Ertragsausfälle im öv
Investition in die Zukunft
Die Coronakrise macht auch vor den Verkehrsunternehmen nicht halt. Der SEV ist in dieser ausserordentlichen Zeit für seine Mitglieder da. Er setzt sich aber auch dafür ein, dass auf politischem Weg die finanzielle Unterstützung von öV-Unternehmen und der Luftfahrt vorangetrieben und damit ein wichtiges Signal für den Zusammenhalt der Schweiz und für zukunftsfähige Infrastrukturen gesetzt wird.
Die Coronakrise hat bekanntlich auch grosse Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr: Obwohl die Nachfrage um 80 bis 90 Prozent eingebrochen ist – bedingt auch durch die durchaus gerechtfertigte Aufforderung des Bundesrates, die öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden –, verlangte der Bund verständlicherweise die Aufrechterhaltung eines grossen Grundangebots während der gesamten Krise. Es verkehrten weiterhin 70 bis 80% aller öffentlicher Verkehrsmittel. Kosten entfielen damit bei den Transportunternehmungen nur in geringem Masse. Viele können – trotz grossen Anstrengungen – die zu erwartenden Ertragsausfälle nicht alleine tragen. Der SEV setzt sich deshalb dafür ein, dass die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs finanziell unterstützt werden.
Die Situation wurde mit dem Lockerungsschritt vom 11. Mai nur bedingt entschärft. Zwar wird das öV-Angebot seither wieder hochgefahren, viele Verkehrsmittel verkehren wieder nach Normalfahrplan. Die Nachfrage steigt allerdings nur langsam; der Bund empfiehlt auch weiterhin, nach Möglichkeit zu Hause zu arbeiten. Damit werden die finanziellen Verluste der Branche weiter zunehmen.
Politik will Ertragsausfälle auffangen
Eine Motion der Verkehrskommission des Nationalrats trägt diesem Umstand Rechnung. Sie will den Bund verpflichten, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Transportunternehmen, eine Vorlage zur Abschwächung der Ertragsausfälle zu erarbeiten. Dabei sollen eine Vielzahl an Aspekten in die Gesamtsicht aufgenommen werden, neben den Ertragsausfällen die Liquidität der Transportunternehmen, die Kurzarbeit und entsprechende (Finanzierungs-)Massnahmen. Die beiden Kammern stimmten der Kommissionsmotion, die auch vom SEV unterstützt wurde, während der Sondersession Anfang Mai deutlich zu. Der Bundesrat hat damit den Auftrag erhalten, die entsprechende Vorlage auszuarbeiten.
Perspektive für Betriebe und Personal
Ziel der Motion soll eine ausgewogene und «faire» Lösung sein, bei der nebst dem Bund auch die Transportunternehmen und die Kantone einen Beitrag zu den Ertragsausfällen leisten. «Den Unternehmen wird mit dieser Lösung ermöglicht, weiterhin die Löhne ohne Kürzungen auszuzahlen», erläutert Edith Graf-Litscher, SEV-Gewerkschaftssekretärin, Nationalrätin und Mitglied der Verkehrskommission. «Wenn im öffentlichen Verkehr plötzlich 80 Prozent der Einnahmen wegfallen, ist das sehr viel Geld, das in den Kassen der einzelnen Unternehmen fehlt. Diese Tatsache löst verständlicherweise Befürchtungen aus, wie dieses Loch gestopft werden kann. Eine Branchenlösung, die der Bund zusammen mit den Kantonen, den öV-Unternehmen und den Sozialpartnern ausarbeitet, gibt dem Personal und den Unternehmen eine gemeinsame positive Perspektive zur Überbrückung dieser finanziellen Ausfälle.»
Das Parlament hat in der Sondersession – erfreulicherweise – auch dem Hilfspaket für die Luftfahrt zugestimmt (siehe Kommentar).
Der SEV setzt sich auf allen Ebenen ein
Der SEV hat am 30. April, vertreten durch seinen Präsidenten Giorgio Tuti, am runden Tisch für den öffentlichen Verkehr – unter der Führung von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga – teilgenommen. Er setzte sich für die Bedürfnisse des Personals hinsichtlich der Einhaltung des Gesundheitsschutzes ein und vertrat die Interessen der Angestellten auch im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der Transportunternehmen.
Nach dem runden Tisch hat der SEV alle Parlamentarier/innen angeschrieben und sie gebeten, sich für die Kommissionsmotion und das Krisenpaket für die Luftfahrt einzusetzen. Mit Erfolg – wie wir nun wissen.
Chantal Fischer
Hilfe für die Luftfahrt: bravo! Aber ohne Jobgarantien?
Philipp Hadorn, Präsident SEV-GATA
Unsere Interventionen bei Firmen, Bundesverwaltung und Mitgliedern des Parlaments haben sich ausbezahlt. Der Bund gewährt den Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss Kreditgarantien über 1,275 Milliarden Franken und flugnahen Betrieben im Umfang von bis zu 600 Millionen. Das ist wichtig und richtig, denn vom Luftverkehr hängen direkt oder indirekt rund 190000 Arbeitsplätze in der Schweiz ab. Er ermöglicht grenzüberschreitende Begegnungen weltweit und einem grossen Teil der Schweizer Bevölkerung Reisen, die früher nur einer kleinen Elite vorbehalten blieben.
Umgesetzt hat der Bund unsere Forderung nach Auflagen an die Kreditnehmer, die den Erhalt der Luftfahrtstruktur auf dem Werkplatz Schweiz auch in Zukunft sichern sollen. Das ist von enormer Bedeutung. Nicht aufgenommen wurde aber das von uns geforderte Verbot von Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen während der Nutzung von Unterstützungsmassnahmen des Bundes sowie die Verpflichtung der begünstigten Unternehmen zur Einhaltung von Social Standards mit einem GAV. Auch die von uns geforderten weiteren Anstrengungen und Nachweise für eine Weiterentwicklung und neue Innovationen zur Ökologisierung der Luftfahrt blieben leider unerhört.
Die Gefahr, dass insbesondere systemkritische flugnahe Betriebe mit Eigentümern in «fernen Ländern» plötzlich durch Auffanggesellschaften ersetzt werden, ohne Sozialpartnerschaften mit Einhaltung von Social Standards (GAV) einzugehen, ist akut. Der Bund ist wohl beraten, neben der Absicherung von Kreditrisiken die Risiken für die Beschäftigten höher zu gewichten. Das hätten sie verdient, denn sie arbeiten in einem sehr anspruchsvollen, herausfordernden Umfeld.