BLS lagert Schifffahrt in Tochter-AG aus
Den GAV verteidigen
Zum neuen Geschäftsmodell für die BLS-Schifffahrt, welches der Verwaltungsrat genehmigt hat, gehört die Auslagerung in ein Tochterunternehmen. Der SEV wird auf keinen Fall zulassen, dass die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen des BLS-Schiffspersonals verschlechtert werden. Mit der geplanten BLS-Tochter will der SEV einen GAV aushandeln, der zum bisherigen GAV mindestens gleichwertig ist.
Der SEV begrüsst, dass die BLS mit dem neuen Geschäftsmodell keine Stellen abbauen will. «Dass die BLS das Schifffahrtsangebot auf dem Thuner- und Brienzersee im Winter ausbauen und zu diesem Zweck mittelfristig zusätzliche Stellen schaffen will, ist eine gute Nachricht für das Schiffspersonal und für den Tourismus», sagt SEV-Gewerkschaftssekretär Michael Buletti. «Wir hoffen, dass die dafür nötigen zwei neuen Schiffe mit wenig Tiefgang beschafft werden können, mit Unterstützung des Kantons.»
GAV einhalten und einen neuen aushandeln
Zur geplanten Auslagerung der Schifffahrt in eine Tochterfirma und zur Aussage der BLS in ihrer Medienmitteilung, sie prüfe «die Ausarbeitung von Anstellungsbedingungen, die vom Gesamtarbeitsvertrag der BLS unabhängig sind», hält Michael Buletti klar fest: «Die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen des Schiffspersonals dürfen nicht schlechter werden. Für die betroffenen Mitarbeitenden gelten die Bestimmungen des GAV BLS weiterhin – auch noch während eines Jahres nach ihrer Übernahme durch die geplante Tochterfirma.» Buletti verweist auf Art. 333 des Obligationenrechts, der dies vorschreibt.
Mit der Auslagerung besteht die Gefahr, dass die Anstellungsbedingungen unter Druck kommen. «Dagegen werden wir uns nötigenfalls wehren und darauf bestehen, mit der neuen BLS-Tochter einen neuen GAV auszuhandeln, der zum bisherigen mindestens gleichwertig ist», betont Buletti.
Bei der BLS-Schifffahrt hat der SEV einen hohen Organisationsgrad. Ihre Mitarbeitenden sind in der Gruppe Schiff der SEV-VPT-Sektion BLS organisiert.
Neues Geschäftsmodell: warum und wie?
«Der Ertrag durch den Betrieb reicht nicht aus, um die Investitionen in Schiffe, Ländten und Werften zu decken», schreibt die BLS in ihrer Medienmitteilung. «Um die Schifffahrt auf eine langfristig gesunde finanzielle Basis zu stellen, hat der Verwaltungsrat der BLS AG die Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells beschlossen. Dabei soll sich die Schifffahrt auf ihr Kerngeschäft – die Kursschifffahrt – konzentrieren, mit der sie die Mehrheit der Erträge erzielt. (...)
Um sich im stark umkämpften Tourismusmarkt zu behaupten und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern, sind mehr Flexibilität und eine stärkere Eigenständigkeit notwendig. Deshalb beabsichtigt die BLS die Gründung einer Aktiengesellschaft. Die Schifffahrt reduziert ihre teilweise veraltete Flotte um vier auf insgesamt zwölf Schiffe, um die hohen Fixkosten zu reduzieren. (...)
Um mehr Ertrag zu erwirtschaften, baut die BLS ihr Angebot im Winter auf beiden Oberländer Seen aus und verlängert die Sommersaison auf dem Brienzersee. Für die Winterschifffahrt will die BLS mittelfristig zwei neue, multifunktionale und umweltfreundliche Schiffe mit wenig Tiefgang beschaffen. (...)
Für die rund 120 Mitarbeitenden wird die Ausarbeitung von Anstellungsbedingungen geprüft, die vom Gesamtarbeitsvertrag der BLS unabhängig sind. Stellen werden keine abgebaut. Vielmehr führt der Ausbau der Winterschifffahrt dazu, dass mittelfristig zusätzliche Stellen geschaffen werden können.»
Markus Fischer
LPV BLS will Nägel mit Köpfen bis Ende Monat
Im Mai 2019 stellten 475 Lokführende der BLS in einem offenen Brief Forderungen an die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat der BLS. Darauf folgten ein Treffen von Vertretern der SEV-LPVSektion BLS mit der Leitung Bahnproduktion (B) im September sowie eine Mitgliederversammlung des LPV BLS mit rund 50 Teilnehmenden in Thun im Oktober. Danach stellte der LPV BLS der Leitung B einen Forderungskatalog zu. Anfang Februar 2020 traf sich nochmals eine Delegation von Lokführern mit der Leitung B, um die wichtigsten der geforderten Punkte zu vertiefen. Nun ist Mitte März eine weitere, hoffentlich abschliessende Diskussionsrunde mit der Leitung B geplant.
Der LPV BLS fordert, dass bis spätestens Ende Februar verbindliche und schriftliche Zugeständnisse auf dem Tisch liegen müssen.
Offener Brief der Gruppe AS BLS
Am 6. Februar schickte die Gruppe Administration und Services (Bahnhof- und Verwaltungspersonal) der SEV-Sektion BLS dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung BLS einen offenen Brief mit 363 Unterschriften. Die Gruppe AS kritisiert darin die Häufung von Reorganisationen in den letzten Jahren mit Fokus auf Einsparungen – «Weniger wäre mehr!» – und gibt zu bedenken, dass ständige Reorganisationen und immer neue «tolle» Ideen allzu viele Ressourcen binden, sodass die Kernaufgaben der Bahn in den Hintergrund rücken. Vor allem aber kritisiert sie eine einseitige Fokussierung der Führung auf Kosten und Effizienz, ohne Rücksicht auf Nachteile für Personal und Kundschaft und auf das, «was nicht in Geld ausgedrückt werden kann». Diese Entwicklung bedrohe die Motivation der Mitarbeitenden und ihre Identifikation mit der BLS. Erwähnt werden folgende Beispiele:
- Im Rahmen des Sparprogramms BestWay wird mit Hochdruck der Umzug des Hauptsitzes von der verkehrsgünstigen Lage in der Nähe des Berner Hauptbahnhofs an einen peripheren Ort geplant. Wofür das gut sein soll, ist für viele Mitarbeitende fraglich. Für die meisten wird damit der Arbeitsweg länger, wie auch der Weg vom Hauptsitz zu BLS-Anlagen, Partnern und Kunden.
- Die Reorganisation Infra+ wurde kommuniziert, bevor die Verantwortlichen wussten, wie sie sie umsetzen wollen. Das führte zu Unsicherheiten und Gerüchten. Viele Mitarbeitende sind von der Notwendigkeit von Infra+ nicht überzeugt und tragen etliche Massnahmen nicht mit.
- Sharepoint, OneNote, OneDrive undSkype wurden irgendwie eingeführt, aber der Umgang damit nie richtig erklärt.
Die GL BLS schrieb dem Personal am 12. Februar, sie nehme die Anliegen im Brief ernst und wolle sie besser verstehen. Sie lade daher alle ein, sich bei der Mitarbeitenden-Umfrage im Frühling (die neu offene Fragen vorsehe) und bei den kommenden Anlässen für Kader und Mitarbeitende einzubringen. Die BLS habe eine «ausgeprägteDialog-Kultur»: «Niemand muss, niemand darf Angst haben, seine Meinung zu äussern.»
Umzug des Hauptsitzes sistiert
Der Verwaltungsrat BLS entschied am 13. Februar, das aktuelle Projekt zum Umzug des Hauptsitzes zu stoppen und neu aufzugleisen. Es wurde erkannt, dass der Zeitdruck unter BestWay unnötig gross war und die Akzeptanz der drei bisher ins Auge gefassten Standorte beim Personal klein.