Südostbahn
Drohen statt verhandeln
Statt zu einer Klärung kam es bei der SOB zu einer Zuspitzung.
Nachdem das Unternehmen die Gewerkschaften nochmals zu einer Sitzung eingeladen hatte, gingen diese davon aus, dass es ein Gespräch über die Lohnsituation gebe. Aber es kam anders: Das Unternehmen beschränkte sich darauf, den Gewerkschaftsvertretern mitzuteilen, dass aus seiner Sicht die Friedenspflicht weiterhin gelte und es gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgehen werde, die Kampf- massnahmen ergreifen. Ja, es scheut nicht davor zurück, mit fristlosen Entlassungen im Fall eines Streiks zu drohen. Auch für die SOB reicht die Fantasie beim Thema Kampfmassnahmen also nur gerade zum schärfsten aller gewerkschaftlichen Instrumente.
SEV-Sekretär Felix Birchler ist zwar ob des Vorgehens schockiert, reagiert aber dennoch gelassen. So weist er nochmals auf die Entstehungsgeschichte des Abschnitts über die Friedenspflicht im GAV hin: Weil das Unternehmen nicht bereit war, ein Schiedsgerichtsverfahren vorzusehen für den Fall, dass es bei Lohnverhandlungen zu kei- ner Einigung kommt, wurde für diesen Fall die Aufhebung der Friedenspflicht festgeschrieben.
Umso «origineller» wirkt die Ar- gumentation des Unternehmens, das nun aus dem Vertrag her- auslesen will, dass der Verwaltungsrat einseitig etwas festlegen und dies dann als «Einigung» bezeichnen kann. Felix Birchler zeigt sich trotz al- lem weiterhin gesprächsbereit: «Wir teilen die Interpretation des Vertrags überhaupt nicht, aber uns geht es in allererster Linie darum, eine Lösung zu finden», betont er.
Sachlich geht es darum, dass das Unternehmen nur gerade dem fahrenden Personal den systembedingten Lohnaufstieg zugesteht. Die Gewerkschaften fordern diese Systemanstiege – und nicht mehr – auch für das übrige Personal, was aber der Verwaltungsrat verweigert, mit Hinweis auf das schwierige wirtschaftliche Umfeld.
Für die Gewerkschaften geht es hingegen um eine Gleichbehandlung der verschiedenen Berufsgruppen. Noch zeichnet sich kein Ende ab.
pmo