Digitalisierung

Positionspapier Digitalisierung

Digitalisierung als Chance für die Mitarbeitenden nutzen

Der SEV steht der digitalen Entwicklung grundsätzlich positiv gegenüber, dennoch muss sich die Technik in den Dienst der Mitarbeitenden stellen und nicht umgekehrt. Automatisierung und Digitalisierung bringen auch Tätigkeiten zum Verschwinden, was verständlicherweise Unsicherheiten und Ängste auslöst. Die Betroffenen brauchen die Sicherheit, dass sie ihre Anstellung deshalb nicht verlieren werden, sondern dass ihnen neue Perspektiven geboten werden. Die Unternehmen müssen auch ihrer sozialen und ethischen Verantwortung gegenüber Eigner und Kunden Rechnung tragen. Hierzu und zur Frage der Beteilung der Mitarbeitenden an den Produktivitätsgewinnen durch die Digitalisierung braucht es gesamtgesellschaftlich ausgehandelte Lösungen.

Viele Beschäftigungsmodelle in der hoch digitalisierten Arbeitswelt führen zu loseren Arbeitsverhältnissen, höherer Selbstverantwortung der Mitarbeitenden, weniger Sicherheit hinsichtlich Lohn und Vorsorgeleistungen, erhöhten Leistungserwartungen, zunehmenden Flexibilitätsanforderungen an Arbeitsplatz, -inhalt und -zeit sowie Arbeitsplatzabbau und -verschiebungen. Im Ausgleich zu dieser Intensivierung der Ansprüche an die Mitarbeitenden muss eine Arbeitszeitverkürzung ins Auge gefasst werden.

Es braucht eine Branchenlösung

Die Zukunft des öV bringt grosse Herausforderungen mit sich. Der demografische Wandel sowie die steigende Geschwindigkeit der Veränderungen machen es nötig, dass die Unternehmen in Zukunft so viele Personen wie möglich im Arbeitsprozess zu behalten versuchen. Für Mitarbeitende gilt es nicht nur fachlich auf der Höhe zu sein, sondern auch Sozial- und Selbstkompetenzen aufzuweisen und den Anforderungen des Arbeitsalltags in guter Gesundheit zu begegnen. Verschiedene Untersuchungen und Umfragen zeigen aber auf, dass die Entwicklungen der psychosozialen Belastungen negativ verlaufen.

Es ist also im Interesse der Unternehmen und der Mitarbeitenden, dass möglichst viele Mitarbeitende dank umfassender Bildungsmassnahmen bei der eigenen Unternehmung oder in anderen Betrieben der Branche verbleiben können.

Der SEV hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Unternehmen tragfähige Branchenlösungen zu entwickeln insbesondere für Mitarbeitende mit Berufs- und/oder Arbeitsunfähigkeit, für Mitarbeitende, deren Beruf wegen Strukturwandel bedroht ist, und für Mitarbeitende, die dem digitalen Wandel nicht gewachsen sind.

Berufliche Qualifizierung ermöglichen

Unternehmen sind nicht nur in der Verantwortung, sich selbst weiterzuentwickeln, sondern auch ihre Angestellten zu befähigen, mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Neue Berufsbilder entstehen, andere verändern sich oder verschwinden gänzlich. Der SEV fordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern zur Begleitung dieser Entwicklung.

Zusätzlich setzt sich der SEV ein für die Aus- und Weiterbildung sowie die gezielte Nachqualifizierung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Mitarbeitenden die Voraussetzungen für digitale Weiterbildungstools mitbringen. Auch das Erfassen und Anerkennen von Kompetenzen, die in der Praxis erworben werden, und die Anerkennung ausländischer Ausbildungsnachweise gewinnen dabei stark an Bedeutung.

Einführung oder Überarbeitung neuer digitaler Arbeitstools

Bei der Einführung oder Überarbeitung digitaler Arbeitstools muss das Personal frühzeitig miteinbezogen werden. Für das Erlernen muss genügend Arbeitszeit zur Verfügung gestellt werden und eine allfällige Nutzung privater Ausrüstungen muss entschädigt werden. Zudem bedarf es einer klar kommunizierten, kurzfristig erreichbaren Anlaufstelle bei Problemen im Arbeitsalltag.

Gesamtarbeitsverträge weiterentwickeln

Der SEV fordert, in den Gesamtarbeitsverträgen (GAV) Rahmenbedingungen festzuhalten, die möglichst standardisierte Anstellungsbedingungen definieren, was Lohnschutz, Prävention gegen und Umgang mit physischen und psychischen Krankheiten sowie längere Arbeitsunterbrüche und den beruflichen Wiedereinstieg betrifft. Ausserdem sollen die Verträge auch Regelungen gegen Arbeitsplatzverlust wegen Digitalisierungsmassnahmen beinhalten.

Flexibilisierung im Sinne der Mitarbeitenden gestalten

Das Arbeiten wird flexibler und mobiler. Dadurch lassen sich im Idealfall Berufs- und Privatleben besser vereinbaren. Damit dies geschieht, müssen geeignete Arbeitszeitmodelle eingeführt und die technischen Hilfsmittel für ortsungebundenes Arbeiten zur Verfügung gestellt werden. Klar zu regeln sind insbesondere die Abgrenzung zwischen Verfügbarkeit, Arbeits- und Freizeit sowie die private Nutzung.

Informationsflut und das Recht auf Nichterreichbarkeit

In der Zwischenzeit erhalten Mitarbeitende von ihren Arbeitgebern Information und Anfragen auf allen möglichen analogen und digitalen Kanälen, bis hin zu Social Media. Die Unternehmen müssen klar festlegen, welche Informationen auf welchen Kanälen kommuniziert werden sollen und kommuniziert werden dürfen. Um die überbordende Informationsmenge zu reduzieren, muss die Vorgabe «Weniger ist mehr» das Mass aller Dinge sein. Zudem müssen die Unternehmen generell und beim Kommunizieren von Wechseln in der Einsatzplanung miteinberechnen, dass die Mitarbeitenden ein «Recht auf Nichterreichbarkeit» in ihrer Freizeit haben.

Datenschutz gewährleisten

In den automatisierten Prozessen der digitalen Arbeitswelt liefern die Angestellten durch ihr Tun permanent grosse Datenmengen. Was sie tun, wird registriert; was sie nicht tun ebenfalls. Der Schutz vor einem missbräuchlichen Umgang mit diesen Daten wird in Zukunft eine noch grössere Herausforderung. Das Recht auf und die Einsicht in persönliche Daten ist Mitarbeitenden uneingeschränkt zu gewähren. Die Nutzung von personenbezogenen Daten, insbesondere für Leistungs- und Verhaltenskontrollen, ist sozialpartnerschaftlich zu regeln.

Auflagen für Homeoffice

Homeoffice ist ein wirksames Instrument zur Bekämpfung der Pandemie und wird in Zukunft häufiger zum Tragen kommen als bisher. Ausserdem geniesst freiwilliges und gut geregeltes Homeoffice oft breite Akzeptanz. Aber Überwachung, Vermischung von Privat- und Berufsleben und andere psychosoziale Risiken sind ebenso eine Realität. Es ist deshalb wichtig zu betonen, dass die Gesetzgebung zur Arbeit ortsunabhängig gilt, also auch im Homeoffice Ausserhalb von Pandemiezeiten haben Homeoffice-Lösungen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden Rücksicht zu nehmen.

Zugang der Gewerkschaften zu den Mitarbeitenden

Die Pandemie stellt nicht nur HR und Führungskräfte vor die Frage, wie man am besten mit einer Belegschaft im Kontakt bleibt, die dezentral und zeitversetzt von zu Hause arbeitet. Auch Gewerkschaften stehen vor dieser Herausforderung und benötigen deshalb ein sogenanntes virtuelles Zutrittsrecht zum Betrieb. Wie genau das, unter Einhaltung des Datenschutzes, aussehen könnte, müssen die Sozialpartner zeitnah gemeinsam definieren.

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