Dumpingversuch mit Lokführern im Güterverkehr
Crossrail plant skandalöse Lohndrückerei mit Grenzgängern
Das Güterverkehrsunternehmen Crossrail will in der Schweiz Lokführer zu Dumpinglöhnen anstellen. Es versucht, italienische Grenzgänger in Brig mit Löhnen zu beschäftigen, die rund einen Drittel unter dem Schweizer Niveau sind. Die Gewerkschaft SEV fordert Crossrail zur sofortigen Aufnahme von GAV-Verhandlungen auf; andernfalls muss das Bundesamt für Verkehr dem Unternehmen den Netzzugang verweigern.
Dieser Vorgang ist in der Schweiz einmalig und skandalös: Das Güterverkehrsunternehmen Crossrail mit Sitz in Muttenz will heute in Brig ein Lokführerdepot eröffnen. Das Personal soll aus der italienischen Tochterunternehmung Crossrail Italy Srl zum Mutterhaus verlagert werden. Die angebotenen Löhne sind skandalös: Während der Ausbildung will Crossrail 3100 Franken im Monat bezahlen (alle Löhne x13), danach 3350 Franken. Der Köder: Diese Löhne sind ca 20 bis 25 Prozent höher als in Italien. Aber: Sie liegen rund einen Drittel unter den Löhnen, die in der Schweiz für Lokführer allgemein üblich sind. «Das ist ein doppelter Skandal: Crossrail will die Leute aus dem italienischen GAV mit dem Kündigungsschutz herauslocken und dies mit Dumping-Löhnen, die unter jeder Diskussion sind», stellt Giorgio Tuti fest, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV.
Zum Vergleich: Der Einstiegslohn eines Lokführers bei der SBB liegt bei 5358 Franken im Monat, bei der BLS bei 5780 Franken. Der SEV ist von den betroffenen Crossrail-Lokführern mit der Wahrung ihrer Interessen betraut worden. «Wir fordern Crossrail ultimativ auf, umgehend mit uns Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag mit branchenüblichen Löhnen aufzunehmen», stellt Tuti klar. Branchenübliche Löhne sind eine zwingende Voraussetzung für den Netzzugang in der Schweiz (Artikel 8d des Eisenbahngesetzes).
Erst gestern hat das Bundesamt für Verkehr den branchenüblichen Einstiegslohn für Buschauffeure bekanntgegeben: Dieser liegt bei 4485 Franken. Er basiert auf den Gesamtarbeitsverträgen, die der SEV in der Busbranche abgeschlossen hat. Es besteht also kein Zweifel, dass das BAV die Crossrail-Löhne nicht akzeptieren kann, zumal die Lokführer-Ausbildung deutlich anspruchsvoller ist, Fremdsprachenkenntnisse erforderlich sind und die bestehenden Gesamtarbeitsverträge eine klar Sprache sprechen.
Die betroffenen Lokführer sind zurzeit noch bei Crossrail Italy unter Vertrag und gemäss italienischem Recht nicht kündbar. Der SEV hat ihnen geraten, den neuen Einzelarbeitsvertrag nicht zu unterschreiben. Die Lokführer, die bisher in Italien von der Gewerkschaft UIL vertreten werden, unterstützen die Forderung des SEV: Keine Unterschrift ohne Gesamtarbeitsvertrag.
«In der Schweiz müssen Schweizer Löhne bezahlt werden; das ist ein Grundsatz, der nicht verhandelbar ist», führt Tuti aus und ergänzt: «Hungerlöhne für Lokführer sind ein Skandal; das lassen wir uns nicht gefallen.» Der SEV betreut die betroffenen Lokführer mit engen Kontakten und hat noch für diese Woche eine nächste Versammlung einberufen.