SBB Resale: vom Bürostuhl bis zur Lokomotive
Mit dem Resale-Projekt hat die SBB eine Plattform für Nachhaltigkeit entwickelt. Produkte, die im Betrieb nicht mehr benutzt werden, können ein neues Leben erhalten, statt entsorgt zu werden. Ausserdem bietet das Projekt dem SBB-Nachwuchs ein lehrreiches Experimentierfeld.
Im SBB Bahntechnikcenter im solothurnischen Hägendorf liegen wohl genug Schienen, um ein kleineres Land mit einem kompletten Schienennetz auszustatten. Hier wird nicht nur neues Material für das Schweizer Bahnnetz hergestellt, sondern hier liegen auch alte ausgediente Produkte. Doch «ausgedient» bedeutet hier nicht unbedingt Müll, sondern kann durchaus auch «bereit für einen neuen Lebenszyklus» heissen. Sogenannte Schrottschienen können beispielsweise für Lawinenverbauungen umgenutzt oder ein alter Bahnwagon könnte ihn eine Gartenbeiz umgebaut werden. Und genau das wird durch SBB Resale ermöglicht. Kreislaufwirtschaft heisst das Zauberwort.
Sweta Sriskantharajah, Altina Shabani, Nay Million und Lena Gähler sind Lernende bei der SBB und sind als Junior Business Team für das operative Geschäft von Resale zuständig. Sie sorgen dafür, dass ausgediente Materialien, Geräte und Fahrzeuge mit Foto und Kaufpreis auf die Webseite sbbresale.ch kommen. Sobald sich interessierte Kundinnen und Kunden bei Resale melden, wickeln sie den ganzen Verkauf ab, von der Bestellung über die Bezahlung bis zur Übergabe und je nach dem auch der Lieferung eines Produktes. Gehandelt wird nur B2B, also Business-to-Business, das heisst zur Kundschaft gehören beispielsweise andere Bahn- oder Transportunternehmen, Handwerksbetriebe oder Gemeinden.
«Das Ziel ist, zu schauen, dass möglichst viele Produkte, die nicht mehr im regulären Einsatz sind, trotzdem noch weiterverwendet werden können. Wir wollen dafür sorgen, dass möglichst wenig Abfall entsteht und wir so einen Beitrag für den Umweltschutz leisten», erzählt Sweta, die kurz vor dem Lehrabschluss zur Kauffrau öV steht. Das Interesse sei tatsächlich da und manchmal überrasche es auch, sagt Sweta: «Kürzlich meldete sich ein Künstler bei uns und wollte Weichen für eine Kunstinstallation kaufen.»
«Wir sind drei KV-Lernende und eine angehende Fachfrau öV und wir betreiben sozusagen ein Start-Up», erklärt Altina, die letzten Sommer bei Login die KV-Lehre begann. Das Projekt ist also nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch im Bildungsbereich. Die Lernenden haben die Möglichkeit, Erfahrungen im Verkauf zu sammeln, den Betrieb und Unterhalt einer Webseite kennenzulernen und sie können sich dabei zuweilen auch kreativ verwirklichen. «Wir informieren unsere Kundinnen und Kunden laufend mit einem Newsletter über die aktuellsten Angebote. Dabei müssen wir schon im Vorfeld bei der Auswahl der Themen, und beim Erstellen beim Text und der Illustration unsere Ideen einbringen», erzählt Sweta, die auch SEV-Mitglied ist, stolz. Manchmal fotografieren sie auch gleich selbst die Produkte, die sie danach auf dem Online-Marktplatz anbieten.
«Es wäre toll, wenn sich künftig jeder oder jede vor dem Entsorgen eines Produkts oder einer Anlage fragen würde, ob man ihm nicht über Resale noch zu einem zweiten Leben verhelfen könnte. Übrigens gilt das nicht nur für die SBB, sondern die Plattform steht allen ÖV-Unternehmen der Schweiz offen. Wir haben zum Beispiel auch schon für ein privates Transportunternehmen einen ausrangierten Bus weiterverkauft», sagt Rolf Vogt. Er ist Berufsbildner beim Verkauf bei der Division Infrastruktur SBB und betreut die vier Lernenden bei Resale. Als langjähriger Eisenbahner kann er die Lernenden in allen möglichen Situationen unterstützen und beraten. Wie die Lernenden arbeitet auch er im SBB Bahntechnikcenter in Hägendorf.
SBB Resale ist ein gutes Beispiel dafür, wie einerseits die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden kann und andererseits Lernende auf ein sinnstiftendes Berufsleben vorbereitet werden. Eine klassische Win-Win-Situation.
Michael Spahr