Neue Gesichter im SEV
1 Meter 94 im Dienst der gewerkschaftlichen Aktion
Seit Anfang Jahr ist René Zürcher der neue Verantwortliche für die SBB-Sektionen der Romandie. Er stellt die Erfahrung aus 18 Jahren bei der SBB in den Dienst seiner Bahnkollegen.
Kommt einem dieser grosse Kerl entgegen, kann man ihn sich auch als Rugbyspieler, Basketballer oder Holzfäller vorstellen – einer dieser Berufe, wo 1 Meter 94 Grösse und ein kräftiger Körperbau besonders gefragt sind. Wenn man seine blauen Augen sieht, seine ruhige Stimme hört und er lächelt, wird klar, dass dieser Riese Sanftmut und Entschlossenheit vereinen kann.
Diese Fähigkeiten wird René Zürcher in seiner neuen Aufgabe als Bahngewerkschafter brauchen können. Vor 37 Jahren geboren, hat er Kindheit und Jugend in Tramelan verbracht, einem kleinen Skiort im Berner Jura. Seine Eltern, der Vater Archivar und die Mutter Verkäuferin in einer Metzgerei, haben mit ihm Schweizerdeutsch gesprochen. Erst in der Schule musste er Französisch lernen. Heute spricht, denkt und träumt er sowohl in der einen als auch der andern Sprache!
18 Jahre SBB
Am Ende der Schulzeit wollte er eigentlich Architekt werden. Sein grosser Bruder erzählte ihm von der Handels- und Verkehrsschule in Biel. Diese bildete damals die künftigen Beamten der Bundesbetriebe aus. Ihn überzeugte, dass die Schule nur zwei Jahre dauerte, mit der Möglichkeit, die Handelsschule weiterzuführen.
Nach der Verkehrsschule folgte die dreijährige Lehre als Betriebsdisponent der SBB, was «mich am stärksten hineinzog», wie er sagt. Er begann auf dem Bahnhof Courtelary, Schokolade-Metropole zwischen Biel und La Chaux-de-Fonds, wo er ein gutes Arbeitsklima antraf.
Weiter geht es auf mehreren Bahnhöfen im Jurabogen, so etwa Moutier, Delsberg und La Chaux-de-Fonds. Die Verbindung mit den Zügen gefällt ihm: «Züge anfassen», nennt er es, entscheiden, wo sie vorbeifahren, und Verantwortung tragen. Es folgt die Automatisierung und Zentralisierung. Alles wird von Lausanne aus gesteuert, und damit wird das Stellwerk in Biel zu einem «leeren Büro».
Mit 33 Jahren wechselt er in die Waadtländer Hauptstadt. Nach über zehn Jahren in der Zugführung gibt es dort für ihn bald kaum mehr Neues, und er sucht nach einer neuen Aufgabe. Er wechselt nach Bern und von der Infrastruktur zum Personenverkehr.
Aktiver Gewerkschafter
Seit langem hat er sich in der Gewerkschaft engagiert, und als sich ihm die Möglichkeit bietet, zum SEV zu wechseln, entscheidet er sich für diesen grossen Schritt. Nach 18 Jahren bei der SBB hat er Anfang Jahr als Gewerkschaftssekretär angefangen. Seine Aufgabe ist die Betreuung der SBB-Sektionen der Romandie.
Es war natürlich kein einfacher Entscheid, aber die Idee, beim SEV zu arbeiten, war ihm schon gekommen, als vor einigen Jahren eine Stelle als Gewerkschaftssekretär ausgeschrieben war. Nun hat die neuste Reorganisation, bei der er seinen Platz in der neuen Struktur kaum mehr fand, den Ausschlag gegeben.
Die Gewerkschaft kennt René Zürcher seit langem, denn gleich nach dem Eintritt als Lehrling bei der SBB hat ihn ein junger Kollege geworben. «Ich habe mich immer als Linker gefühlt, mit einer sozialen Ader.» Auch sein Vater war Gewerkschafter, und so fiel ihm der Beitritt leicht. Weil er nicht gerne nur Zuschauer ist, hat er sich zunehmend im Vorstand betätigt.
Schritt für Schritt geht es vom Sekretär, der einige Jahre die Protokolle verfasst, bis zum Co-Präsidenten der Sektion Arc jurassien, die rund 250 Mitglieder zählt. Bei der Fusion von SBV und VPV zu AS im Jahr 2014 wurde er für vier Jahre als Präsident gewählt – eine Herausforderung in einer Sektion mit über 1000 Mitgliedern.
Velo, Freunde und Kino
Nun ist er seit Januar Berufsgewerkschafter und bringt seine 18 SBB-Jahre zum Nutzen der Mitglieder und des SEV ein. Er hat schon über die Hälfte der 13 SBB-Sektionen besucht, für die er zuständig ist. Weitere Treffen sind vorgesehen, um sich kennenzulernen. Jean-Pierre Etique, der das SBB-Dossier in den letzten Jahren betreut hat, berät und unterstützt ihn, damit die persönlichen und organisatorischen Dossiers der SBB in der Westschweiz nahtlos weitergeführt werden.
René Zürcher kann auch auf die ausgezeichnete Vorarbeit von Baptiste Morier zurückgreifen – nun übrigens tätig als Veloförderer auf www.pistesrecyclables.ch –, der den Sektionen neuen Schwung gebracht hat. «Vordringlich ist der Kontakt zu den Mitgliedern und den Vorständen», erklärt René. Aber auch die Teilnahme an den Verhandlungen zum GAV SBB gehört zu seinen Aufgaben. Seine Freizeit gehört dem Tourenvelo, Essen mit Freunden, dem Kino und Konzerten.
Mit der bevorstehenden Mobilisierung bei der SBB wird René schnell in die gewerkschaftliche Aktion eintauchen. Seine Stärke und seine Berufskenntnis werden Trümpfe sein, wenn es darum geht, die Interessen der Kollegen zu verteidigen.
Yves Sancey / pmo
Mutationen in der Romandie
Im SEV-Regionalsekretariat Lausanne haben mit dem Weggang von Baptiste Morier und der Ankunft René Zürchers die Dossierzuteilungen auf den 1. Januar 2018 teilweise geändert.
Insbesondere ist Arbeitszeit-Spezialist Jean-Pierre Etique nicht mehr für die SBB zuständig und übernimmt stattdessen neben seinen bisherigen Konzessionierten Transportunternehmungen (KTU) in den Kantonen Jura und Neuenburg die KTU Nyon–St-Cergues–Morez, TPN (Region Nyon), Travys (Region Yverdon), CGN (Genfersee) und ARCC (Region Aubonne/Rolle). Die 13 SBB-Sektionen in der Romandie werden neu von René Zürcher betreut.
Tony Mainolfi gibt von seinen KTU die CGN ab und wird beim Bodenpersonal des Genfer Flughafens aktiv (Swissport, ISS und Priora). Sekretariatskoordinator Christian Fankhauser überlässt die VPT-Sektionen Nord vaudois (Travys), NStCM-TPN-Télédôle und ARCC Jean-Pierre Etique. Im Gegenzug entlastet er SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger von Aufgaben im KTU-Bereich, während sie an den GAV-Verhandlungen bei SBB/SBB Cargo teilnimmt. Keine Änderungen gibt es für Valérie Solano in Genf, Yves Sancey vom Kommunikationsteam und Administrationsmitarbeiterin Conny Barraud.
ysa / Fi
SEV-Jugend im Vorstand
Sven Zimmermann: «Die Solidarität ist das Wichtigste!»
Auch in der SEV-Jugendkommission (Juko) gibt es einen Wechsel: Sven Zimmermann ersetzt Janos Jorosch als Vertreter der Jugend im Vorstand SEV. Interview.
Sven, an der letzten Juko-Retraite wurdest du als Vertreter der Jugend in den SEV-Vorstand gewählt. Gratulation zur Wahl! Was ändert sich jetzt für dich?
Danke! Ich war bisher Ersatzmitglied im Vorstand und nun haben ich und mein Vorgänger Janos die Rollen getauscht. Ich arbeite momentan nur 75% und habe deshalb mehr Zeit für die monatlichen Vorstandssitzungen. Janos bleibt uns als Ersatzmitglied erhalten.
Weisst du schon, was dich im Vorstand SEV erwartet?
Als Ersatzmitglied war ich schon einmal an einer Sitzung und konnte sehen, wie es ungefähr läuft. Was ich vorher aber nicht wusste: Der Vorstand funktioniert ein bisschen wie ein Parlament. Die Stimmen der Vertreter/innen werden je nach Grösse ihres Unterverbands oder ihrer Kommission unterschiedlich gewichtet. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, ab jetzt regelmässig im Vorstand zu sein – es wird sicher spannend!
Kommen wir zu deiner Geschichte im SEV. Wie und wann bist du Mitglied geworden?
Zum SEV gefunden habe ich kurz nach der Lehre durch Roman Gugger (heute Gewerkschaftssekretär SEV, Anm. d. Red.). Wir haben die Lehre zusammen gemacht und er hat mich von einer Mitgliedschaft überzeugt.
Und was hat dich motiviert, in der Jugendkommission aktiv zu werden und dich zu engagieren?
Ein Grossteil meiner Kollegen bei der SBB sind auch im SEV. Darunter waren einige, die mich immer wieder motiviert haben, auch einmal bei einer Versammlung reinzuschauen und schlussendlich siegte die Neugier.
Ausserdem finde ich, dass die Jugend hie und da wirklich vernachlässigt wird. Gerade bei uns Lokführern sind jüngere Mitarbeiter eine Minderheit und gehen gerne vergessen. Zudem gab es damals Probleme mit den Einstiegslöhnen, Anstellungen unter Basiswert und solche Dinge. All das hat mich motiviert, in der Juko aktiv zu werden.
Jetzt musst du die Interessen der Jugend im SEV-Vorstand vertreten. Was sind momentan eure wichtigsten Anliegen?
Da die Mehrheit der Juko-Mitglieder bei der SBB arbeitet, sind unsere Anliegen häufig etwas SBB-lastig. Momentan beschäftigen wir uns deshalb vor allem mit den laufenden Verhandlungen für den GAV SBB/SBB Cargo. Die Jugendkommission hat zwei eigene Anträge an die GAV-Kommission, für die ich mich im Vorstand einsetzen werde, falls sie zur Sprache kommen.
Was fordern diese Anträge?
Kurz gesagt geht es darum, dass die Differenz in der Lohnsumme, die entsteht, wenn viele ältere Mitarbeitende gehen und durch jüngere ersetzt werden, dem Personal wieder zugute kommt. Uns geht es dabei nicht zwingend um mehr Lohn. Den Jungen von heute sind auch gute Sozialleistungen wichtig: Vater- und Mutterschaftsurlaub oder gute Zukunftsmodelle.
Wenn du eine/n junge/n Kolleg/in mit einem einzigen Argument von einer SEV-Mitgliedschaft überzeugen müsstest, was wäre es?
Für mich ist die Solidarität und der Zusammenhalt untereinander das Wichtigste. Der SEV bringt Leute zusammen, die sich kaum kennen würden, auch wenn sie den gleichen Arbeitgeber haben. Und wenn die Leute sich kennen, stehen sie auch füreinander ein.
Karin Taglang