Es genügt nicht, dass Schadenersatz zugesprochen wird. Die Forderung muss hinterher auch durchgesetzt werden können.

Langen Schnauf gebraucht

Nach einer Tätlichkeit erstritt ein Anwalt Schadenersatz und Genugtuung. Doch das Geld kam nicht ohne Weiteres …

Das SEV-Rechtsschutzteam wird immer wieder mit Fällen konfrontiert, bei denen das Zugpersonal von Reisenden verbal oder gar tätlich angegriffen wird. Falls der Angriff zu Verletzungen und Sachschaden führt oder der Täter bzw. die Täterin das Opfer anzeigt, beispielsweise mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs, so wird unserem Mitglied in der Regel ein SEV-Vertrauensanwalt zugeteilt. Für die blosse Anzeige solcher Vorfälle, die ein Offizialdelikt darstellen, ist hingegen der Beizug eines Anwalts oder einer Anwältin normalerweise nicht notwendig. Im hier geschilderten Fall erfolgte angesichts der nicht unerheblichen Körperverletzung und des entstandenen Schadens die Zuteilung eines unserer Vertrauensanwälte.

Zum Vorfall kam es im Dezember 2008. Damals wies Zugbegleiter W. einen Reisenden darauf hin, dass sein Gleis-7-Abo abgelaufen war und er dieses zudem ausserhalb des gültigen Zeitfensters benutzte. Um die Personalien aufzunehmen, nahm ihm W. das Abo ab. Daraufhin drängte der Reisende W. in ein Abteil und schlug mit den Fäusten mehrmals massiv auf ihn ein. Beim nächsten Halt behändigte er das Zugpersonalgerät (ZPG), warf es die Treppe des Doppelstockwagens hinunter und floh.

Da W. verletzt war, wurden Sanität und Polizei aufgeboten. Die Weiterfahrt des Zuges verzögerte sich massiv. W. wurde ins Spital gebracht. Nebst den Verletzungen im Gesicht hatte er einen Zahnschaden, eine kaputte Brille, blutverschmierte Dienstkleider sowie ein defektes ZPG zu beklagen.

Die Polizei konnte den Täter ermitteln. Mit Strafbescheid vom Oktober 2009 wurde er der vorsätzlichen einfachen Körperverletzung, der Sachbeschädigung sowie der Gewalt und Drohung gegenüber Behörden und Beamten für schuldig befunden. Der nicht vorbestrafte Täter wurde zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 6 Monaten (bei einer Probezeit von 2 Jahren), zu einer Busse von 500 Franken und zum Bezahlen der Gerichtskosten in der Höhe von 600 Franken verurteilt. Dank der Unterstützung des SEV-Vertrauensanwalts anerkannte das Gericht auch die von W. geltend gemachten privaten Ansprüche. Der Täter wurde verpflichtet, W. den nachgewiesenen Sachschaden, eine Genugtuung sowie einen Pauschalbetrag für seine Anwaltskosten zu bezahlen. Insgesamt hat bzw. hätte der Täter Kosten von etwas über 4000 Franken zu berappen gehabt. Und er erhielt als «Denkzettel» einen Strafregistereintrag.

Zahlungssäumiger Täter

Rund ein Jahr nach diesem Urteil wartete W. aber noch immer auf sein Geld. Somit musste der SEV-Vertrauensanwalt nochmals aktiv werden. Er gelangte an den zuständigen Kanton und beantragte im Rahmen des Opferhilfegesetzes, dass W. die vom Gericht zugesprochene Genugtuung ausbezahlt werde. Innert relativ kurzer Zeit wurde diesem Gesuch entsprochen.

In der Folge versuchte der SEV-Vertrauensanwalt auch noch die Zahlung des Schadenersatzes und der pauschalen Entschädigung für die Anwaltskosten einzutreiben, was nach einem weiteren Jahr über den Weg der Zwangsvollstreckung durch das Betreibungsamt ebenfalls gelang.

Rund vier Jahre nach dem Vorfall konnte der SEV-Vertrauensanwalt und somit auch das SEV-Rechtsschutzteam das Dossier schliessen. W. zeigte sich über das erzielte Resultat sehr zufrieden und bedankte sich beim SEV für die Unterstützung.

Rechtsschutzteam SEV