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Nett verpackt, aber schlecht fürs Personal

Am 30. November stimmen wir über die Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)» ab. Diese fordert, dass alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger einen Dienst zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt leisten müssen. Auch Frauen sollen also neu einen Dienst leisten. Der Vorstand des SEV hat beschlossen, die Nein-Parole zu dieser Volksabstimmung herauszugeben.

Auf den ersten Blick tönt die Initiative gut, aber bei genauerem Betrachten fällt auf, die Service-citoyen Initiative ist aus gewerkschaftlicher Sicht gefährlich. Sie verlangt einen obligatorischen Dienst für alle – Militär oder «gleichwertig». Was nach einem besseren Zusammenhalt der Gesellschaft klingt, bedeutet in Wirklichkeit mehr schlecht bezahlte Arbeit. Besonders betroffen wären einmal mehr die Frauen, die schon heute den Hauptteil der Care-Arbeit leisten (Betreuung von Kindern, Kranken und älteren Menschen sowie die tägliche Hausarbeit). Statt Care-Arbeit endlich aufzuwerten, würde die Initiative Zwangseinsätze einführen und professionelle Pflege und Betreuung durch günstige und schlecht ausgebildete Service-citoyen Kräfte ersetzen. 

Der Bürgerdienst könnte auch Tätigkeiten im Bereich Infrastruktur, Mobilität und öffentlicher Dienst umfassen, also Kernbereiche des SEV. Denkbar wären Aufgaben wie Fahrgastbetreuung, Informationsdienste, einfache Service- oder Assistenzaufgaben und Unterstützung bei Veranstaltungen. Das würde konkret bedeuten, dass plötzlich günstige Service-citoyen Kräfte im öffentlichen Verkehr unterwegs wären und so den Druck auf unsere Löhne und unsere Arbeitsbedingungen verschärfen würden. 

Ein allgemeiner Pflichtdienst wäre zudem ein massiver Eingriff in Grundrechte und verstösst gegen das Verbot von Zwangsarbeit nach internationalen Abkommen. Solidarität lässt sich nicht erzwingen – echter Zusammenhalt entsteht aus Freiwilligkeit. 

Genau diese starke Schweizer Kultur der Freiwilligenarbeit würde leiden: Vereine und zivilgesellschaftliche Organisationen würden verdrängt, staatliche Vorgaben die Vielfalt einschränken. Deshalb sagt der SEV, aber auch die überragende Mehrheit des Parlaments sowie der Bundesrat Nein zur Service-citoyen-Initiative.