Lage der Arbeitnehmenden und Voraussetzungen für den Exit aus Sicht des SGB
Erhalt der Kaufkraft und der Arbeitsplätze sind das beste Konjunkturprogramm
Die Corona-Krise trifft die Schweizer Wirtschaft mit einer beispiellosen Wucht. Um soziale Probleme und grössere wirtschaftliche Schäden zu vermeiden, müssen die Löhne zu 100% garantiert und Entlassungen verhindert werden.
Der Erhalt der Arbeitsplätze und der Kaufkraft ist auch die Grundvoraussetzung jeder zukunftsgerichteten Ausstiegsstrategie. Der SGB fordert vom Bundesrat zudem endlich Lösungen für die «besonders gefährdeten» Arbeitnehmenden, die Selbständigen sowie bei der Finanzierung der Kitas.
Löhne garantieren, Entlassungen verhindern
Die Corona-Krise trifft Berufstätige mit unteren oder mittleren Einkommen besonders heftig. Im Fall von Kurzarbeit drohen Lohneinbussen von bis zu 20 Prozent. Wer entlassen wird, hat grösste Mühe, wieder eine Stelle zu finden – insbesondere, wer älter ist. Denn die Firmen sind sehr zurückhaltend bei Stellenbesetzungen. SGB-Chefökonom Daniel Lampart stellt besorgt fest: «Bis zum 9. April kamen seit Ende März nochmals mehr als 10'000 Arbeitslose dazu. In früheren Rezessionen stiegen die Arbeitslosenzahlen um rund 4000 Personen pro Monat!».
Für die Arbeitnehmenden mit tiefen und mittleren Löhne braucht es deshalb Massnahmen wie eine hundertprozentige Lohngarantie oder den Erlass der Krankenkassenprämie (durch den Bund). Gleichzeitig müssen die durch Kurzarbeit unterstützten Unternehmen angehalten werden, auf Entlassungen und Dividendenzahlungen zu verzichten. Für langjährige ältere Mitarbeitende braucht es einen besseren Kündigungsschutz.
SGB Präsident Pierre-Yves Maillard hält fest: «Der Erhalt der Kaufkraft für die unteren und mittleren Einkommen muss deshalb in der Krisenbekämpfung oberste Priorität haben.» Für Unia Präsidentin Vania Alleva ist wichtig: «Die Pandemie unter Kontrolle halten und soziale Ungerechtigkeit vermeiden. Heute fallen noch zu viele durch das Sicherheitsnetz.»
Betreuungsnotstand verhindern
Das Zögern des Bundesrates bei der finanziellen Stabilisierung der Kinderbetreuungsstrukturen (Kitas) ist gerade im Zusammenhang mit der Ausstiegsstrategie unverständlich. Mühsam aufgebaute Kinderbetreuungsstrukturen sind in ihrer Existenz gefährdet. Und selbst wenn sich bei einer allfälligen Wiedereröffnung der obligatorischen Schulen die Betreuungssituation wieder normalisieren würde, gibt es ein Problem: Die Grosseltern als Risikopersonen werden bei der Kinderbetreuung wohl für längere Zeit ausfallen. Dadurch fehlen schätzungsweise 50'000 Betreuungsplätze.
SGB Vizepräsident Giorgio Tuti berichtet über die Lage der Arbeitnehmenden im Service Public und betont, dass diese Krise aufzeigt, wie wichtig ein starker und funktionierender Service Public ist. Tuti unterstreicht, dass eine genügende Finanzierung der Kitas für eine schrittweise Öffnung von zentraler Bedeutung ist.
Rasche Lösung für gefährdete Arbeitnehmende
Dringend notwendig ist eine rasche Lösung für die besonders gefährdete Arbeitnehmende, für die das Virus eine grosse gesundheitliche Gefahr darstellt. Laut BAG sollen sie zwar um jeden Preis zu Hause bleiben und alle sozialen Kontakte einschränken, sind aber gleichzeitig gezwungen, weiter zu arbeiten. Der Bundesrat muss nun endlich eine Lösung beschliessen. Der SGB ist offen für eine genauere Definition der Risikokriterien. Alles deutet darauf hin, dass die Bedrohung durch das Covid19-Virus noch für längere Zeit fortbestehen wird. Dass die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung bzw. zum Schutz der Arbeitnehmenden in der Arbeitswelt nach wie vor unzureichend umgesetzt werden, ist nicht akzeptabel. Dies erschwert die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Tätigkeiten. Wir müssen hier rasch viel besser werden! Die Gewerkschaften sind bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten.
Dieses Virus allein wird die Welt nicht zu einem besseren Ort machen. Dennoch hat die Corona-Krise zu unzähligen Solidaritätsbekundungen auf allen Ebenen, geführt von der lokalen bis zur nationalen. Trotz schwieriger Situation für viele und düsteren wirtschaftlichen Prognosen. Die Bekämpfung dieser Pandemie zwingt uns einerseits zu Distanz zueinander. Aber andererseits zeigt diese kollektive Leistung eindrücklich, dass wir nur gemeinsam stark sind: Solidarität, jetzt erst recht!
Die Forderungen des SGB
Um die Lage der Arbeitnehmenden in dieser schwierigen Situation zu verbessern, fordert der SGB folgende dringend notwendigen Massnahmen:
- Für besonders gefährdete Arbeitnehmende muss der Bund rasch eine Lösung präsentieren, damit sie mit Lohnersatz zuhause bleiben können oder – wenn sie arbeiten – durch entsprechende Schutzausrüstung und -massnahmen geschützt sind.
- Entlassungen und Betriebsschliessungen verhindern: Firmen, welche von den Massnahmen des Bundes Gebrauch machen, dürfen ihren Mitarbeitenden nicht kündigen – sowie keine Dividenden ausschütten. Für langjährige ältere Mitarbeitende braucht es einen besseren Kündigungsschutz.
- Der Erhalt der Kaufkraft ist von zentraler Bedeutung: Berufstätige mit unteren Löhnen müssen bei Kurzarbeit 100 Prozent Lohnersatz erhalten und einen Erlass der Krankenkassenprämie (finanziert durch den Bund).
- Probleme bei Kitas lösen: Die öffentliche Hand muss finanzielle Garantien abgeben, damit die Strukturen erhalten bleiben; Arbeit und Kinderbetreuung wieder separieren, «Ersatz» für Grosseltern (über Corona-Elternurlaub und mehr Kita-Plätze).
- Gesundheitsschutzbestimmungen an den Arbeitsplätzen einhalten und kontrollieren: Es braucht es rasche Vollzugsverbesserungen.
- Zusätzliche Bundesmittel für die Arbeitslosenversicherung: Die 6 Milliarden Franken des Bundes werden im Laufe des Aprils voraussichtlich aufgebraucht sein.
- Es braucht einen Härtefallfonds für Selbständige – sei es beim Bund oder bei den Kantonen (mit Zusatzfinanzierung durch den Bund). Sowie eine Überbrückungshilfe für die Swiss und die flugnahen Betriebe.
- Beteiligung der Schweiz an der internationalen Koordination zur Konjunkturstabilisierung.
- Stabile Aufenthaltsrechte für MigrantInnen: Migrationsämter müssen wieder Bewilligungen vergeben.