SEV feiert 100. Geburtstag in Solothurn
Im RBS-Bahndepot Solothurn hat am Freitagabend die RBS-Sektion der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV ihren 100. Geburtstag gefeiert, im Beisein von SEV-Präsident Giorgio Tuti und Fabian Schmid, Direktor des Regionalverkehrs Bern–Solothurn (RBS).
«Vor 100 Jahren, am 30. November 1919 in Bern, schlossen sich die zum Teil schon seit vielen Jahren bestehenden, aber in einzelne Organisationen aufgeteilten Gewerkschaften der Verkehrsangestellten zum Schweizerischen Eisenbahner-Verband SEV zusammen», sagte SEV-Präsident Giorgio Tuti in seiner Ansprache. «Dies nach der Not der Arbeiterschaft im 1. Weltkrieg und der schmerzlichen Erfahrung des Landesstreiks vom November 1918 mit drei Toten in Grenchen SO. Die Einheitsgewerkschaft SEV mit ihren Sektionen in den einzelnen Verkehrsbetrieben wurde für deren Direktionen zum starken, unausweichlichen Ansprechpartner. Die Solidarität der Verkehrsangestellten aller Betriebe und Branchen zahlte sich aus, denn sie erreichten über die Jahre in zähen Verhandlungen und wo nötig auch mit Arbeitskämpfen Senkungen der Arbeitszeit, Verbesserungen der Löhne, Fahrvergünstigungen für das Personal (FVP) und weitere Errungenschaften.»
Von der Lohnsystematisierung zum GAV-Zeitalter
Für das Personal der Konzessionierten Transportunternehmen (KTU) wie dem Regionalverkehr Bern–Solothurn RBS war insbesondere die «Lohnsystematisierung» wichtig, die auf dem Eisenbahngesetz von 1957 basierte: Artikel 58 sah vor, dass die KTU zur Deckung ihrer Defizite Bundeshilfe beantragen konnten, wobei der SEV durchsetzte, dass dabei auch die Personalaufwendungen berücksichtigt wurden. Damit wurden Lohnverbesserungen bei der SBB auch bei den KTU nachvollzogen. Das heisst, das Bundesamt für Verkehr definierte Lohntabellen im Einvernehmen mit dem Verband schweizerischer Transportunternehmen VST (heute VöV), dem SEV und den christlichen Minderheitsgewerkschaften.
Die Lohnsystematisierung wurde mit der Revision des Eisenbahngesetzes per 1. Januar 1996 abgeschafft. Zugleich forcierte diese Revision den Wettbewerb im Regionalverkehr, indem Leistungen fortan durch die Kantone bestellt und ausgeschrieben wurden, was bisher vor allem in der Branche Bus der Fall war. Damit wuchs die Gefahr, dass dieser Wettbewerb auf dem Rücken der Mitarbeitenden über ihre Löhne und Arbeitsbedingungen ausgetragen wird. Um dies zu verhindern, bemühte sich der SEV um den Abschluss regionaler und nationaler Branchen-GAV – wie z.B. des Rahmen-GAV für die Bus- und Nahverkehrsbetriebe im Kanton Bern (gültig ab 2002, mit VPOD und Gewerkschaft Kommunikation). Mit dem Ende des Beamtenstatus bei der SBB und dem ersten GAV SBB/SBB Cargo, gültig ab 2001, begann auch im öffentlichen Verkehr das Zeitalter der Firmen-GAV, während diese vorher die Ausnahme bildeten. In den folgenden Jahren führte der SEV mit den meisten KTU die früheren Personalreglemente in GAV über.
Für das Personal des RBS-Autodienstes handelte der SEV bereits per 1. Januar 2003 einen GAV aus, als konkrete Umsetzung des Bus-Rahmenvertrags für den Kanton Bern. Per 1. Januar 2005 schloss der SEV dann den ersten GAV für den ganzen RBS (Bus- und Bahnbereich) ab. Die Verhandlungen führte als damaliger Betreuer der SEV-VPT-Sektion RBS Giorgio Tuti zusammen mit Vertretern der Berufsgruppen und mit der GAV-Konferenz: Diese legte das Verhandlungsmandat fest und genehmigte am Schluss den Vertrag.
Bei jenen GAV-Verhandlungen von 2004 war als Vertreter Bahndienst und Elektrodienst auch schon René Schnegg dabei, der die Sektion seit 2008 präsidiert. Heute leitet er beim RBS das Fahrausweiskontrollteam am Standort Solothurn. Die Sektion organisiert gegen 200 der insgesamt 470 RBS-Mitarbeitenden, sowie 100 Pensionierte. Als grösste gewerkschaftliche Herausforderung für seine Sektion sieht René Schnegg aktuell die Mitgliederwerbung.
Lebendige Sozialpartnerschaft
«Die Sozialpartnerschaft mit der RBS-Leitung lebt und funktioniert gut», sagt René Schnegg.» Zum Beispiel zögen SEV und Unternehmung beim Dauerbrenner der hauptsächlich verbalen und zum Glück nur selten tätlichen Aggressionen von Fahrgästen gegenüber dem Personal am selben Strick.
RBS-Direktor Fabian Schmid sagte in seiner Ansprache: «Wir gratulieren dem SEV herzlich zum 100-jährigen Jubiläum. Wir schätzen die konstruktive Zusammenarbeit und sind dankbar, einen Partner wie den SEV zu haben.»
Nach dem offiziellen Teil lud die Sektion alle Anwesenden – Sektionsmitglieder, (noch) nicht organisierte RBS-Mitarbeitende, Kolleg/innen anderer Verkehrsunternehmen und sonstige Interessierte – zum gemütlichen Beisammensein und offerierte allen Speis und Trank. Zugleich bestand Gelegenheit, sich im Ausstellungsbus des SEV mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des SEV vertieft auseinanderzusetzen.
SEV on Tour
Der SEV-Bus tourt nun bis zum 30. November durch die Schweiz und bildet den Mittelpunkt der Jubiläumsfeiern bei über 60 SEV-Sektionen im ganzen Land. Alle Haltepunkte sind auf der Internetseite sev-online.ch/bustour zu finden. Sämtliche Infos und Fotos zum 100-Jahr-Jubiläum des SEV sind auf der Webseite 100.sev-online.ch zusammengestellt. Medien finden weitere Unterlagen unter sev-online.ch/medien100
Weitere Fotogalerien:
100 Jahre Bahnverbindung Solothurn–Bern (seit 9. April 1916)
50 Jahre RBS-Busbetrieb (seit 17. Oktober 1966)