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Sehne gerissen – und doch kein Unfall

Ein Kollege, der sich bei der Arbeit einen Sehnenriss zuzog, wehrte sich mithilfe des SEV dagegen, dass ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt die Leistungspflicht verweigerte – leider vergeblich.

Bei seiner Arbeit in einem Hochlager und Verteilzentrum hebt Kollege Hans (fiktiver Name) ein 10 kg schweres Paket von einer Palette, macht eine Drehbewegung und spürt plötzlich einen starken Schmerz in der rechten Schulter. Trotz Einreiben mit Salben usw. hält der Schmerz in der folgenden Zeit an. Hans schläft schlecht, arbeitet aber weiter.

Warum ist die Anerkennung eines Unfalls wichtig?

Bei einem Unfall übernimmt die Suva die Heilungskosten, bezahlt Taggelder für die verlorenen Arbeitstage (an den Arbeitgeber) und kann bei bleibenden Körperschäden auch Renten ausrichten.

Liegt kein Unfall vor, muss die Suva diese Leistungen nicht erbringen. Auch wenn die Krankenkasse einspringt, müssen die Betroffenen doch einen Selbstbehalt und eventuell eine Franchise bezahlen.

Etwa drei Wochen später will er eine kleine Wischschaufel auf Kopfhöhe von der Wand nehmen, da fährt ihm ein noch stärkerer Schmerz in den Oberarm, und er kann diesen nicht mehr bewegen. Hans geht auf die Notfallstation, wo ein Riss der Bizepssehne und eine partielle Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert werden. Hans wird zu 100 % krankgeschrieben, muss zur Physiotherapie und kann nach etwa vier Wochen wieder arbeiten.

Suva will nicht bezahlen

Was auf den ersten Blick wie ein Arbeitsunfall aussieht, ist für die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt kein solcher. Die Suva stellt ihre Leistungspflicht in Abrede mit der Begründung, es habe kein ungewöhnlicher äusserer Faktor auf Hans eingewirkt. Auch habe weder seine Drehbewegung mit dem 10- Kilo-Paket noch das Ergreifen der Schaufel auf Kopfhöhe den Rahmen des Alltäglichen gesprengt. In beiden Fällen sei der Schaden bei gewohnten, regelmässig vorgenommenen Tätigkeiten eingetreten. Hans habe auch nicht angeschlagen, sei nicht ausgerutscht oder gestürzt, und beim Abdrehen habe sich nichts Aussergewöhnliches zugetragen. Dies alles habe Hans gegenüber dem Suva- Agenten bestätigt.

Für Hans aber ist aufgrund der Art der Verletzung klar, dass ihm zumindest etwas Unfallähnliches passiert sein muss, denn eine Sehne reisst nicht einfach wegen Krankheit oder Degeneration. Deshalb sucht er beim SEV um Rechtsschutz nach. Der SEV-Anwalt erhebt Einsprache bei der Suva, doch diese hält an ihrem Entscheid fest. Daraufhin reicht der Anwalt beim Kantonsgericht Beschwerde ein.

Das Gericht räumt im Urteil zwar ein, dass man manchmal trotz Fehlens einer ungewöhnlichen äusseren Einwirkung von einem Unfall sprechen könne, wenn stattdessen eine körpereigene Bewegung zu einer unfallähnlichen Körperschädigung geführt hat – beispielsweise laut Bundesgericht ein plötzliches Aufstehen aus der Hocke, das Aufheben und Abstellen eines Gewichts von 40 bis 50 kg oder das Umlagern eines 100 kg schweren Heizkörpers von einem Wagen auf einen Arbeitsbock. In diesen Fällen haben die Bundesrichter der körpereigenen Bewegung ein «gesteigertes Schädigungspotenzial » zugesprochen und damit einen Unfall als gegeben erachtet.

Gerichtspraxis gibt Suva recht

Das Kantonsgericht ruft aber auch in Erinnerung, dass das Bundesgericht in Fällen, wo ein ca. 20 kg schwerer Koffer angehoben oder ein 20 kg schwerer Plastiksack mit ausgestrecktem Arm von der Ladebrücke eines Lastwagens genommen wurde, gegenteilig entschieden hat. Daher gibt es der Suva recht.

Angesichts dieser Bundesgerichtspraxis folgt Hans dem Rat des SEV-Anwalts, auf einen Weiterzug ans Bundesgericht zu verzichten, obwohl ihn dieser Ausgang natürlich nicht befriedigt. Auf das Rückmeldeformular, das beim Abschluss eines SEV-Rechtsschutzfalls auszufüllen ist, schreibt er: «Obwohl ich meine Bizepssehne gerissen habe, ist es juristisch gesehen kein Unfall. […] Leider muss man solche Urteile akzeptieren, da sie durch das Bundesgericht unterstützt werden. Quo vadis!» Mit der rechtlichen Betreuung durch den SEV aber ist er «sehr zufrieden ».

Rechtsschutzteam SEV

Wann liegt ein Unfall vor?

Laut Art. 6 Abs. 1 des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) hat die Suva grundsätzlich bei Berufs- und Nichtberufsunfällen Versicherungsleistungen zu gewähren. Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist ein Unfall die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.

Ungewöhnlich ist der äussere Faktor laut einem Bundesgerichtsurteil vom 9. Juli 2010 dann, wenn er nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist. Die Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) führt allerdings in Art. 9 Abs. 2 einen abschliessenden Katalog unfallähnlicher Körperschädigungen auf, die Unfällen gleichgestellt werden, auch wenn keine ungewöhnliche äussere Einwirkung stattgefunden hat: Knochenbrüche, Verrenkungen von Gelenken, Meniskusrisse, Muskelrisse, Muskelzerrungen, Sehnenrisse, Bandläsionen und Trommelfellverletzungen. Zudem hat das Bundesgericht schon mehrfach entschieden, dass die schädigende äussere Einwirkung auch in einer körpereigenen Bewegung bestehen kann, wie dem plötzlichen Aufstehen aus der Hocke.

Doch laut Bundesgericht muss die schädigende Einwirkung in jedem Fall ein gesteigertes Schädigungspotenzial aufweisen, damit von einem Unfall gesprochen werden kann – siehe Beispiele im Text.

Kommentare

  • Mirjana

    Mirjana 20/05/2020 17:45:44

    Salve io penso che ogni caduta sul lavoro è infortunio ma INAIL cerco di respingere più possibile. Sono in ricerca di capire se il mio caso è infortunio ? Avevo un contratto stagionale lavoravo in montagna in un albergo non avevo giorno di riposo dopo 62 giorni facendo il letto ho sentito un strappo sulla spalla. Ho sentito dolore ma ho continuato a lavorare anche giorno dopo. Dopo il turno che ho finito con tanta fatica sono partiti dolori non sopportabili. Dopo 5 ore la proprietaria ha deciso di chiamare la ambulanza accettata in pronto soccorso con diagnosi trauma sulla spalla destra.tornando a casa medico di base mi ha fatto a fare altri esami già con ecografia ho saputo che si tratta di tendine strappate sulla spalla davanti e dietro. Incidente sia successo 31.gennaio 2020.e oggi siamo 20.maggio una comunicazione da parte di INAIL che infortunio hanno respinto perché non è infortunio cioè è malattia in comune.da 4 mesi non ho potuto fare le cure 4 mesi nessuno mi ha pagato una lira.e continua avere molto male perché dicono medici che bisogna operare. Non so se ce chi legge il mio messaggio ma so che una sede che deve proteggere il diritto di lavoratori respinge senza far vedere e senza sapere come è caduto. Grazie se qualcuno leggerà