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Zufallsbegegnung mit Folgen
Das Beispiel aus dem Rechtsschutzalltag zeigt, dass Genugtuung und Schadenersatz nicht automatisch an Gewaltopfer fliessen.
Im Frühling 2007 trifft der Lokführer L.(Name geändert) nach Arbeitsschluss um etwa 00.40 auf dem Weg zu seinem Auto in einem Bahnhofdurchgang auf eine Gruppe junger Männer und wird vom 23-jährigen X. angerempelt. Dies führt zu einer kurzen verbalen Auseinandersetzung.
In der Folge reisst der 19-jährige Y. dem Lokführer das Mobiltelefon aus der Hand. Dieser will sein Handy wieder packen, doch X. stösst ihn mit beiden Händen so stark gegen die Brust, dass er rücklings gegen einen Selecta-Automaten fällt. Fast gleichzeitig schlägt ihm Y. mit der Faust ins Gesicht. Seine Brille fliegt auf den Boden und geht in die Brüche.
Darauf fliehen die Täter, wobei Y. dem Opfer noch «Hurensohn» nachruft. Das Handy nehmen sie mit, damit L. nicht die Polizei alarmieren kann, zerstampfen es und werfen es in einen Abwasserschacht.
Trotzdem findet sie die Polizei schon bald und nimmt sie mehrere Tage in Untersuchungshaft. Beide hatten vor der Tat Drogen und Alkohol konsumiert und zuvor schon verschiedene Delikte begangen.
L. muss sich das gebrochene Nasenbein und die Nasenscheidewand operieren lassen. Auf dem rechten Auge sieht er eine Woche lang nichts mehr und muss um seine berufliche Zukunft bangen. Etwa gleich lang ist auch die Nasenatmung vollständig blockiert, was starke Schlafstörungen und Kopfschmerzen verursacht.Hinzu kommen Prellungen und ein psychisches Trauma.
Während 26 Tagen ist L. arbeitsunfähig. Zum Glück heilen Auge und Nase allmählich wieder.
Im Sommer 2009 müssen sich die Täter vor Gericht verantworten. L. wird durch seinen SEVAnwalt vertreten und braucht nicht selbst zu erscheinen. Wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung wird X. zu einer Geldstrafe und Y. zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem müssen sie L. zusammen 3000 Franken Genugtuung bezahlen, wie vom SEV-Anwalt gefordert. Denn der von ihm vorgelegte Arztbericht hält fest, dass die Verletzungen an Augenhornhaut und Nasenbein mit starken Schmerzen verbunden waren. Der Staatsanwalt dagegen hatte nur 1000 Franken beantragt.
Das Gericht anerkennt auch Schadenersatzforderungen des Anwalts im Umfang von 2630 Franken für Brille, Handy, Fahrten zu Doktor und Anwalt, Begleitdienste der Ehefrau und 14-tägige Unfähigkeit zur Mithilfe im Haushalt. Von den Anwaltskosten übernimmt der Kanton 2000 Franken, der (grössere) Rest wird vom SEV getragen.
Rechtsschutzteam SEV