BAR-Verhandlungen bei der SBB
Neue Einteilungsphilosophie braucht Zustimmung der Basis
Die SBB will die BAR mit einer komplett neuen Einteilungsphilosophie auf eine neue Grundlage stellen. Das geht klar über das bestehende Verhandlungsmandat der SEV-Delegation hinaus, das lediglich eine Weiterentwicklung der bestehenden BAR vorsieht. Somit braucht die SEV-Delegation von den betroffenen Unterverbänden LPV, RPV und ZPV ein neues Verhandlungsmandat, um die Verhandlungen ergebnisoffen fortsetzen zu können.

Am 14. März fand zwischen der SBB und der Verhandlungsgemeinschaft (VG) – bestehend aus SEV, VSLF, KVöV und Transfair – ein weiterer Austausch über die bereichsspezifischen Arbeitszeitregelungen (BAR) bei der Bahnproduktion im Personenverkehr statt, und nochmals am 31. März.
Mit den gegenseitigen Forderungen wurden thematische Pakete geschnürt, die vor dem eigentlichen Verhandlungsbeginn am 5. Mai in gemeinsamen Arbeitsgruppen bearbeitet werden sollen, um mögliche Lösungsansätze in die Verhandlungen einzubringen.
SBB mit grundlegend neuem Konzept und Maximalforderungen
Die Forderungen der SBB zielen dabei auf eine grundlegend neue Einteilungsphilosophie ab, die anstelle der bisherigen Touren und Rotationen neu individuelle Jahreseinteilungen vorsieht, bestehend aus Zeitfenstern und Schichtlagen mit flexiblen Start- und Endzeiten sowie variablen Toureninhalten. Das Ganze soll mit der «Integrierten Produktionsplanung» (IPP) kompatibel sein, deren Einführung auf den Fahrplanwechsel im Dezember 2027 geplant ist.
Konkret spricht die Verhandlungsdelegation der SBB von einer Jahreseinteilung mit Zeitfenstern von maximal 12 Stunden Dauer. Im Rahmen der Wocheneinteilung – das bedeutet bei rollender Planung, spätestens 28 Tage im Voraus – werden dann die Zeitfenster durch Dienstschichten ersetzt. Die SBB wünscht in diesem Zusammenhang vor Arbeitsbeginn und Arbeitsende des jeweiligen Dienstes einen flexiblen Anteil von je 60 Minuten vor und nach einem Dienst in der Wocheneinteilung. Erst zwei Tage im Voraus ab 16 Uhr sollen Dauer und Inhalt des jeweiligen Dienstes verbindlich sein.
Es klingt geradezu absurd, dass die SBB, welche sich als fortschrittlich lobt und das Bedürfnis des Personals nach Planbarkeit und Verlässlichkeit der Arbeitseinteilung betont, derartige Forderungen präsentiert. Es scheint sich um Extrempositionen zu handeln, von denen aus die SBB auf das Personal zugehen muss. Die Verhandlungsdelegation erachtet dieses Vorgehen zwar nicht als zielführend, ist aber dennoch bereit, die Verhandlungen fortzuführen und Modalitäten auszuarbeiten, die für das Personal akzeptabel sind und ein möglichst breites Spektrum an Bedürfnissen abdecken.
Der SEV sieht einen Wechsel in der Einteilungsphilosophie nicht zwingend nur als negativ an. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, wie die Parameter ausgestaltet werden – also beispielsweise die Länge der Zeitfenster, der Anteil der Flexibilität sowie deren Entschädigung. Im Gegenzug erwartet die VG, dass die SBB auf die legitimen Personalforderungen nach Zeitzuschlägen an Samstagen und nach höheren Zeitzuschlägen an Sonntagen und in den Nächten eingeht. Verbesserungen der Pausenregelungen hinsichtlich der Verlässlichkeit der Pausen und der notwendigen Mindestinfrastruktur auch für Arbeitsunterbrechungen sind ebenfalls dringend erforderlich.
Unterverbände müssen neues Verhandlungsmandat prüfen
Das bestehende Verhandlungsmandat der SEV-Delegation basiert auf einer Weiterentwicklung der bestehenden BAR, während die SBB die BAR mit einer komplett neuen Einteilungsphilosophie auf eine neue Grundlage stellen will. Um die Verhandlungen ergebnisoffen weiterführen zu können, braucht die SEV-Delegation somit ein angepasstes Mandat. Das heisst, die betroffenen SEV-Unterverbände müssen ihr ein neues Verhandlungsmandat erteilen. Denn eine komplett neue Einteilungsphilosophie, wie sie die SBB wünscht, geht klar über das bestehende Mandat hinaus und muss an der SEV-Basis erst noch grundsätzlich diskutiert und selbstverständlich auch gutgeheissen werden.
Der Unterverband LPV wird im Rahmen einer ausserordentlichen Sitzung seines Ressorts Personenverkehr am 23. April eine Anpassung des Mandats thematisieren. Der ZPV nimmt gemäss einem Beschluss seines Zentralvorstandes zurzeit nicht an den Verhandlungen teil. An seiner Zentralvorstandssitzung am 23. April wird er sich dennoch mit einer Anpassung des Verhandlungsmandats sowie mit der Rückkehr an den Verhandlungstisch befassen. Beim RPV werden die P-Vertreter in den kommenden Tagen über die Mandatsanpassung beschliessen.
SEV-Info vom 28.3. / Markus Fischer
rene.zuercher@sev-online.ch
Kommentar
René Zürcher, Gewerkschaftssekretär SEV, Dossierverantwortlicher SBB Personenverkehr.
Die Absicht der SBB, vier BAR gleichzeitig zu verhandeln, ist ein neues Vorgehen, das die Diskussionen extrem erschwert. Die aktuellen BAR unterscheiden sich in vielen Punkten, und auch die Forderungen sind für die verschiedenen Berufe sehr unterschiedlich.
Unsere Forderungen wurden bisher nicht immer ernst genommen, und die Diskussionen drehen sich grösstenteils um die Forderungen der SBB und den Wechsel der Einteilungsphilosophie. Hinzu kommt der Zeitdruck der SBB, welche die vier BAR bis Juni und nach nur zwei Verhandlungsrunden abschliessen möchte. Nicht zu vergessen ist, dass es die SBB ist, die jetzt Verhandlungen will und vom Personal und dessen Vertretung etwas erwartet, um das zukünftige IVU-Planungsprogramm nach ihren Vorstellungen umsetzen zu können. Auch wenn wir unsererseits Forderungen eingereicht haben, besteht aus unserer Sicht keine Dringlichkeit, schon gar nicht für Verhandlungen für vier Berufskategorien gleichzeitig und unter einem solchen Zeitdruck. Auch gibt es einige Fragen zur zukünftigen Funktionsweise und den angebotenen Möglichkeiten des IVU-Programms, die noch unklar sind. Daher kann die SBB nicht erwarten, dass wir die Katze im Sack kaufen.
Um seriöse Verhandlungen zu führen mit dem Ziel eines zufriedenstellenden Ergebnisses ist es unerlässlich, mehr Zeit einzuplanen und – wie in der Vergangenheit – jede BAR einzeln zu verhandeln.