VPT-Branchentagung
Schifffahrt: Nach der Covid-Krise fehlt Personal
Nach einem Jahr Unterbruch wegen Covid haben sich Vertreter:innen von Schiffsbetrieben aus dem ganzen Land am 24. März an der Branchentagung Schiff des SEV-Unterverbands VPT in Luzern wieder persönlich getroffen.
SEV-Vizepräsident Christian Fankhauser referierte wegen seiner Covid-Ansteckung jedoch per Videokonferenz. Er sprach über die Referenden und Initiativen von Gewerkschaftsbund und SEV gegen AHV 21, für eine 13. AHV-Rente und für die Verwendung eines Teils der Nationalbankgewinne zur Finanzierung der AHV.
VPT-Vizezentralpräsident René Schnegg konnte vermelden, dass der VPT in den ersten zwei Monaten schon 161 Neumitglieder geworben und den Rückgang der aktiven (nicht pensionierten) Mitglieder gestoppt hat. Angesichts der in allen öV-Betrieben anstehenden Pensionierungswelle müssen möglichst alle jungen Kolleginnen und Kollegen geworben werden, um den Organisationsgrad zu halten und zu heben, betonte Schnegg.
Personallücken und Abgänge
Die Berichte der Delegationen zeigten, dass die Personalsituation in den Schiffsbetrieben durch die Covid-Krise verschlechtert wurde, weil zu wenig neue Mitarbeitende angestellt und ausgebildet wurden, während wegen der schwierigen Lage (z. B. Kurzarbeit und damit verbundener Lohnausfall in vielen Betrieben) weitere Abgänge dazukamen. Am Genfersee (CGN) müssten gar rund 30 Nautiker:innen angestellt werden, um die 3,5 Mio. Überstunden abzubauen. Zudem sollen zusätzliche Schiffe in Betrieb gehen. Am Zürichsee (ZSG) haben in letzter Zeit mehrere junge Kassiere und Schiffsführer gekündigt, offenbar wegen Überforderung. «Laufbahnen dürfen nicht zu sehr beschleunigt werden», wurde an der Tagung gewarnt.
Bei der ZSG sind in jüngster Zeit auch erfahrene Handwerker und Schiffsführer abgesprungen, weil offensichtlich das Vertrauen in die neue Leitung stark gesunken ist, wie eine Umfrage beim Personal bestätigte. Solche Abgänge sind umso ernster zu nehmen, als Schiffsleute ihren Betrieben normalerweise sehr treu sind, trotz bescheidener Löhne im Verhältnis zu ihrem grossen Knowhow und ihrer Erfahrung, trotz vielerortsorts prekärer Anstellungsbedingungen wegen der Kleinheit der Betriebe und ihrer Wetterabhängigkeit, trotz vieler Überstunden im Sommer usw.
Ein Grund für die Treue ist sicher die Begeistung für die Nautik, die bei den Tagungsteilnehmenden immer wieder spürbar war. «Ich war immer gern Matrose und stolz darauf», sagte denn auch Patrick Clot bei seiner Verabschiedung aus dem Branchenvorstand, in dem er seit der Gründung der VPT-Branchen die Schifftagung mitorganisierte.
«Richtige Formel»
«Die stets gute Beteiligung und Disziplin an den Tagungen zeigt, dass es die richtige Formel ist», sagte Patrick in seiner Abschiedsrede. «Macht weiter so, es gibt noch viel zu tun!» Als neuer Vertreter des VPT Lac Léman im Branchenvorstand wurde Sektionspräsident Mathias Gay-Crosier gewählt.
Der Austausch zeigte zudem, dass neben den Direktionen vom Boden- und Luganersee (und Lago Maggiore), mit denen die Sozialpartnerschaft schon bisher schwierig war, auch andere Direktionen tendenziell gern möglichst viel mit einer möglichst abhängigen, aussortierten Personalkommission regeln möchten. Solchen Ideen konnte bei der neu ausgelagerten BLS-Schifffahrt im neuen GAV mit einer klaren Regelung der Mitwirkung ein Riegel geschoben werden.
Mit der BLS-Schifffahrt laufen seit Februar auch Verhandlungen für ein neues Lohnsystem, wie auch bei der CGN, die dafür zwei Jahre vorsieht. Die BLS-Schifffahrt aber sprach von vier Monaten: Sportlich, diese Berner!
Markus Fischer