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Diskriminierungsschutz

«Hass ist keine Meinung»

Am 9. Februar 2020 entscheidet das Volk über die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm. Dabei geht es um die Frage, ob künftig auch lesbische, schwule und bisexuelle Menschen gesetzlich vor Hass und Hetze geschützt werden sollen. Der zusätzliche Schutz ist nötig, die Gewerkschaften plädieren für ein klares Ja.

Seit 1995 verbietet das Strafgesetzbuch in der sogenannten «Rassismus-Strafnorm» Diskriminierung sowie öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze aufgrund von Rasse, Ethnie und Religion. Seither werden solche Angriffe strafrechtlich verfolgt. 2013 forderte der Walliser SP-Nationalrat Mathias Reynard in einer parlamentarischen Initiative, dass dieser Artikel auf das Kriterium der sexuellen Orientierung ausgeweitet wird und somit auch lesbische, schwule und bisexuelle Menschen schützen soll. Das Parlament nahm Reynards Initiative an, doch rechtskonservative Kreise um EDU und SVP ergriffen das Referendum. Deshalb kommt die Erweiterung des Anti-Diskriminierungsartikels am 9. Februar 2020 zur Abstimmung.

Ungenügender Schutz

Die Erweiterung ist nötig, denn aktuell sind LGBTI-Menschen nicht genug geschützt. Gerade am Arbeitsplatz kommt es immer wieder zu Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung. Laut einer Umfrage der Fédération Genevoise des Associations LGBT werden 30% der homosexuellen Arbeitnehmenden im Erwerbsleben regelmässig diskriminiert. Dank der LGBT-Kommission des SGB und ihrer GAV-Richtlinien enthalten viele GAV, darunter derjenige der SBB, besondere Schutzklauseln, doch auf übergeordneter Ebene – also im Strafrecht – gibt es keinen allgemeingültigen Schutz.

Die Gegner der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm berufen sich gerne darauf, dass der Diskriminierungsschutz im Gleichstellungsgesetz (GlG) bereits gegeben sei. Doch ein konkretes Beispiel zeigt, dass dieser Schutz nicht ausreicht: Ein Angestellter der Armee reichte 2015 eine Beschwerde ein, weil sein Arbeitsvertrag aufgrund seiner Homosexualität nicht verlängert worden war. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde jedoch mit der Begründung zurück, dass er sich als Homosexueller nicht auf eine direkte Diskriminierung im Sinne des GlG berufen könne.

Das Gesetz hat eine weitere entscheidende Lücke: Bisher gibt es keine Möglichkeit, gegen Hetze vorzugehen, die sich gegen LGBTI-Menschen als Gruppe richtet. Wenn jemand zum Beispiel auf Facebook schreibt, dass alle Lesben krank seien und «mal so richtig durchgevögelt» werden müssen, kann man bei der aktuellen Rechtslage nichts tun. Die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm würde erlauben, gegen solche öffentlichen Gewaltaufrufe vorzugehen – und zwar nicht erst, wenn eine Einzelperson bereits Gewalt erfahren hat.

Meinungsfreiheit weiterhin gegeben

Da mit der Erweiterung des Diskriminierungsschutzes bereits der Aufruf zu Hass und Gewalt strafrechtlich verfolgt werden könnte, fürchten die Gegner eine Einschränkung der Glaubens- und Religionsfreiheit. Doch kritische Aussagen, persönliche Meinungen und Debatten fallen nicht unter die erweiterte Strafnorm.

Nadja Her, Rechtsanwältin und Co-Präsidentin der Lesbenorganisation Schweiz fand in einem Interview im Sonntagsblick vom 1. Dezember treffende Worte: «Meinungsfreiheit hat Grenzen, und die sind dort, wo sie dazu missbraucht wird, die Menschenwürde zu verletzen und gegen Minderheiten zu hetzen. Sowieso: Hass ist keine Meinung.»

Obwohl die Schweiz gemeinhin als gesellschaftlich offenes Land gilt, hat sie noch einiges nachzuholen, wenn es um die Situation von LGBTI-Menschen geht. Auf der europaweiten Rangliste der internationalen LGBTI-Organisation ILGA belegt die Schweiz den beschämenden 27. Platz. In unserem Land sind nicht-heterosexuelle Menschen nicht genügend geschützt vor Diskriminierung, Hass und Hetze. Die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung, auch wenn trans- und intersexuelle Menschen vom Diskriminierungsschutz weiterhin ausgeschlossen blieben. Dafür bräuchte es einen weiteren Zusatz: Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsidentität und -merkmalen. Am 9. Februar braucht es deshalb ein klares Ja zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm!

Karin Taglang

Kommentare

  • chappuis

    chappuis 19/12/2019 09:27:21

    Merci de votre soutien