Sanierung der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein
Personal fordert faire Verhandlungen
Das Personal der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) ist gewillt, sich an der Sanierung des Unternehmens zu beteiligen, jedoch nicht über einen Kahlschlag bei den Anstellungsbedingungen.
Die Personalversammlung hat den Forderungskatalog des Firmensanierers einstimmig abgelehnt. Besonders pikant: Offenbar sollen die Anstellungsbedingungen auf Druck der Kantone verschlechtert werden.
Seit Mai ist bei der Schifffahrtsgesellschaft URh ein vom Verwaltungsrat eingesetzter Sanierer am Werk. Angetreten ist dieser mit der öffentlichen Ankündigung, dass die Personalkosten gesenkt werden müssen.
Darauf folgten verschiedene Kündigungen in der Geschäftsführung der URh wie auch unter dem nautischen Personal. Gleichzeitig starteten die Verhandlungen über Anpassungen am Firmenarbeitsvertrag mit der Gewerkschaft SEV. Diese vertritt die Anliegen des Personals der URh auch während dieser Sanierung.
«Vorleistungen des Personals»
Im Zuge der Gespräche musste der SEV überrascht die Aussagen des Sanierers zur Kenntnis nehmen, die Kantone und der Verwaltungsrat würden die Verschlechterung der Anstellungsbedingungen zur Vorbedingung für weitere Investitionen machen. Es werde eine «Vorleistung des Personals» erwartet, bevor die Kantone weiter in die URh investieren wollen.
Anfang September wurde dem Personal dann ein konkreter Forderungskatalog unterbreitet, der zu einer massiven Verschlechterung der Anstellungsbedingungen führen würde. Er beinhaltet beispielsweise die Streichung von Ferientagen und von verschiedenen Zulagen, massive Abstriche bei den Dienstaltersgeschenken, die Abschaffung des Lohnsystems, die ungenügende Zahlung dienstlicher Wegzeiten usw. Das Personal störte sich vor allem an der fehlenden Kompromissbereitschaft.
Skandalöse Drohungen
Verbunden wurde diese Kahlschlagforderung mit massiven Drohungen und Einschüchterungen gegenüber dem Personal: Der GAV werde gekündigt, verbunden mit Lohnkürzungen obendrauf, der Sanierer lasse das Unternehmen Konkurs gehen, es würden alle auf die Strasse gestellt und vieles mehr. «Eine solche Einschüchterung ist beispiellos und skandalös in einem Unternehmen, das weitestgehend im Besitz der öffentlichen Hand und vieler Kleinaktionäre aus der Umgebung ist», sagt Felix Birchler, der zuständige Gewerkschaftssekretär des SEV.
Am 20. September fand eine Personalversammlung statt, die darüber befinden musste, ob das Personal den verschlechterten Anstellungsbedingungen zustimmt. Das Personal hat sich von der Einschüchterungstaktik der letzten Wochen nicht beeinflussen lassen und den Forderungskatalog des Sanierers einstimmig abgelehnt. Es fordert ernsthafte Verhandlungen über die Optimierung der Personalkosten ohne derartig massive Einbussen für die Mitarbeitenden.
Das Personal ist gewillt, konstruktiv an der Planung der Zukunft mitzuarbeiten und auch bereit, seinen Teil dazu beizutragen, damit das Unternehmen auf einem gesunden finanziellen Fundament steht.
Zehn Tage Überzeit im Monat
Die Kündigungen der letzten Monate führten zu einem massiven Personalunterbestand, mit der Folge, dass zusätzliches Personal für teures Geld eingemietet werden musste. Vor allem aber musste das verbleibende Personal extrem viele zusätzliche Arbeitstage leisten, um den Betrieb überhaupt aufrechterhalten zu können. Massive Überzeiten (bis zu zehn Tage pro Monat!) sind der Normalfall bei der URh. Dies führte bei verschiedenen Mitarbeitenden zu erheblichen gesundheitlichen und psychischen Belastungen. Dennoch wurde die Arbeit vom Personal geleistet, ganz im Dienste der Kunden und zur Zukunftssicherung der URh.
Wenn also die Kantone eine «Vorleistung des Personals» als Bedingung für eine weitere finanzielle Unterstützung einfordern, so hat das Personal diese zweifelsohne bereits erbracht. «Wir erwarten, dass dem Personal die gebotene Wertschätzung auch seitens der Sanierer und Kantone entgegengebracht wird», betont Birchler.
Felix Birchler