Kundgebung und Verhandlungen zu Railfit 20/30 in Bern
Mehr als 300 Personen vor dem SBB-Hauptsitz: Die Verhandlungen gehen nächste Woche weiter
Gewerkschaften und SBB haben am Donnerstag weiterverhandelt, die Gespräche werden nächste Woche fortgesetzt. Die erste Runde fand am Dienstagabend im SBB-Sitz in Bern-Wankdorf statt. Über 300 SEV-Mitglieder begleiteten ihre Verhandlungsdelegation mit ihren Fahnen, Pfeifen und Plakaten bis ins Gebäude und und sagten am offenen Mikrofon ihre Meinung zu Railfit 20/30.
Am Dienstag ab 17 Uhr wurde vor dem SBB-Sitz im Wankdorf der Widerstand des Personals gegen Lohn-, Sozial- und Stellenabbau für einmal deutlich hör- und sichtbar: Rockmusik, SEV-Fahnen, Transparente, der Schein und Rauch von Finnenkerzen, Zelte und Suppengeruch und vor allem die Gespräche, Voten, Rufe und Pfiffe von über 300 SBB-Mitarbeitenden hallten hinauf zum «Glaspalast», wo an diesem Abend auf Druck des SEV verhandelt werden sollte. Bekanntlich will die SBB ja den Zugang zu Berufsinvaliditätsleistungen stark verschlechtern, dem Personal ein Prozent vom versicherten Lohn für die Risikoprämie der Pensionskasse abziehen und 1400 Stellen bis 2020 streichen. So will die SBB-Führung beim Personal über 500 Millionen Franken sparen.
Gegen 18 Uhr bildeten die Demonstrant/innen vor dem Eingang ein Spalier, Züge pfiffen und hornten, und mit der Delegation strömten fast alle ins Gebäude, schwenkten in der Eingangshalle ihre Fahnen und machten ziemlich Krach. Doch alle blieben gesittet und diszipliniert, und zogen sich wenige Minuten später wieder auf den Platz zurück. Dort dauerte die Mahnwache mit Gulaschsuppe, Punsch, tollem Sound, offenem Mikrofon, spontanen Reden und vielen Gesprächen bis zum Abbruch der Verhandlungen um 20 Uhr 30.
Solidarität macht stark
Das Gefühl von Freude und Stolz über den eindrücklichen Aufmarsch von Kolleg/innen aus allen Berufen und Landesteilen war überwältigend und wurde am Mikrofon immer wieder in Worte gefasst.
«Railfit betrifft alle, und alle Berufskategorien sind hier vertreten», freute sich René Zürcher, Vizepräsident AS Ouest. Doch allen war klar: «Diese Mobilisierung ist erst der Anfang», wie ZPV-Zentralpräsident Andreas Menet klarstellte. In sein «Hipp–hipp–hurra» stimmten alle ein. «Dieser Kampf wird noch lange dauern», pflichtete ihm BAU-Zentralpräsident Christian Suter bei. «Nehmt nächstes Mal alle zwei, drei Kollegen mit, dann sind wir über tausend!» «Bei der symbolischen Beerdigung von Railfit vor sechs Monaten waren wir erst ein paar wenige, diesmal sind wir 300 – und beim nächsten Mal? Das hängt von euch ab», sprach Bruno Ryf, Präsident TS Romandie, allen ins Gewissen. «Wir sind die SBB! Wir sind der Service public! Wehren wir uns alle gegen den Stellenabbau in Salamitaktik und gegen den Abzug von mehreren hundert Franken von unserm Lohn», rief Myriam Bänninger vom Werk Olten.
Auch Kolleg/innen von andern Betrieben waren gekommen. Jean-Claude Cochard von der MOB, Präsident des Gewerkschaftsbundes Waadt, wünschte dem SBB-Personal «viel Mut bei eurem Kampf!» «Euer Kampf ist unser Kampf», nahm VPT-Zentralpräsident Gilbert D’Alessandro (TPF) diesen Faden auf. «Mit ihrer Vision fährt eure Direktion die SBB direkt an die Wand!» Grussbotschaften kamen auch per Handy: «Wir sind bei euch!», simste die Versammlung des AS Ticino an SEV-Präsident Giorgio Tuti, der auch vor Ort war, draussen bei der Mitgliedschaft.
vbo & Fi
Aktuelle Fotos von der Demo
© Jörg Matter, SEV
«Der Stolz des Personals hat einen Zug ins Rollen gebracht, den die SBB-Führung nicht so leicht stoppen kann»
Manuel Avallone, Vizepräsident SEV
Mehrere hundert Personen sind an die Versammlungen gegen Railfit 20/30 gekommen und über 300 haben am Dienstagabend vor dem Sitz der SBB demonstriert. Diese Zahlen widerspiegeln eine Entwicklung beim SBB-Personal, auch wenn sie isoliert nicht viel aussagen. Die Mobilisierung läuft; die Angestellten wollen nicht mehr wehrlos hinnehmen, dass sie so verächtlich behandelt werden – von einer völlig realitätsfremden Führung.
Kurzentschlossen sind Angestellte aus allen Unternehmensbereichen und aus allen Landesteilen nach Bern gekommen. Diejenigen, die nicht kommen konnten, haben uns mit Solidaritätsbotschaften unterstützt.
An die Versammlungen und ins Wankdorf sind nicht nur viele gekommen, sondern haben dort auch ins Mikrofon gesprochen, was sie denken. Andere haben geschrieben. Immer mehr Mitarbeitende äussern ihre Meinung. Vor dem Jahresende werden auch die Resultate der Personalzufriedenheitsumfrage bekannt werden. Es würde doch sehr überraschen, wenn unser Eindruck völlig abwegig wäre, dass beim Personal der Unmut gross ist.
Die permanenten Reorganisationen, die Salamitaktik, die fehlende Wertschätzung dem Personal gegenüber, der wiederholte Stellenabbau und der Angriff auf die Löhne sind alles Schläge gegen diejenigen, die die Bahn in der Schweiz ausmachen.
Doch die Eisenbahnerfamilie hat Ressourcen und beginnt ihre Muskeln auch zu zeigen. Die Bähnler/innen wollen weit mehr, als nur ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen verteidigen. Sie gehen auch auf die Strasse, weil sie an die Qualität des Service public glauben. Ihre Verbundenheit zum Unternehmen muss nicht mehr bewiesen werden. Und wenn sie manchmal auch resignieren (müssen), haben sie doch einen eisernen Willen, weiter aufrecht zu bleiben.
Der Widerstand hat erst begonnen und der SEV ist bereit zu kämpfen. Denn hinter ihm steht die Motivation seiner Mitglieder und die Entschlossenheit der SBB-Mitarbeitenden.
Kommentare
Hugo Jaggi 25/11/2016 15:24:38
Lasset doch mal einen/eine Büetzer/in das Amt des Ceo während den nächsten 5 - 10 Jahren ausüben!
Schlechter kann es ja nicht werden....
Es ist wie in der Politik, das Etablissement glaubt, dass nur "Studierte von ETH etc." wissen wo es lang geht. Leider geht dabei der Blick für das wesentliche verloren!
An der Basis beginnt der Erfolg, und nicht bei Besprechungen/Sitzungen,wo Phrasen gedroschen werden und auf Spesen Diniert wird.
Braucht es wirklich das sieben (7)- bis zwölffache (12) an Salär um "Bestleistung" zu erbringen?
Wir "normal" Angestellten. erbringen unser bestes auch ohne Bonus!!!
Vorallem stört es gewaltig, dass Manager noch zusätzlich in die Pensionskasse eingekauft werden, bei solchen !! Gagen!! .
Wenn ein Betrieb ins minus rutscht, wird immer bei den kleinen gespart, und dafür muss man als Manager einen Hochschulabschluss haben....