DV des Unterverbands TS
Sandro Kälin formell gewählt
Die Gesamterneuerungswahlen in die Unterverbandsgremien sowie die Ungewissheit um die Zukunft von SBB und erst recht SBB Cargo prägten die Delegiertenversammlung des TS in Aarburg.
Seit letztem November leitet Sandro Kälin interimistisch den Unterverband, da der vorherige Zentralpräsident Claude Meier als Gewerkschaftssekretär zum SEV gewechselt hat. Zentralsekretär Daniel Huber führte die Wahl des neuen Präsidenten durch. Er fand, Sandro Kälin müsse der Versammlung nicht mehr besonders vorgestellt werden, da er schon vorher als Vizepräsident amtiert hatte (siehe auch Porträt in der SEV-Zeitung 6/2019). Der 58-jährige technische Kontrolleur bei SBB Cargo ist seit langem im SEV aktiv und wurde nun formell als Präsident gewählt. Claude Meier wurde mit einem Geschenk und grossem Applaus verabschiedet.
Tessiner Vizepräsident
Der Wechsel an der Spitze führte zu einer Vakanz im Vizepräsidium. Diese füllt Maurizio Sulmoni aus, der bei SBB Cargo in Olten angestellt ist, aber tatsächlich in Chiasso arbeitet, wo er Aufgaben in der Disposition und bei den Finanzen ausführt. Er ist auch Vizepräsident des TS Ticino. Zu wählen war zudem ein neuer Kassier. Hier folgt auf den scheidenden Kurt Wyss der bisherige GPK-Obmann Bruno Senn; dessen Funktion übernimmt Markus Vetterli. Bestätigt im Zentralvorstand wurden Roger Derungs, Medienstelle, und Daniel Huber, Zentralsekretär. In der Versammlung wurden mehrere vakante Funktionen spontan neu besetzt, so etwa die Vertretung in der SEV-Jugendkommission, für die Adrien Bardet gewählt wurde. Auch wurde Roger Derungs als Nachfolger von Werner Schwarzer in das Advisory sowie in das Steering Board der europäischen Dachgewerkschaft ETF gewählt. Schlank ging der Jahresabschluss 2019 durch, der statt des budgetierten Defizits einen deutlichen Gewinn verzeichnete, dies dank unerwartet hoher Erträge der Wertschriften.
Gewerkschaftssekretär Patrick Kummer sprach über Aktuelles aus den SBB-Konzernbereichen und Immobilien. Dabei ging er auf die Pläne des neuen SBB-Chefs Vincent Ducrot ein. Dieser wolle die Kunden verstärkt in den Mittelpunkt stellen und die für ihn wichtigen Bereiche direkter führen statt über die Divisionen. Vor allem kritisierte Kummer, dass nach wie vor eine Reorganisation der andern folge und es seit Antritt von Ducrot keine wesentliche Verbesserung diesbezüglich gab. Die für den Erfolg der SBB nötige Langfristigkeit vermisse er noch immer, erwähnte Kummer. Skeptisch zeigt er sich gegenüber der Absicht, die Zahl der Stellenbeschriebe massiv zu reduzieren. Er bezweifelt, dass man damit den Betroffenen noch gerecht werden könne. Das bei SBB-Immobilien laufende Projekt «Silhouette» zum Umbau des Bereichs Facility Management bereitet Kummer noch immer Sorgen. In diesem Bereich wäre seiner Meinung nach in erster Linie ein Kulturwandel nötig, ist doch der Umgang mit dem Personal häufig problematisch. Für Kummer ist die Umsetzung per Januar 2021 entscheidend. Er rief die Delegierten dazu auf, ihm Missstände weiterhin zu melden.
Was wird aus SBB Cargo?
Die für die SBB zuständige SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger blickte zu Beginn ihres Referats auf die Tage des Corona-Stillstands zurück. Man habe bis zu dreimal wöchentlich mit der Spitze der SBB telefoniert und laufende Fragen besprochen. Die SBB habe sich in dieser Situation als gute Arbeitgeberin gezeigt, hielt Spalinger fest, so sei es nie ein Thema gewesen, von der Zahlung der vollen Löhne abzuweichen. Anfänglich sei man sich auch bei der Arbeitszeit einig gewesen, dass kein Überzeitabbau vorgenommen werde. Später wollte jedoch SBB Cargo von den Vereinbarungen abweichen, aber diese seien eindeutig für den ganzen Konzern getroffen worden, und darauf werde man sich weiterhin berufen. In diesen Tagen beginnen nun die Verhandlungen zur Entwicklung des Lohnsystems, wofür die GAV-Konferenz der SEV-Delegation klare Vorgaben gemacht hat.
Grössere Probleme zeichnen sich bei SBB Cargo ab. Für Barbara Spalinger ist klar, dass auch unter erschwerten Umständen die vertraglichen Abmachungen einzuhalten sind; dies gilt auch für das Vorgehen bei Reorganisationen. Nun hat SBB Cargo den Gewerkschaften offiziell mitgeteilt, dass sie nächstes Jahr einen eigenen, vom Mutterhaus abweichenden GAV aushandeln wolle. Spalinger erklärte, dass es Grenzen gebe, die der SEV nie überschreiten werde, insbesondere würde eine Abschaffung des Contrat social, der Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen verhindert, auf keinen Fall akzeptiert. «Aber da bin ich auf euch angewiesen», wandte sich die Vizepräsidentin direkt an die Delegierten: «Wir müssen unsere Stärke zeigen, um unsere Forderungen durchsetzen zu können!» Sie rief deshalb ganz besonders die Vertreterinnen und Vertreter von SBB Cargo auf, viele weitere Mitglieder zu werben, um geschlossen auftreten zu können.
Peter Moor
«Wir müssen mehr für die Temporären tun»
Gewerkschaftssekretär Patrick Kummer hatte in seinem Referat darauf hingewiesen, dass die Zahl der temporär Beschäftigten bei der SBB deutlich höher liege als generell angenommen, nämlich bei 10,8 Prozent des Personals. Daraus ergab sich eine sehr angeregte Diskussion um die Frage, was der SEV für diese Personalgruppe tun könne. Da sie häufig nicht damit rechnen, überhaupt längere Zeit bei der SBB eingesetzt zu sein, interessieren sie sich nicht für einen Beitritt.
Das sei tatsächlich ein Problem, stellte Kummer fest, ergänzte aber, dass es gerade auch für Temporäre wichtig sei, sich gewerkschaftlich zu organisieren sowie die Leistungen des Berufsrechtsschutzes in Anspruch nehmen zu können.
SEV-Vizepräsidenten Barbara Spalinger wies auf eine weitere Schwierigkeit hin: «Wir sind nicht Sozialpartner der Arbeitgeber der Temporären, denn diese sind ja bei der Temporärfirma angestellt und nicht bei der SBB.» Sie kündigte an, dass der SEV im Dezember eine Tagung durchführen werde, die sich ausdrücklich an temporär Angestellte richte. Man wolle sich verstärkt um diese Personalgruppe kümmern, betonte Spalinger.