Ein Hindernislauf auf italienischer Seite und eine Geschichte ohne Ende – doch dieses wird nun endlich absehbar
Warten auf Stabio–Arcisate
Die Neubaustrecke Stabio–Arcisate ist wichtig, weil sie den zahlreichen Grenzgänger/innen aus der Region Varese den Arbeitsweg ins Tessin erleichtern und die verstopften Strassen entlasten wird. Nach jahrelangem Baustopp wird nun wieder gebaut, und die Inbetriebnahme ist Ende 2017 geplant. Da- rauf wartet auch die geplagte Anwohnerschaft sehnlichst. Reportage.
Frau Roberta wohnt in einem der Häuschen gegenüber dem Bahnhof von Induno Olona in der Provinz Varese. Seit 2009 wird an der Verbindungsbahn Mendrisio–Varese, die gleich vor ihrem Haus vorbeiführt, gearbeitet. Das hat ihr Leben verändert: «Von 6 bis 17 Uhr jeden Tag von Montag bis Samstag lärmen die Maschinen», erzählt sie uns am Eingangstor. Dieses wird von den hohen Zementabschrankungen der unmittelbar angrenzenden Baustelle fast zerdrückt, sodass man Platzangst bekommt. «Das Hauptproblem sind aber die Vibrationen: Sie verursachen nicht nur Schäden, indem sie z.B. Fenster zerbrechen, sondern schütteln das Haus manchmal dermassen, dass es einem durch Mark und Bein geht und schlecht wird.» Solche Belastungen müssen in Induno Olona und Arcisate auch viele weitere Haushalte erdulden. Noch bis Ende nächsten Jahres müssen sie durchhalten, falls die Arbeiten nicht erneut verzögert werden.
«Was die Infrastruktur und die Technik betrifft, wird die Strecke im Sommer 2017 fertig gebaut sein, auch wenn der kommerzielle Betrieb erst im Dezember 2017 beginnt», erklärt Ingenieur Gianpiero Strisciuglio, Leiter Kommerz und Betrieb Netz bei Rete Ferroviaria Italiana (RFI). «Wir haben die Bauarbeiten wieder aufgenommen und kommen gut vorwärts. Rund 200 Personen arbeiten in drei Schichten, auch am Wochenende. Wir haben einen Zeitplan aufgestellt und bisher genau eingehalten, zur besten Zufriedenheit auch der betroffenen Gemeinden.»
Alessandro Sorte, Zuständiger für die Infrastrukturen bei der Region Lombardia, ergänzt: «Die Verbindung Arcisate–Stabio ist ein strategisches Bauwerk von nationaler Bedeutung. Die beim Bau aufgetauchten Probleme sind inzwischen mit Unterstützung der Region Lombardei gelöst worden. Wir haben mit der Baufirma und den Bahnstellen Monitoring-Treffen eingeführt, um die Inbetriebnahme bis Ende 2017 sicherzustellen.»
Danach werden Frau Roberta und viele weitere Grenzgänger/innen in 45 Minuten mit der Bahn nach Lugano fahren können. Heute müssen sie das Postauto nehmen, das je dreimal am Morgen und am Abend von Varese nach Stabio fährt, wo zwischen Bus und Bahn umgestiegen werden muss.
Aber auch viele Tessiner/innen freuen sich auf die neue Linie, die sie in wenig mehr als einer Stunde von Lugano zum Flughafen Malpensa bringen wird.
Michele Novaga/Fi
Bauunterbrüche 2013 und 2014 bis Mitte 2015
Das italienische Stück der grenzüberschreitenden Bahnverbindung von Mendrisio im Tessin nach Varese in Italien misst rund 8km. Davon sind 3,6 km neu zu erstellen, mit einer Brücke über das Flüsschen Brente. Auf den bestehenden 4,6 km wird ein zweites Gleis verlegt. Die bisherigen Stationen Induno Olona und Arcisate werden erneuert und im Grenzort Gaggiolo eine neue gebaut. Die Bauarbeiten begannen 2009 und sind heute erst etwa zu 50 Prozent vollendet, dies wegen zwei längeren Unterbrüchen: ab Ende 2013 mehrere Monate, weil für arsenhaltiges Aushubmaterial ein Ablagerungsort in der Region gesucht werden musste, und von 2014 bis Mitte 2015, weil die Bahnnetzgesellschaft RFI der ursprünglichen Baufirma den Auftrag entzog und ihn neu ausschrieb.