Wie es zur desolaten Lage der SBB-Pensionskasse kam
Jetzt ist der Bund in der Pflicht
Mangelhaft ausfinanziert, war schon der Start für die PK SBB schwierig. Börsenschwäche und zuletzt die Finanzkrise liessen das Loch immer grösser werden. Jetzt braucht es Milliarden zur Sanierung.
Die Pensionskasse der SBB (PK SBB) wurde 1999 gegründet, im Zusammenhang mit der Überführung der SBB in eine AG. Sie übernahm die Angestellten der SBB, die als „Bahnbeamte“ in der „Pensions- und Hilfskasse der SBB“ (PHK) versichert gewesen waren, und mit den aktiven Versicherten auch die Rentner/innen. Sie hätte mit den folgenden Finanzen ausgestattet werden müssen: mit dem noch nicht ausbezahlten Anteil der Altersguthaben der Rentner/innen, mit den aufgelaufenen Altersguthaben der aktiven Angestellten sowie mit ausreichenden Risikorückstellungen und Wertschwankungsreserven. Da die PHK aber nicht wie eine private Pensionskasse geführt worden war, fehlten bei der Gründung der PK SBB die Rückstellungen und Reserven. Somit waren die Finanzen bei der Gründung völlig ungenügend. Deshalb sagt man, die PK sei „nicht vollständig ausfinanziert“ worden. Auch für die freiwillig vorzeitig Pensionierten wurde zu wenig Geld mitgegeben, auch ihre Renten sind „ungenügend ausfinanziert“. Und die fehlenden Gelder stehen auch nicht für Anlagen zur Verfügung, mit denen Reserven gebildet werden könnten.
Dieser Anfangs-Fehlbetrag (im Sport spräche man von einem „Handicap“) konnte in den letzten zehn Jahren nicht wettgemacht werden: die Boom-Jahre an der Börse waren vorbei, die Börsenkrise 2001/2002 machte auch bescheidenen Hoffnungen ein Ende. Der überdurchschnittlich hohe Rentneranteil – die PK SBB hat mehr Rentenbezüger/innen als aktive Versicherte - macht es auch unmöglich, mit den Gewinnen aus den Anlagen der Aktiven (Berufstätigen) den Risikofonds zugunsten der Pensionierten zu äufnen.
titel:Ziel: 100%
Ende 2008 sank der Deckungsgrad der PK SBB auf unter 80% - der Sanierungsbedarf ist also gross und dringend. Es ist das Ziel, „in einer überschaubaren und realistischen Frist“ einen Deckungsgrad von 100% zu erreichen, konkret bis im Jahr 2019. Nebst der Unterstützung durch den Bund und den Beiträgen der SBB müssen auch die aktiven Versicherten weiterhin zur Sanierung beitragen:
- Die Altersguthaben werden 2009 nicht verzinst.
- Ab 2010 werden die Altersguthaben mit dem BVG-Mindestzinssatz verzinst.
- Ab 2010 werden Sanierungsbeiträge in Form von Lohnprozenten (1. Halbjahr 2%m danach 2,5%) geleistet.
- Das Rentenzielalter beträgt neu 65 statt 63,5 Jahre.
Aufgrund der geltenden Rechtslage können die Pensionierten nicht zur Leistung von Sanierungsbeiträgen verpflichtet werden. Sie müssen aber während der gesamten Sanierungsperiode auf jeglichen Teuerungsausgleich verzichten.
pan.
Um die PK SBB nachhaltig zu sanieren, so dass sie nachher einen genügenden Deckungsgrad hat und mit ihrem Vermögen vernünftige Erträge erwirtschaften kann, braucht es gut drei Milliarden Franken. 2007 haben SBB und Versicherte ihren Beitrag an die Sanierung bereits geleistet. Die SBB allein hat insgesamt 1,5 Millionen Franken an die Versicherung bezahlt, der Teil der Pensionskasse, der die aktiven Versicherten betrifft, ist damit – nach Meinung der SBB – saniert. Nun ist der Bund in der Pflicht und muss den Rentnerteil der PK SBB sanieren. Wie viel Geld der Bund für diese Sanierung in die Hand nehmen muss, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Mitte 2008 sah der Bund noch vier Möglichkeiten. Die „Sanierung ohne Bundeshilfe“ überliess „die noch offene Sanierung vollumfänglich der PK SBB“, wobei der Bund zugab, dass auf diese Weise eine Sanierung der PK SBB „nur mit hohen Sanierungsbeiträgen, welche für das Unternehmen SBB und das Personal einschneidende Konsequenzen hätte, und/oder mit einer deutlichen Reduktion der Rentenansprüche“ zu erreichen wäre.
Bei der vom Bundesrat damals bevorzugten „erweiterten Gründungs-Ausfinanzierung“ wollte der Bund 662 Millionen bezahlen. Der Bundesrat wollte diese Variante, weil sie billig schien, er musste allerdings selber eingestehen: „Aufgrund der verbleibenden Unterdeckung bleibt die Kasse ein Sanierungsfall.“
Etwas besser sähe es bei der Variante „reduziertes Sanierungskonzept SBB“ aus: Zusätzlich zu den oben genannten Zahlungen käme der Ausgleich der Unterdeckung des Altersrentneranteil; insgesamt würde der Bund 1678 Mio bezahlen. Bei dieser Variante sollte es nach Meinung des Bundes „bei normaler Entwicklung der Finanzmärkte möglich sein, eine adäquate Wertschwankungsreserve aus Vermögensüberschüssen aufzubauen. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die PK SBB bei einer unterdurchschnittlichen Renditeentwicklung erneut in eine Unterdeckung gerät.“
Wirklich nachhaltig ist nur die Sanierungsvariante, die die PK SBB damals selber vorschlug: zu den 1678 Mio für den Altersrentneranteil käme ein Beitrag zum Ausgleich der Unterdeckung bei den IV-Rentnern (180 Mio) und die Möglichkeit, „eine ergänzende Rekapitalisierungszahlung an die SBB vorzunehmen, falls die PK SBB in eine finanziell schwierige Lage gerät. Damit könnten sich die totalen Kosten für den Bund auf bis zu 3170 Millionen belaufen.“
Das ist wirklich kein Pappenstiel! Dem Bundesrat jedenfalls war es zuviel: Er liess am 24. Juni verlauten, er sei bereit, die Sanierung mit einem Beitrag von 1148 Mio zu unterstützen. Mit diesem Betrag bezahle er die Unterdeckung der Altersrenten (Ende 2006) und die Kosten der Senkung des technischen Zinssatzes, davon abgezogen würden die Verluste aus nicht finanzierten Leistungen wie beispielsweise freiwilligen Pensionierungen. Der Bundesrat fügt bei: „Mit diesem Bundesbeitrag allein kann die PK SBB mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht saniert werden. Daher erwartet der Bundesrat, dass sich die SBB und ihre Mitarbeitenden in Ergänzung dazu substantiell an der Sanierung der Kasse betreiben.“
Dabei verkennt der Bundesrat, dass beide ihren Beitrag längst leisten. Die SBB hat 2007 bereits einen Betrag von anderthalb Milliarden eingeschossen. Von 2003 bis 2006 leisteten SBB und Mitarbeiter einen Sanierungsbeitrag von je 1,5%, die Verzinsung der Altersguthaben wurde reduziert, die Rentenbezüger müssen auf den Teuerungsausgleich verzichten und der Wechsel zum Beitragsprimat führte zu höheren Beiträgen und tieferen Leistungen.
Peter Anliker