Keine Schuldigen, trotz mehreren Verletzten und hohem Schaden bei einer Kollision
Sicherungssystem ungenügend
Der Zusammenstoss eines Streckenzugs mit einem Bauzug auf einer Meterspurbahn war in erster Linie auf einen Mangel der Sicherungsanlage zurückzuführen. Ein Missverständnis zwischen Fahrdienstleiter und Lokführer war nicht ausschlaggebend.
Murphys Gesetz sagt: «Was schiefgehen kann, wird früher oder später schiefgehen.» Genau so geschah es vor einiger Zeit auf dem Bahnhof einer Meterspurbahn. Dieser war grundsätzlich automatisiert und ferngesteuert, für Fahrten auf Nebengleise brauchte es aber Handbedienung vor Ort. Für die Fahrt eines Bauzugs verlangte dessen Führer in der Zentrale die Freigabe ab einem der beiden Streckengleise in ein Nebengleis. Der Fahrdienstleiter stellte den Bahnhof vom automatischen auf den ferngesteuerten Betrieb um, stellte die Weiche und gab dem Bauzug freie Fahrt, wobei noch eine Handweiche vor Ort zu stellen war.
Zweimal Grün statt Rot
Hier kam es nun zu einem Missverständnis: Während der Führer des Bauzugs die Freigabe so verstand, dass er ins Nebengleis fahren, seine Arbeit machen und dann aufs Streckengleis zurückkehren könne, hatte der Fahrdienstleiter nur die Fahrt ins Nebengleis freigegeben und danach den Bahnhof wieder auf automatischen Betrieb umgestellt.
Damit nahm das Verhängnis seinen Lauf: Ein herannahender fahrplanmässiger Zug konnte das betroffene Streckengleis reservieren, da es nun frei war. Der ausgerechnet in diesem Moment zurückkehrende Bauzug belegte das Gleis, was im automatischen Betrieb nicht etwa die Sperrung der Einfahrt sondern die Freigabe der Ausfahrt bewirkte, sodass der eintreffende Streckenzug freie Ein- und Ausfahrt signalisiert hatte.
Der Zusammenstoss mit dem Bauzug war unvermeidlich. Mehrere Personen – alle Angestellte der Bahn – wurden verletzt, zum Glück niemand mit bleibenden Schäden, der Sachschaden ging in die Hunderttausende.
Eine Strafuntersuchung gegen das Bahnunternehmen und weitere Beteiligte war die Folge; der betroffene Fahrdienstleiter stellte ein Rechtsschutzgesuch an den SEV und erhielt umgehend einen Anwalt zur Seite gestellt. Massgeblich für die Beurteilung der Verantwortung war, auch für die kantonale Staatsanwaltschaft, der Bericht der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST.
Handy ungeeignet
Die SUST stellte zwei wesentliche Mängel fest: Einerseits hatten sich der Bauzugführer und der Fahrdienstleiter über Mobiltelefon unterhalten, womit zwar die Verbindung nachgewiesen werden konnte, der Inhalt des Gesprächs aber nicht aufgezeichnet war und das Missverständnis nicht geklärt werden konnte.
Andererseits, weit gravierender, bemängelte die SUST die Steuerung des Bahnhofs: Der Fahrdienstleiter hatte auf seiner Anzeige keine Informationen über die Position des Bauzugs ausserhalb des Streckengleises, ebenso wenig über die Stellung der lokal gesteuerten Weichen. Insbesondere war aber das System nicht so ausgelegt, dass es bei einem Fehler automatisch auf die sichere Seite arbeitete, ganz im Gegenteil.
Der Staatsanwalt kam zum Schluss, dass dem Fahrdienstleiter und dem Bauzugführer die Mängel der technischen Anlage nicht bekannt waren und sie die Folgen ihres Handelns nicht absehen konnten; somit falle auch ein fahrlässiges Verschulden weg. Das Verfahren wurde deshalb eingestellt, die Beteiligten entlastet.
Die SUST hat den Meterspurbahnen, die entsprechende Anlagen in Betrieb haben, eine verlässliche Sicherung empfohlen, zudem solle eine Weisung über den Gebrauch von Mobiltelefonen für den dienstlichen Gebrauch erlassen werden.
Rechtsschutzteam SEV