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Die Tätigkeit im Stiftungsrat der PK SBB ist anspruchsvoll

«Wir müssen die PK attraktiv erhalten»

René Windlin ist hauptberuflich im Rechtsschutzteam des SEV tätig, daneben amtet er als Mitglied des Stiftungsrates der Pensionskasse SBB und als Stiftungsrats-Präsident des Personalfonds der SBB. Der ehemalige Betriebsdisponent und heutige Gewerkschaftsprofi kann sich wahrlich nicht über mangelnde Beschäftigung beklagen!

René Windlin

kontakt.sev: René Windlin, du bist seit Anfang Jahr als Arbeitnehmervertreter Mitglied des Stiftungsrates der Pensionskasse der SBB. Deshalb zuerst eine Frage, die sicher alle aktuellen und ehemaligen Angestellten der SBB umtreibt: Wie geht es der PK SBB im Moment?

René Windlin: Es geht ihr relativ gut, der Deckungsgrad liegt seit Ende letzten Jahres über 100%; er ist aufgrund der guten Ertragslage auf den Finanzmärkten jeden Monat leicht gestiegen, bei Problemen in der Finanzwelt könnte es aber leicht wieder kippen. Doch die Altlasten und die demografische Entwicklung hängen immer noch wie ein Damoklesschwert über ihr – nachhaltig gut geht es ihr also noch nicht.

Dann kann man also noch keine Entwarnung geben und es wird auch weiterhin Mass- nahmen zum Aufbau der Wert- schwankungsreserve geben?

Es gibt in der Zwischenzeit eine kleine Reserve, aber sie ist noch zu gering; deshalb überlegt sich der Stiftungsrat weitere Massnahmen zur nachhaltigen Sicherung, demnächst wird man Entscheide fällen müssen.

Die «Wackelrente» scheint ja vom Tisch zu sein, kann man über die anderen möglichen Massnahmen schon etwas sagen?

Dazu ist es noch zu früh. Es sind Massnahmen, die auch den Arbeitgeber etwas kosten könnten. Auch der Zeitpunkt ist noch nicht bestimmt.

Könnte es auch die Arbeitnehmenden weiter treffen?

Sanierungsmassnahmen sind nicht nötig, wenn es aber erneut Massnahmen gäbe, wie z. B. die Senkung des technischen Zinses oder des Umwandlungssatzes, müsste man auch wieder über Kompensationsmassnahmen nachdenken, damit die Leistungsverschlechterungen abgefedert würden und tragbar wären.

Kannst du als Mitglied des Stiftungsrates bei solchen Massnahmen überhaupt mitbestimmen, oder bist du eher eine Art Feigenblatt, das die Entscheide der Pensionskassenprofis einfach abnicken muss?

Natürlich sind wir auf die Inputs und Vorbereitungen der PK-Profis und externer Spezialisten – die als vertrauenswürdige Fachleute übrigens einen sehr guten Job machen – angewiesen, wir stützen uns aber nicht nur auf sie. Wir sind kritisch und schauen genau hin; wir diskutieren intensiv und winken nichts einfach durch. Die Aufgabe als Stiftungsratsmitglied ist nicht nur spannend, sondern auch lehrreich. Ich habe im Hinblick auf diese Tätigkeit verschiedene Weiterbildungen besucht, um meine Kompetenzen zu erweitern. Ich wurde im Stiftungsrat gut aufgenommen, aber wegen der unterschiedlichen Interessenslage ist es nicht immer spannungsfrei und manchmal auch belastend. Die Pensionskasse ist ganz wichtig, früher war es eines der stärksten Argumente für die SBB als Arbeitgeber. Wir müssen schauen, dass wir die Kasse auf einem attraktiven Niveau halten können.

Du musst die Entscheide aber mittragen und sie den SEV-Mitgliedern anschliessend noch «verkaufen», ist das nicht manchmal zum Verzweifeln?

Es ist auf jeden Fall eine schwierige Sache. Der Stiftungsrat ist dafür verantwortlich, dass die PK funktioniert und ihren Verpflichtungen nachkommen kann; als Arbeitnehmervertreter wissen wir, dass die Mitglieder der PK möglichst gute Leistungen zu einem möglichst geringen Preis möchten; die Arbeitgebervertreter möchten auch gute Leistungen – das ist auch wichtig auf dem Arbeitsmarkt – aber sie möchten natürlich als Arbeitgeber auch möglichst tiefe Prämien bezahlen. Da gibt es Zielkonflikte und manchmal geht es darum, das kleinere Übel zu wählen. Die Frage ist oft: Woher kommt das Geld?

Du bist nicht nur Mitglied des Stiftungsrates der PK SBB, sondern auch Mitglied des Stiftungsrates des Personalfonds und seit Anfang 2013 auch dessen Präsident. Kannst du in wenigen Worten sagen, was die Aufgabe des Personalfonds ist?

Ich kann es mal versuchen: Wir haben Dienstleistungsangebote, der «Klassiker» ist, dass wir Leuten in schwieriger finanzieller Situation Beiträge an Zahnarztrechnungen bezahlen. Das läuft über die Personalfondsbeauftragten, das sind im SBB- Intranet aufgeführte Milizmitarbeitende, die solche Gesuche entgegennehmen. Komplexere Gesuche laufen über die Sozialberatung. Es gibt die Schuldensanierungen (Darlehen etc.), Stipendien an Lehrabgänger/innen, die an einer höheren Lehranstalt studieren wollen, Belohnungen für gute und mutige Reaktionen im Störungsfall und, vielleicht ist das am bekanntesten, die Ferienverbilligungen. Es gibt ja das fondseigene Haus in Schuls, das von der Reka vermarktet wird, aber seit dem Verkauf der andern Häuser haben alle SBB-Mitarbeitenden eine Ermässigung von 20% auf allen Reka-Angeboten. Auf dem Langlaufpass gibt es eine Rückerstattung von 50%, wir werden in diesem Winter auch einen Langlaufschnupperkurs anbieten. Stark verbilligt werden Rauchstopp-Kurse angeboten.

Dann ist das also nicht mehr die etwas verstaubte «Fürsorge» …

Nein, wir wollen ein attraktives, modernes Angebot und dieses auch den Bedürfnissen entsprechend weiterentwickeln.

… die Reglemente verwaltet.

Die Sozialberatung ist ein Angebot der SBB, und wir brauchen sie als Schnittstelle zur SBB. Der Personalfonds ist eine eigenständige, privatrechtliche Stiftung, der Stiftungsrat ist paritätisch zusammengesetzt. Wir führen dort sehr konstruktive Diskussionen, das ist eine Geschichte, die gut läuft und auch die SBB als Arbeitgeberin attraktiver macht.

Nochmals ein Themenwechsel: Hauptamtlich arbeitest du ja im Rechtsschutzteam des SEV. Gibt es da mit deinen Funktionen im Dienst der SBB nicht gelegentlich Interessenkonflikte?

Beim Personalfonds ist es völlig unproblematisch, aber bei der PK kann es natürlich vorkommen, dass es Streitigkeiten über gewisse Leistungen gibt. Das ist aber nicht problematisch, denn als Stiftungsrat muss ich ja nicht über einzelne Leistungen entscheiden. Das müssen letztlich Gerichte verfügen.

Alle Rechtsschutzgesuche gehen über deinen Schreibtisch. Gehen dir dabei manche Fälle auch etwas näher?

Nun, ich möchte behaupten, einen gut ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zu haben. Manchmal gibt es Fälle, bei denen ich Entscheide Vorgesetzter oder der Sozialversicherungen nicht nachvollziehen kann. Oder dass die Gegenseite stur an ihrer Meinung festhält und wir bis vor Bundesgericht gehen müssen, um Recht zu erhalten. Einmal mussten wir wegen einer Zeugniskorrektur vor Gericht gehen, die Sache wurde so entschieden, wie ich es von Anfang an wollte, aber wir hatten Anwaltskosten von 3000 Franken! So etwas regt mich auf. Auch Einzelschicksale sind manchmal tragisch, aber es sind so viele Fälle, da kann ich mich nicht zu lange mit einem Einzelschicksal befassen.

Der Rechtsschutz, den unsere Mitglieder geniessen, ist ein starkes Argument, dem SEV beizutreten …

Zweifellos!

 … aber die Mitglieder haben manchmal auch eine Art «Versicherungsmentalität»: Sie machen nicht aktiv mit in der Gewerkschaft und wollen einfach den Rechtsschutz.

Bei der Mitgliederumfrage haben ja sehr viele gesagt, dass sie aus Solidarität dabei sind, dass sie sich bewusst sind, dass die Arbeitnehmenden zusammenstehen müssen. Es sind ja längst nicht alle gewerkschaftlich organisiert in der Schweiz. Unser Rechtsschutz ist gut und ein starkes Argument für die Mitgliedschaft. Es gibt etliche Mitglieder, die ich betreue, die ich dann auch an Versammlungen oder Demos sehe, aber es gibt natürlich auch jene, die uns eher als Versicherung betrachten. Auch bei politischen Diskussionen ist es manchmal unbegreiflich, wie arbeitgeberfreundlich manche Mitglieder denken. Das gewerkschaftliche Denken vermisse ich manchmal etwas. Aber grundsätzlich ist für mich jedes Mitglied gleich, ich gebe für alle mein Bestes. Manche müssen wir aber auch in ihrer Erwartungshaltung bremsen, wir gehen nicht in jedem Fall bis vor Bundesgericht und manchmal ziehen wir einen Entscheid nicht weiter.

Interview: Peter Anliker