Women in Rail: Fortschritte und Perspektiven
Am 23. Oktober 2024 haben die Sozialpartner SBB, BLS und SEV zum dritten Mal seit 2021 den Austausch zur Umsetzung der europäischen «Women in Rail»-Vereinbarung organisiert.
Dieses Treffen betont die Bedeutung von Geschlechtergleichstellung und Diversität im Bahnsektor und veranschaulicht den Einsatz der beteiligten Unternehmen für ein integratives Arbeitsumfeld. Traude Kogoj, Diversity-Managerin der Österreichischen Bundesbahnen, gab entsprechend Einblick in ihr Wirkungsfeld. Seitens des SEV nahm Präsident Matthias Hartwich teil, und auch SBB und BLS waren durch Leute der Unternehmensspitze vertreten.
Die «Women in Rail»-Vereinbarung wurde am 5. November 2021 zwischen der Community of European Railway and Infrastructure Companies (CER) und der European Transport Workers’ Federation (ETF) abgeschlossen mit dem Ziel, den Eisenbahnsektor für Frauen zugänglicher und attraktiver zu machen. Dies durch die Schaffung von Mindeststandards für Gleichstellung und Diversität, aber auch, indem Massnahmen zur Förderung von Frauen implementiert werden.
Sowohl die SBB als auch die BLS verzeichnen Fortschritte, wenn es um die Implementierung von Massnahmen für eine bessere Geschlechterbalance im Kader geht, aber auch hinsichtlich einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, wobei die «Schichtarbeit» ein wesentlicher Faktor ist. Die SBB wurde zudem mit dem «We pay fair»-Label zertifiziert, mit welchem eine geschlechtsneutrale Berechnung der Gehälter sichergestellt werden soll – was sich denn auch mit den Analysen der Jahre 2023 und 2024 bestätigt hat. Die BLS ihrerseits setzt auf eine «Diversity & Inclusion»-Initiative und strebt per 2025 einen um 20 % höheren Frauenanteil im Kader an.
Der SEV sieht trotz dieser Fortschritte im Bereich Gleichstellung und Diversität noch bedeutende Herausforderungen. Beispielsweise stellen die hohen Arbeitszeiten (42 bis 44 Std./Woche) und das Fehlen flexibler Betreuungsmöglichkeiten für Kinder eine Belastung dar, besonders für Eltern. Aktuell ist leider auch, dass Gewalt und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz auch in der Bahnbranche weit verbreitet sind. Aus diesem Grund hat der SEV eine Kampagne zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt im öffentlichen Verkehr lanciert hat. Sibylle Lustenberger, zuständige Gewerkschaftssekretärin für die SEV-Frauen sagt: «Der SEV kann durch die ‹Women in Rail›-Vereinbarung strategisch, aber auch ganz konkret mitreden und mitgestalten, wenn es um eine effektive Gleichstellung in den Bahnunternehmen geht.»
Die Teilnehmenden des Treffens sind sich einig, dass der Austausch zur Umsetzung der «Women in Rail»-Vereinbarung auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden muss. Es gilt, Fortschritte nachhaltig zu gestalten und die Beteiligten auf dem Weg zu mehr Gleichstellung und Diversität im Eisenbahnsektor zu unterstützen. Über die Implementierung der sozialpartnerschaftlichen «Women in Rail»-Vereinbarung wurde auch auf europäischer Ebene diskutiert – im Rahmen eines Workshops in Warschau (siehe Kasten). Vonseiten der SEV-Frauenkommission haben Hanny Weissmüller und Esther Weber daran teilgenommen.
Eva Schmid
Workshop in Warschau
Am 13. und 14. November fand der «Women in Rail»-Workshop von ETF und CER in der polnischen Hauptstadt Warschau statt. LPV-Zentralpräsidentin Hanny Weissmüller schaut skeptisch auf den Workshop zurück: «Vieles, das schon seit Jahren bekannt ist, wird nochmals durchgekaut und besprochen: Es braucht mehr Arbeitnehmende im Eisenbahnsektor und die Frauen sollen Teil der Lösung sein. Das Teilzeitangebot muss ausgebaut, die Berufe müssen einem breiten Publikum zugänglich gemacht und in den Schulen müssen Eisenbahnberufe bekannt gemacht werden usw.»
Dass es nur schleppend mit der Umsetzung von «Women in Rail» vorwärtsgeht, enttäuscht Hanny Weissmüller. Sie fordert: «Wenn der Bahnsektor weiter bestehen und sich weiterentwickeln möchte, muss er sich unbedingt der heutigen Zeit anpassen. Dies heisst, nicht nur Flexibilität vom Personal zu verlangen, sondern dem Personal Flexibilität anzubieten. Der Sektor muss sich neuen Ideen öffnen und vor allem dem Flächenpersonal aktiv zuhören. Am Schluss geht es nicht nur um Frauen, sondern ums gesamte Personal.»