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Auf den Spuren von ...

Bruno Ryf, Kundenassistent und unermüdlicher Kämpfer

Am 15. Juni 2016 beerdigt Bruno Ryf (Mitte vorne) RailFit 20/30. Foto: Jörg Matter.

Dieses Porträt war schon länger vorgesehen, aber er wollte zuwarten. Bruno Ryf ist ein unermüdlicher Kämpfer. Ein überzeugter Gewerkschafter, der viel für den SEV, aber auch für die SBB gegeben hat. Ende April geht der Präsident von TS Romandie in Frühpension, die er mehr als verdient hat. Geradeheraus spricht er über seine Arbeit, seinen Einsatz für die Gewerkschaft und die Möglichkeiten, um die Sache noch besser zu machen.

Jedes Mal, wenn ich Bruno sehe, erinnere ich mich unausweichlich an die Übergabe von 3000 Unterschriften gegen das Projekt RailFit 20/30. Bruno Ryf war damals Vizepräsident des TS Romandie und eines der Gesichter des Widerstands gegen das Abbauprojekt, das 900 Stellen gekostet hätte.

Als wir uns nun am 7. Februar in Neuenburg für dieses Porträt treffen, erinnert sich auch Bruno an den 15. Juni 2016, als er zusammen mit drei weiteren SEV-Aktivisten den Sarg mit dem RailFit-Logo zum SBB-Hauptsitz im Wankdorf trug. «Das ist sicher eine meiner schönsten Erinnerungen als Gewerkschafter. Wir hatten mit viel Aufwand die Unterschriften gesammelt und bei der Übergabe mit dem Sarg ein Symbol gewählt, das einige schockiert hat, weil es nicht ihren Geschmack traf. Aber das Symbol war klar und deutlich. Die SBB wollte den Service public begraben, den wir Eisenbahnerinnen und Eisenbahner verteidigen. Damit war unsere Botschaft klar: Euer Projekt RailFit ist tot und wir begraben es noch so gerne.»

Die Erkenntnis mit 8 Jahren

Seine damalige Rede ist nach wie vor aktuell: «Herr Direktor, meine Damen und Herren vom Verwaltungsrat, liebe Mitglieder, liebe teure Kollegen, oder viel mehr zu teure Kollegen. Das ist nicht abwertend, das ist einfach das Denken einer gewinnorientierten Gesellschaft. Heute arbeiten Menschen für die Mobilität, morgen werden sie von der Technik ersetzt (...). Da, wo unser Unternehmen Einsparungen macht, baut die Konkurrenz Stellen auf. Finden Sie heraus, wo die Zufriedenheit höher ist!»

Seit frühster Kindheit lebt Bruno den Einsatz für Arbeiterinnen und Arbeiter. Als er zweijährig ist, ziehen seine Eltern, beides Arbeiter, von Grenchen nach Neuenburg: «Das war nicht einfach, als Deutschschweizer in der Romandie», witzelt er. Bei der Suche nach dem Anfang seiner gewerkschaftlichen Ader erzählt er eine Anekdote. «Als ich acht Jahre alt war, haben wir eine Firma besucht, die gerade hundert Leute entlassen hatte; sie hatte Maschinen angeschafft, die sie ersetzten. Ganz naiv habe ich gefragt, was nun aus den Menschen wird. Der Direktor war etwas beschämt…»

Vom Maler zum Kundenassistenten

Einige Jahre später wird er Maler und arbeitet zehn Jahre auf dem Beruf, bis er 1986 zur SBB und zum SEV kommt. Er beginnt bei Gepäck und Reinigung, bevor die Reorganisation von 2004 ihn zum Allrounder bei Services macht, 2018 wird er Kundenassistent. «Mir gefällt diese Arbeit, bei der ich vor allem Leuten mit Mobilitäts-Beeinträchtigungen helfe. Manchmal begleite ich sie sogar unterwegs. Man kommt ins Gespräch und baut Beziehungen auf. Ich schätze diese Kontakte und die Nähe zu Menschen, die diese Energie und diesen Kampfgeist haben.»

Dank Priora früh und verdient in Rente

Auch wenn ihm seine Arbeit gefällt, freut er sich darauf, Ende April mit 62 in Frührente zu gehen. Dabei kann er vom Zukunftsmodell «Priora» profitieren. «Wir dürfen sagen, dass die Zukunftsmodelle, die der SEV beim GAV 2015 ausgehandelt hat, ein grosser Erfolg der Gewerkschaft sind. Ich erhalte für drei Jahre eine Überbrückungsrente, bis zu meiner ordentlichen Pensionierung im März 2026.» Der Abschied vom Beruf ist noch nicht das Ende seiner Funktion als Präsident des TS Romandie. Er wird erst 2024 nach acht Amtsjahren zurücktreten. Er betrachtet seine Sektion: «Wir müssen ehrlich sein. Wir haben aus mehreren kleinen Sektionen eine grosse gemacht, aber es ist eine harte Aufgabe, überall präsent zu sein. Wir haben an Nähe verloren. Zudem kümmern wir uns um ganz verschiedene Branchen, was die Basisarbeit manchmal schwierig macht. Dank der ausgezeichneten Dossierkenntnisse unseres Gewerkschaftssekretärs René Zürcher wissen wir, wo wir Rat holen und wo wir unsere Mitglieder hinschicken können, wenn mein Vorstand und ich es brauchen.»

Er weiss, dass es für seine Sektion vordringlich ist, den SEV in Genf noch stärker sichtbar zu machen. Nun geht es darum, das Vorgehen festzulegen, um dieses Ziel zu erreichen.

Das Leben geniessen

Beim Abschied stelle ich die banalste aller Fragen: Was machst du nun als Pensionierter? «Na ja, einfach alles, wozu mir bisher die Zeit gefehlt hat. Ich werde auch noch ein bisschen aufräumen und das Leben geniessen. Ich habe 37 Jahre bei der SBB gearbeitet; nun hoffe ich auf ebenso viele Jahre in Rente.»

Das ist alles, was wir dir wünschen können.

Vivian Bologna / Übersetzung: Peter Moor

Kommentare

  • Bürki Ursula

    Bürki Ursula 21/02/2023 17:20:40

    Achtung ich bin noch Mitglied!
    Ich war 16 Jahre bei Securitrans und jetzt 1 Jahr und 3 Monate bei der SBB und werde gehen. Die Integration war/ist ein Desaster, viele von uns sind dann auch mal weg und die Direktion freuts. Sehr Wirtschaftlich das knowhow von xJahren in den Dreck zu werfen und Neue zu billig Löhnen anzuwerben. Die SBB muss sparen. Quantität ersetzt nicht die Qualität und die Lebenserfahrung. Viel Glück ?!