Jahr der Schiene
Die Bahn, das grüne Bindeglied Europas
Editorial von Giorgio Tuti, Präsident SEV
Am Montag, den 27. September, werde ich die Gelegenheit haben, den Connecting Europe Express zwischen Zürich und Bern zu besteigen. Die Fahrt in einem der drei Züge, die zwischen dem 2. September und dem 7. Oktober 26 europäische Länder durchqueren, ist an sich nichts Besonderes. Wichtiger ist die politische Agenda, die hinter dieser Veranstaltung steht.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass wir uns mitten im Europäischen Jahr der Schiene befinden, das darauf abzielt, den Schienenverkehr als Lösung für den Klimawandel zu fördern. Für uns Bahngewerkschaften der Bahnsektion der Europäischen Transportarbeiterföderation ETF ist klar, dass das Jahr der Eisenbahn vor allem das Jahr der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sein muss.
Die Investitionen der europäischen Länder (einschliesslich der Schweiz) in die Eisenbahn sollten uns nicht vergessen lassen, dass es ohne gute Arbeitsbedingungen und Löhne keine gute Eisenbahn geben kann. Dies ist umso wichtiger, als der Eisenbahnsektor mit einem ernsten demografischen Problem konfrontiert ist: In den nächsten zehn Jahren werden mehr als 40 Prozent der europäischen Eisenbahnangestellten in den Ruhestand gehen.
Um einem Mangel an qualifiziertem Personal vorzubeugen, ist es daher unerlässlich, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die die Beschäftigung von Frauen fördern, denn diese machen heute weniger als 20 % der Bahnangestellten aus. Dazu gehört die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz neben Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
Angesichts der klimatischen Herausforderung muss der öffentliche Verkehr ausgebaut werden und auch die nötigen Mittel erhalten, um die Folgen der Coronavirus-Krise zu bewältigen.
Im vergangenen Jahr sind in der Schweiz in allen Verkehrsbereichen die Einnahmen eingebrochen, während die Kosten nur leicht sanken, weil ein Basisangebot aufrechterhalten wurde. Im laufenden Jahr werden sich die Fahrgastzahlen voraussichtlich erholen, aber unter dem Niveau von 2019 bleiben. Die gesamte Branche sieht sich 2021 – wie schon im letzten Jahr – wieder mit hohen Defiziten konfrontiert, die sich auf die Arbeitnehmenden auswirken könnten. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass das zweite Covid-Hilfspaket für den öffentlichen Verkehr so umfassend wie möglich wird und alle Sektoren unterstützt.