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Neue Gewerkschaftssekretärin Sibylle Lustenberger

Im Einsatz für die Rechte der SEV-Frauen

Sibylle Lustenberger hat am 1. September 2024 die Stelle der Gewerkschaftssekretärin für Frauen und Bildung im SEV übernommen. Die Sozialanthropologin setzt sich für die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt ein. Im kommenden Jahr wird sie mit der Frauenkommission nicht nur das 40-jährige Jubiläum feiern, sondern auch entscheidende Themen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie die Bekämpfung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz weiter vorantreiben.

Am 28. November 2025 feiert die SEV-Frauenkommission ihr 40-jähriges Bestehen. Die Festveranstaltung bietet eine Gelegenheit, auf den Wandel der Geschlechterrollen zurückzublicken und gleichzeitig den Dialog zwischen den Frauen von damals und heute zu fördern. Sibylle Lustenberger freut sich auf die Jubiläumstagung und erklärt: «Wir können gemeinsam die nächsten Schritte in Richtung Gleichstellung und besserer Arbeitsbedingungen für Frauen anstossen.» Die Veranstaltung wird denn auch Raum für eine historische Rückschau bieten und Pionierinnen der ersten Stunde zu Wort kommen lassen. Dabei soll ein Brückenschlag zu den Frauen von heute erfolgen, um den Blick in die Zukunft der Frauenkommission zu richten.

Schlüsselthema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Ein Schlüsselthema der Frauenkommission ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, insbesondere im Schichtbetrieb. Eine schweizweite Umfrage des SEV aus dem Jahr 2024 zur Vereinbarkeit im Schichtbetrieb hat zwar Fortschritte gezeigt, dennoch fühlen sich immer noch 60 Prozent der Befragten mit den bestehenden Hürden konfrontiert. «Wir sind noch lange nicht dort, wo wir hinwollen», sagt Sibylle Lustenberger. Die Vereinbarkeit bleibt daher eines der Hauptthemen der Frauenkommission. Ein weiteres zentrales Anliegen ist der vorgeburtliche Mutterschaftsurlaub sowie die geplante Sensibilisierungskampagne gegen sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz. Auch die Frage nach einer besseren Anerkennung von «Frauenkompetenzen» bzw. deren Abbildung im Lohnsystem und – bezogen auf den SEV – eine ausgewogenere Vertretung der Geschlechter in den Gewerkschaftsgremien stehen auf der Agenda. Die Frauenkommission arbeitet mit Hochdruck an diesen Themen und wird entsprechend den einen oder anderen Antrag zuhanden des SEV-Kongresses 2025 einreichen.

Kampf gegen sexuelle Belästigung

Neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht auch die Bekämpfung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Fokus der SEV-Frauenkommission – ein Herzensanliegen von Sibylle Lustenberger. Eine im Dezember 2024 veröffentlichte Studie des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann und des Staatssekretariats für Wirtschaft zeigt alarmierende Zahlen: Ein Drittel der Arbeitnehmenden hat bereits sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren, der Anteil der Frauen liegt dabei mit 44 Prozent deutlich höher als jener der Männer. Die Studie bestätigt auch, dass viele Unternehmen die Problematik zwar ernst nehmen, jedoch nicht über die nötigen rechtlichen Kenntnisse und Strukturen verfügen, um effektiv dagegen vorzugehen.

Dies gilt auch im öffentlichen Verkehr. Sibylle Lustenberger verweist hier auf die Erfahrungen von Lokführerinnen der SBB, die in den Medien über Belästigungen berichteten. Prioritär ist aus ihrer Sicht die Umsetzung einer verbindlichen Nulltoleranzpolitik: Jeder Betrieb muss klare Regeln gegen sexuelle Belästigung einführen und diese konsequent durchsetzen. Mitarbeitende müssen wissen, dass sie Beschwerden ohne Angst vor Konsequenzen melden können. Dafür müssen nicht nur Frauen, sondern auch Männer eine aktive Rolle im Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung am Arbeitsplatz spielen. «Es ist wichtig, dass auch Männer sich solidarisch zeigen und als Verbündete auftreten», betont die Gewerkschafterin und präsentiert gleich eine konkrete Idee: Mit einer Dialoggruppe bestehend aus männlichen Gewerkschaftsmitgliedern liesse sich innerhalb des SEV das Bewusstsein für das Thema fördern und die Solidarität mit den Kolleginnen stärken.

Gemeinsam für den Fortschritt

Die SEV-Frauenkommission arbeitet nicht zuletzt daran, die Arbeitsbedingungen und Rechte für Frauen weiter zu verbessern. «Trotz Fortschritten gibt es nach wie vor zahlreiche Ungleichheiten, etwa in der Bezahlung, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Unterstützung bei Diskriminierung und Gewalt», erklärt Sibylle Lustenberger, die selbst Mutter eines 9-jährigen Jungen ist. Einen Hebel um Verbesserungen zu erreichen, sieht sie in der Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften. Hier kommt der feministischen Kommission des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, in der auch die SEV-Frauen vertreten sind, eine wichtige Rolle zu. In diesem Gremium findet ein reger Austausch zwischen den Berufsgruppen statt, und es werden Kräfte gebündelt. Solidarisch und koordiniert wird über das Vorgehen entschieden – sei es hinsichtlich von Forderungen an die Unternehmen oder an die Politik.

Ein weiteres Gefäss bilden die Austausch-Treffen im Rahmen der «Women in Rail»-Vereinbarung. Seit dem Abschluss des europaweit gültigen Abkommens 2021 treffen sich die Gleichstellungsbeauftragten von SEV, SBB und BLS regelmässig, um Massnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils im Bahnsektor zu besprechen und Synergien zu nutzen. Sibylle Lustenberger betont den Nutzen der Vereinbarung: «Die Erhöhung des Frauenanteils kann nur durch eine effektive Gleichstellungspolitik der Unternehmen erreicht werden; deshalb ist die Mitsprache und Mitarbeit der SEV-Frauen zentral.» Allerdings bleibt bei der Umsetzung der «Women in Rail»-Vereinbarung noch einiges zu tun.

Appell für eine gerechte Zukunft

Sibylle Lustenberger und die SEV-Frauenkommission bleiben unermüdlich im Einsatz für die Rechte der Frauen. «Die Gewerkschaftsbewegung muss weiterhin entschlossen und solidarisch auftreten, um die Rechte der Frauen zu stärken und für eine gerechtere Zukunft zu kämpfen», folgert sie. Die Frauenkommission wird auch in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle dabei spielen, die notwendigen Veränderungen in der Arbeitswelt durchzusetzen – nicht nur für die Rechte der Frauen, sondern für eine solidarische Gesellschaft insgesamt.
 

Eva Schmid