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Bundesamt für Verkehr verlangt von der SBB eine Jahreseinteilung für die Mitarbeitenden der Zugvorbereitung Chur

Gesetz schreibt Jahreseinteilung vor

Weil die Leitung der Zugvorbereitungsregion Ostschweiz nicht bereit war, für ihre Mitarbeitenden in Chur wieder eine Jahreseinteilung zu erstellen, hat der SEV das Bundesamt für Verkehr um eine Stellungnahme ersucht – und auf der ganzen Linie recht bekommen.

Im Frühling 2009 erfuhr der SEV-Regionalsekretär in Chur, Peter Peyer, von Mitarbeitenden der Zugvorbereitung (ZV = Rangier und Wagenreinigung des Personenverkehrs) der SBB in Chur plötzlich, dass für sie künftig keine Jahreseinteilung mehr gemacht werden solle. Tatsächlich gab es 2010 nur noch eine Monatseinteilung, was die Mitarbeitenden in ihrer längerfristigen Freizeitplanung einschränkte. Sie wandten sich deshalb an den SEV bzw. den Unterverband RPV und an die Personalkommission (Peko). In der Folge gab es auf verschiedenen Ebenen Gespräche mit den Leitungen ZV Chur und ZV-Region Ostschweiz, und der RPV brachte die Sache auch mehrfach bei der Leitung Operating ein.

Die Gespräche erlebte Peter Peyer als sehr schwierig, weil die SBB nie alle Beteiligten an einem Tisch versammelte. Stattdessen wies sie dem SEV einen Ansprechpartner auf Stufe Personenverkehr zu, der ihn für gewisse Fragen aber wieder direkt an die ZV-Region verwies. Zusätzlich erschwert wurden die Gespräche dadurch, dass in dieser Zeit der Leiter ZV Chur und der Leiter ZV Ostschweiz wechselten. «Schliesslich hatten wir genug davon, von einem Ort zum anderen gejagt zu werden, und ersuchten am 19. Juli 2010 das Bundesamt für Verkehr (BAV) um eine Stellungnahme », erzählt Peter Peyer.

Kommentar

SBB muss BAV-Entscheid sofort umsetzen!

Weil seit über zwei Jahren immer wieder Diskussionen entstanden, ob die Zugvorbereitung (ZV) eine Jahreseinteilung erstellen muss oder nicht, hat der Unterverband des Rangierpersonals zusammen mit dem SEV das Bundesamt für Verkehr (BAV) mit Schreiben vom 19. Juli aufgefordert, in dieser Sache eine Entscheidung zu treffen. Diese hat uns das BAV am 3. November mitgeteilt und auf der ganzen Linie dem RPV-SEV recht gegeben: Das BAV fordert die ZV auf, wieder eine Jahreseinteilung zu erstellen, weil keine genügenden dienstlichen Gründe für eine Monatseinteilung vorliegen. Das BAV hält in der Begründung u. a. fest:

«Die Monatseinteilung stellt eine bedeutende Einschränkung in der längerfristigen Freizeitplanung des Arbeitnehmers dar. (. . .) Ob eine Jahres- oder Monatseinteilung erstellt wird, steht nicht zur Disposition der Sozialpartner. Grundsätzlich besteht die gesetzliche Vorgabe zur Erstellung einer Jahresplanung. Davon darf zugunsten einer Monatseinteilung nur dann abgewichen werden, wenn dafür genügende, dienstliche Gründe bestehen.»

Nach über zwei Jahren Diskussionen mit der ZV ist die Situation nun geregelt. Der RPV-SEV erwartet von der ZV, dass sie dies akzeptiert und dass all ihre Regionen so schnell wie möglich eine Jahreseinteilung erstellen. Sie dürfen dies nicht nach hinten verschieben und auf Zeit spielen. Auch muss die ganze Unternehmung SBB aus der Stellungnahme des BAV ihre Lehren ziehen, nicht nur die ZV und die Division Personenverkehr: Arbeitnehmende im Schichtdienst haben grundsätzlich Anrecht auf eine Jahreseinteilung, denn sie sollen ihr soziales Umfeld planen können!

Hanspeter Eggenberger, Zentralpräsident RPV

BAV verfügt Jahreseinteilung

Am 3. November hat nun das BAV verfügt, dass die SBB für die Arbeitnehmenden der ZV Chur eine Jahresdiensteinteilung erstellen muss. Dies deshalb, weil keine genügenden dienstlichen Gründe vorliegen, welche die ZV Chur von der grundsätzlichen gesetzlichen Verpflichtung zum Erstellen einer Jahreseinteilung entbinden. Das BAV erläutert seinen Entscheid u. a. wie folgt:

«Die SBB nennen als Begründung zur Erstellung einer Monatseinteilung ‹einerseits die üblichen – auch kurzfristigen – betrieblichen Änderungen› und andrerseits ‹etliche personelle Ausfälle infolge Unfall und Krankheit›. Bezüglich der personellen Ausfälle äussert sich die SBB dahingehend, dass dies 2010 eine ‹ausserordentliche Situation mit überdurchnittlich vielen Absenzen› war.

Es kann davon ausgegangen werden, dass bei SBB Personenverkehr die Grundlast der anfallenden Arbeiten auf dem Fahrplanangebot beruht, welches ohne nennenswerte Schwankungen das ganze Fahrplanjahr über seine Geltung hat. Dazu gesellen sich – laut eigener Aussage der SBB – die üblichen Änderungen, welche somit zum Voraus grundsätzlich abschätzbar sind und sich nicht ausserhalb der Schwankungen bewegen, die dem Betrieb immanent sind. Es lässt sich daraus kein genügender dienstlicher Grund erkennen, der den Verzicht auf das Erstellen einer Jahreseinteilung rechtfertigt.

Den grösseren Einfluss dürfte die offensichtlich eher unerwartet hohe Zahl an Absenzen gehabt haben. Dies war ein vorübergegangener Umstand und besteht somit nicht mehr. Nur um für einen irgendwann erneut eintretenden Personalengpass infolge unerwarteter Absenzen gerüstet zu sein, liegt kein rechtfertigender dienstlicher Grund vor, auf das Erstellen einer Jahreseinteilung zugunsten einer Monatseinteilung zu verzichten.»

Umfragen nicht massgeblich

Eine Kernaussage der Verfügung ist, dass der Entscheid, ob eine Jahreseinteilung erstellt werden soll, «nicht zur Disposition der Sozialpartner » stehe, sondern dass das Gesetz grundsätzlich eine Jahreseinteilung verlange. «Davon darf zugunsten einer Monatsplanung nur dann abgewichen werden, wenn dafür genügende, dienstliche Gründe bestehen. Der Schutz des einzelnen Arbeitnehmers vor einer ungerechtfertigt das soziale Leben einschränkenden Monatseinteilung wird somit höher gewichtet, als ein Mehrheitsentscheid der betroffenen Arbeitnehmergruppe oder ein Entscheid seiner Vertreter.»

Die Umfrage, welche die Peko Fläche ZV im Oktober 2010 zusammen mit der Leitung der ZV-Region Ost bei deren Mitarbeitenden über die Jahreseinteilung durchführte, «war somit für nichts», wie Peko-Präsident Oliver Gsponer gegenüber kontakt.sev feststellt. Die Umfrage fiel an den Standorten Chur und Romanshorn sehr deutlich für die Jahreseinteilung aus, und auch in St. Gallen stimmte eine klare Mehrheit dafür.

ZV Chur erhält Jahreseinteilung

kontakt.sev hat bei der SBB nachgefragt, ob sie die BAVVerfügung akzeptiert oder beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhebt. Die SBB antwortete, dass sie den Entscheid zurzeit noch prüfe. Die ZV Chur erhalte aber auf jeden Fall ab 1. Januar 2011 eine Jahreseinteilung, «denn dies entspricht den Resultaten der unabhängig vom Verfahren durchgeführten Mitarbeiterbefragung.»

Eine Umfrage führte 2009 auch die ZV-Region Zürich durch. Dabei stimmte eine Mehrheit der Mitarbeitenden gegen die Jahreseinteilung. Danach wurde eine Dreimonatseinteilung eingeführt. Zuvor hatte sich bei einer SEV-Umfrage noch eine Mehrheit für die Jahreseinteilung ausgesprochen. Doch die ZV-Leitung hatte dann an Betriebsversammlungen argumentiert, dass mit der Jahreseinteilung weniger Mitarbeitende gleichzeitig Ferien beziehen könnten.

Diese Argumentation stellte SEV-Gewerkschaftssekretär Jürg Hurni schon damals infrage, weil die SBB nur aus dienstlichen Gründen auf die gesetzlich vorgeschriebene Jahreseinteilung verzichten darf. Diese Sicht hat das BAV nun in seiner Verfügung bestätigt und Umfrageresultate als nicht massgeblich bezeichnet. «Somit muss die SBB auch bei der ZV Zürich die Jahreseinteilung wieder einführen!», fordert Jürg Hurni, «und überhaupt bei allen ZVStandorten, denn dort sprechen nirgends dienstliche Gründe gegen eine Jahreseinteilung. »

«Jahreseinteilung» ein Gummibegriff?

Laut SBB werden bei der ZV in Zürich, Basel, Biel, Luzern, Romanshorn und St. Gallen «Jahreseinteilungen entsprechend den Vorgaben der Verordnung zum Arbeitszeitgesetz » erstellt. «Diese werden jedoch aufgrund der operativen Tätigkeiten und der Wünsche der Mitarbeitenden entweder quartalsweise oder monatlich entsprechend angepasst. Ob dieses Vorgehen den Ansichten des BAV entspricht, wird in den bereits erwähnten Prüfungen (einer Beschwerde gegen die BAV-Verfügung – Anmerkung der Red.) mit einbezogen.»

«Der SEV erwartet von der SBB, dass sie den Begriff ‹Jahreseinteilung› nicht überdehnt, sondern sich ans Gesetz hält zum Wohl der Mitarbeitenden», stellt Jürg Hurni klar.

Markus Fischer