangel bei Zugverkehrsleitern und Lokführern gestrichen werden mussten. Das Bahnpersonal leidet unter psychosozialen Problemen wegen der permanenten Überstunden, die zu Krankheitsausfällen führen.
Ausserdem hat der Bahnsektor ein Gender-Problem: Nur 21% der Belegschaft sind Frauen. Wenn wir nicht in der Lage sind, Frauen für den Sektor zu gewinnen, werden die Unternehmen nicht in der Lage sein, ihren Bedarf an Arbeitskräften und Fachwissen für die Zukunft zu decken. Die Automatisierung wird dieses Problem nicht lösen.
Was ist zu tun? Wir brauchen eine Sozialagenda für die Bahn.
Wir brauchen einen starken sozialen Dialog auf allen Ebenen, wir brauchen Tarifverhandlungen auch bei neuen Bahnbetreibern.
Die Digitalisierung und Automatisierung muss von Anfang an auf einem integrativen Dialog beruhen.
Wir müssen Arbeitsschutz und Betriebssicherheit durch hohe Qualifikationsstandards und eine Mindestausbildungsdauer für das Lokpersonal sicherstellen, und bei den Sprachkenntnissen darf das Anforderungsniveau nicht gesenkt werden.
Wir brauchen eine Überwachung und Durchsetzung der Arbeits- und Ruhezeiten des Fahrpersonals auch über die Grenzen hinweg.
Wir müssen Geschäftsmodelle stoppen, die auf Outsourcing und Mehrfachvergabe von Unteraufträgen beruhen.
Wir müssen Sozialdumping im Bahnsektor verhindern und sicherstellen, dass für gleiche Arbeit am gleichen Ort gleiche Löhne bezahlt werden.
Dies sind nur einige Elemente.
Für einen erfolgreichen Bahnsektor braucht es engagierte Mitarbeitende. Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir gemeinsam die Bahn der Zukunft entwickeln.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
EU lanciert Jahr der Schiene
Mit einem fast vierstündigen Live-Streaming hat die EU am 29. März 2021 offiziell das Europäische Jahr der Schiene lanciert: https://www.youtube.com/watch?v=lYw5WvME7GI&list=WL&index=5&t=790s
(Achtung: Sendung beginnt erst ab 19’41’’, vorher sieht man nur ein Standbild).
Das Einführungsreferat von Giorgio Tuti, beginnt in der Youtube-Aufnahme bei 2h37’30’’, und seine weiteren Diskussionsbeiträge bei folgenden Zeiten: 2h53’22’’ – 3h04’40’’ – 3h12’25’’.
Programm und Teilnehmende der Veranstaltng (PDF) unter https://europa.eu/year-of-rail/system/files/2021-03/EUYEAROFRAIL%20Kick-off_Programme.pdf, weitere Infos dazu unter https://europa.eu/year-of-rail/events/european-year-rail-launch-event_en.
An der Veranstaltung nahm – als Zuhörerin – auch die Schweizer Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga teil, wie ihr Departement Uvek in einer Medienmitteilung schrieb:
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82868.html