Der Direktor des Bundesamts für Verkehr, Peter Füglistaler, ist Gastreferent am SEV-Kongress vom 24. Mai
«Ich bin ein sachlicher Mensch»
Zurzeit spricht er viel über Geld, aber Peter Füglistaler ist zuversichtlich, dass auch wieder andere Themen in der Verkehrspolitik Gewicht bekommen. Der Direktor des Bundesamts für Verkehr will das System ohne Glaubenskämpfe auf Spitzenniveau halten.
«Wenn ich auf die Rückseite eines Hauses will, spielt es mir keine Rolle, ob ich links herum oder rechts herum gehe; ich muss auch nicht mittendurch. » So beschreibt sich Peter Füglistaler auf die Frage, was für ihn in diesem Porträt wichtig sei. Man sage ihm wenig Emotionalität nach, ergänzt er, und nach kurzem Zögern findet er: «Ich kann mich im Beruf gut kontrollieren. »
Keine Karrierenplanung
Seit bald einem Jahr ist Peter Füglistaler an der Spitze des Bundesamts für Verkehr und damit zuständig für die Planung des gesamten öffentlichen Verkehrs in der Schweiz, aber ebenso für Fahrzeugzulassungen, Verkehrsbewilligungen und Sicherheitsvorschriften. Dass er als Finanzchef von SBB Infrastruktur sowohl das System als auch dessen Finanzprobleme kannte, dürfte eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass er an die Spitze des BAV gewählt wurde. Das sei nicht geplant gewesen, eher hätte er sich vorstellen können, in einem Unternehmen der Privatwirtschaft als Finanzchef zu arbeiten, hält Füglistaler fest.
Keine Spur also von Karriereplanung; sein beruflicher Weg entstand Etappe für Etappe. «Über Nacht» sei er beispielsweise Generalsekretär der SBB geworden, weil die Stelle unerwartet frei wurde und andere mögliche Kandidaten gerade nicht verfügbar waren. Bevor er zusagte, fragte er jedoch seine Frau, ob sie mit diesem Wechsel einverstanden sei; deshalb musste Benedikt Weibel bis zum nächsten Morgen auf seine Zusage warten.
Bio
Peter Füglistaler, 51, wuchs in Wohlen AG auf. Nach einer Banklehre und der Akad-Matur studierte er an der Hochschule St. Gallen Volkswirtschaft und doktorierte über Massnahmen gegen die Armut. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung, wo er für die Ausgaben im Bahnverkehr und die Neat zuständig war. Danach wechselte er zur SBB, wo er zuerst die Unternehmensplanung leitete, anschliessend Generalsekretär wurde und 2001 als Finanzchef in die Geschäftsleitung der Infrastruktur kam. Vor einem Jahr folgte der Wechsel an die Spitze des Bundesamts für Verkehr. In seiner Freizeit hat er es gerne ruhig, treibt zum eigenen Vergnügen ein wenig Sport und besucht als Zuschauer Handball-, Fussball- und Hockeyspiele.
Peter Füglistaler ist verheiratet und hat zwei Töchter von 16 und 18 Jahren. Er ist Mitglied der SP und des SEV.
Bewerbung im letzten Moment
Erst im letzten Moment hat er sich auf die Ausschreibung fürs BAV gemeldet. «Das ist sonst nicht meine Art, aber aufs Mal dachte ich, ich könnte es bereuen, wenn ich es nicht versucht hätte.» Seine Wahl galt als Überraschung, «aber am meisten für mich selbst», findet er. Er lässt durchblicken, dass die letzten Jahre bei SBB Infrastruktur durch grosse Hektik und im Vergleich dazu wenig Resultate geprägt gewesen seien. Als seine beste Zeit bei der SBB bezeichnet er den Anfang der Divisionalisierung, als die Infrastruktur grosse Freiheiten hatte und sich auch in schnellem Tempo entwickelte.
Er schätzt es, dass er in seiner jetzigen Funktion genügend Zeit hat, um sich vertieft mit den Geschäften zu befassen und diese auch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu diskutieren. «Bei der SBB habe ich doppelt so viel gearbeitet und halb so viel bewirkt», stellt er fest. Es dürfe allerdings auch noch etwas unruhiger werden in der Bundesverwaltung, ergänzt er.
Ökonomische Nachhaltigkeit erreichen
Er will seine Sicht als Volkswirtschafter verstärkt ins ganze BAV hineinbringen. Natürlich stehe im Moment die Bahnfinanzierung im Vordergrund («Wir brauchen pro Jahr eine Milliarde Franken zusätzlich!»), aber demnächst erscheine der Verlagerungsbericht, und dann gehe es auch wieder um generelle verkehrspolitische Fragen.
Der wirtschaftliche Aspekt spielt für ihn aber immer eine Rolle – auch bei der Sicherheit. «Wir müssen uns fragen: Welche Sicherheit wollen wir zu welchem Preis?», stellt Füglistaler fest. Der öffentliche Verkehr stehe auf einem derart hohen Sicherheitsniveau, dass weitere Verbesserungen enorm teuer seien. Er betont, dass beim öffentlichen Verkehr die Restrisiken erkennbar und tragbar seien, im Gegensatz etwa zur Atomenergie. Er spricht deshalb von ökonomischer Nachhaltigkeit, die das System neben der ökologischen Nachhaltigkeit ebenfalls erfüllen müsse.
Er betont, dies sei nicht einfach. Der öffentliche Verkehr habe viel Goodwill in der Bevölkerung, diesen dürfe man nicht verspielen.
Nur wenig Rampenlicht
Bei der SBB war Peter Füglistaler ein stiller Schaffer im Hintergrund, nun ist er plötzlich eine öffentliche Person. Daran habe er sich gewöhnen müssen, gibt er zu. Er trete aber gerne in der Öffentlichkeit auf, wenn es um die Sache gehe. «Alle andern Einladungen lehne ich in aller Regel ab: Es gibt den Berufsmann Peter Füglistaler, der öffentlich sichtbar ist; der Privatmann bleibt privat.» Wenn er einen Sportanlass besuche, sei er einfach ein Fan auf dem Stehplatz.
Als Privatsache betrachtet er auch seine Mitgliedschaft bei SP und SEV. Er sei dort Mitglied, wo er dazu stehen könne, und die Sozialpartnerschaft habe in der Schweiz einen hohen Wert. Gleichzeitig wehrt er sich gegen Dogmen: «Ich kann keine Glaubenssätze vertreten». Und dann folgt der Satz vom links oder rechts herum Gehen. «Ich mache Kompromisse und Zugeständnisse, aber ich will ans Ziel!»
Peter Moor