Auf den Spuren von...
Andreas Marti, Supervisor bei Swissport
Wie viele andere leiden die Angestellten in der Luftverkehrsbranche stark unter der enormen Unsicherheit aufgrund der Covid-19-Pandemie. Andreas Marti, erfahrener Supervisor in der Bodenabfertigung bei Swissport, ist seit Monaten in Kurzarbeit. Das ist nicht lustig, doch immerhin hat er so mehr Zeit für seine Arbeit in der Verhandlungsdelegation von SEV-GATA.
Das Swissair-Grounding, die Anschläge von 9/11, die Gründung der Swiss und jetzt die Coronakrise – Andreas (Res) Marti hat als Mitarbeiter der Bodendienste fast alle wichtigen Ereignisse in der Schweizer Luftfahrt selbst miterlebt. Seit 1987 arbeitet er in der Branche, war erst bei der Swissair, dann bei Swissport angestellt. Dort ist er bis heute geblieben, auch wenn die Lage bei Swissport aktuell höchst unsicher ist und die Mitarbeitenden seit Monaten in Kurzarbeit sind.
Historische Momente
Früher war alles besser? Vielleicht. «Auf jeden Fall waren die Bodendienste noch bei der Swissair direkt integriert, als ich 1987 als Ramp-Mitarbeiter angefangen habe», erzählt Res. «Erst nach dem Grounding vor bald zwanzig Jahren wurden die einzelnen Bereiche ausgelagert. Daraus entstanden Firmen wie zum Beispiel Swissport, SR Technics oder GateGourmet.»
Auch im gewerkschaftlichen Bereich konnte Res einen historischen Moment miterleben – er war nämlich im Vorstand des Personalverbandes Push, der 2017 in die SEV-Sektion GATA integriert wurde. «Seither bin ich im Vorstand von SEV-GATA und in der Verhandlungsdelegation mit Swissport.»
Harte Verhandlungen
Gefragt nach seinen Erfahrungen als Teil der Verhandlungsdelegation erinnert er sich an die erfolgreichen GAV-Verhandlungen von 2018. «Ein wichtiges Element ist immer, die Mitglieder zu besuchen und herauszufinden, wo sie den grössten Handlungsbedarf sehen. Mit diesen Forderungen gingen wir dann in die Verhandlungen», erklärt er. «Mit dem ersten Verhandlungsresultat waren weder wir noch die Mitglieder zufrieden und es wurde entsprechend abgelehnt. Und dann ging es los!» SEV-GATA stand vor einem harten Kampf, gewann in dieser Zeit aber zahlreiche Neumitglieder und konnte schlussendlich doch ein gutes Resultat präsentieren.
Diese positive Erfahrung gibt Res Mut für die schwierigen Verhandlungen mit Swissport, die aktuell aufgrund der Coronakrise laufen. «Über die Jahre habe ich gelernt: Man kann durchaus etwas erreichen, aber man muss hartnäckig bleiben», sagt er.
Sorgfältig arbeiten, trotz Knochenjob
Auch wenn die Fronten verhärtet sind und die Swissport-Mitarbeitenden vor einer unsicheren Zukunft stehen, lässt sich Res die Freude an seiner Arbeit nicht nehmen. «Natürlich hat sich viel verändert, aber im Grunde ist die Arbeit dieselbe geblieben. Ich mache sie immer noch gerne.»
Seit 1992 ist Res als Supervisor tätig. Er ist verantwortlich dafür, die verschiedenen Teams zu organisieren. Er muss schauen, dass jedes Gerät kompetent und von der richtigen Person bedient wird. «Ich muss immer die Übersicht behalten und versuchen, die zeitlichen Vorgaben einzuhalten, doch in der Luftfahrt gilt immer der Grundsatz ‹Safety First›.» Man muss also sorgfältig und genau arbeiten, und das, obwohl die Flugzeugabfertigung ein Knochenjob ist. «Man ist bei jedem Wetter draussen, der Schichtbetrieb geht an die Substanz – Arbeitsbeginn ist häufig schon vor sechs Uhr morgens – und die letzten 15 Minuten können bei einer Flugzeugabfertigung richtig stressig werden», erzählt Res. «Zum Beispiel muss ich bei jedem Koffer kontrollieren, ob der zugehörige Passagier auch tatsächlich eingestiegen ist, sonst muss ich den Koffer im letzten Moment wieder ausladen.»
Abwechslungsreicher Alltag
Res hat über die Jahre alle möglichen Qualifikationen erlangt, er kann von der kleinsten Propeller-Maschine bis zum A380 jedes Flugzeug abfertigen. Das ist auch etwas, was er an seiner Arbeit schätzt: «Es ist kein Tag wie der andere», sagt er. «Wenn ich morgens komme, weiss ich noch nicht, was ich an dem Tag machen werde.» Auch die Kollegialität und das gute Verhältnis unter den Mitarbeitenden gefällt ihm. Entsprechend gerne setzt er sich beim SEV für seine Kolleginnen und Kollegen und ihre gemeinsamen Arbeitsbedingungen ein, auch wenn es nicht immer leicht ist.
Doch gerade in dieser schwierigen Zeit ist die Gewerkschaft für die Mitarbeitenden im Luftverkehr die einzig wahre Sicherheit.
Karin Taglang