Kongress 2009
Positionspapier 2: Organisation und Finanzierung des öffentlichen Verkehrs
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SEV und Verkehrspolitik
Der öffentliche Verkehr ist abhängig von Entscheidungen in der Politik. Die finanziellen Mittel, die Bestellungen der Leistungen, der Bau der Infrastrukturen und die vielen regulatorischen Bestimmungen werden durch Politikerinnen und Politiker und durch die zuständigen Verwaltungsstellen gefällt. Es liegt deshalb im Interesse des SEV, die Entscheide auf den höchsten Stufen der Politik zu beeinflussen. Dabei ist der SEV auf Partner angewiesen. Mit diesen pflegt der SEV einen regen Austausch. Intensiviert werden müssen auch die Beziehungen ins Parlament. Der Einsatz für mehr öffentlichen Verkehr ist letztlich ein Einsatz für mehr Arbeitsplätze. Dank dem flächendeckenden Verkehrssystem sind die öV-Arbeitsplätze in allen Regionen der Schweiz verteilt. Der SEV bekämpft übertriebene Zentralisierungen, die die Randregionen wirtschaftlich und als Arbeitsplatz schwächen.
Bahnreform als Stärkung des Service public
Liberalisierungen im Bahnverkehr bekämpft der SEV. Der hemmungslose Wettbewerb im Güterverkehr hat keine Vorteile gebracht. Der SEV erwartet von den Bahnen Kooperation statt Wettbewerb.
Für den SEV ist der öffentliche Verkehr ein Service public, der in der ganzen
Schweiz flächendeckend und zu günstigen Preisen angeboten wird. Den Ideen für
die Trennung von Infrastruktur und Verkehr sagt der SEV den Kampf an; er unterstützt integriert
geführte Bahnen, denn diese haben den Erfolg des öV gebracht.
Das Parlament hat in der Revision der öV-Erlasse festgelegt, dass die Bahnen
branchenübliche Arbeitsbedingungen einhalten müssen. Der SEV fordert alle Behörden
auf, die Einhaltung dieser Bestimmungen zu konkretisieren und durchzusetzen.
Die Umsetzung EU-Eisenbahnpakete I+II in der Schweiz (als 2. Teilpaket der
Bahnrefom 2) darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmenden gehen. Der umfassende
Zugang zum Schweizer Bahnnetz für Personenverkehrsunternehmen muss klar geregelt
sein und darf die Qualität des Bahnsystems nicht beeinträchtigen.
Die geplanten Regelungen für Ausschreibungen im regionalen Busverkehr müssen
dafür sorgen, dass der Wettbewerb nicht auf dem Buckel des Personals ausgetragen
wird. Für den SEV kommen Ausschreibungen nur dann in Frage,
wenn neue Leistungen zu erbringen sind oder der bisherige Anbieter massive
Mängel bei der Qualität (auch der Anstellungsbedingungen) zeigt. Eine generelle
Ausschreibungspflicht wird der SEV mit aller Kraft bekämpfen. Ebenso sind Ausschreibungen
im Bahnbereich auszuschliessen.
Infrastrukturausbau
Im Schweizer Verkehrssystem sind weiterhin zusätzliche Verbindungen und Taktverdichtungen geplant, womit weitere Ausbauten an der Infrastruktur nötig sind. Der SEV äussert sich nicht zu konkreten Bauprojekten. Es soll jenen Vorhaben der Vorzug gegeben werden, die für das ganze System den grössten Nutzen bringen.
Wo gebaut wird, sind auch die Bedürfnisse des Personals zu berücksichtigen. Pausen- und Ruheräume, gedeckte Arbeitsplätze und sichere Arbeitswege sind nur einige Stichworte in diesem Zusammenhang.
Für die nächste Etappe in der Bahninfrastrukturfinanzierung mit dem Titel Bahn 2030 erwartet der SEV eine umfassende Vorlage, die Fahrzeiten verkürzt und zusätzliche Züge ermöglicht. Weiter sollen genügend Trassen für den Güterverkehr zur Verfügung gestellt werden können. Die Zufahrten zu den Neat-Basistunneln müssen besonders beachtet werden. Der SEV fordert vom Bundesrat eine Botschaft im Rahmen von mindestens 21 Milliarden Franken.
Mit dem Infrastrukturfonds können zudem Projekte in den Agglomerationen realisiert werden. Separate Busspuren, neue Tramlinien und Bahnhöfe können so den gewachsenen Siedlungen rund um die Städte angepasst werden.
Für den SEV ist wichtig, dass angesichts des Ausbaus der Infrastruktur deren Unterhalt und Erneuerung noch mehr Gewicht geschenkt wird. Durch die starke Auslastung der Schienen bleibt den Unterhaltsequipen immer weniger Zeit, ihre Arbeit zu erledigen.
Infrastrukturfinanzierung
Der SEV befürwortet ein transparenteres System zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, das sich einfach ausbauen lässt. Er lehnt eine zu starke Erhöhung der Billettpreise ab, da damit eine Verlagerung auf die Strasse gefördert würde.
Der SEV trägt zusammen mit Partnern die Initiative für den öffentlichen Verkehr: Die Mineralölsteuergelder sollen in Zukunft hälftig für die Strasse und für den öV verwendet werden. Damit können fast 800 Millionen zusätzlich für den öV generiert werden. Gleichzeitig soll mit der Initiative ein eigenständiger Artikel zum öV in der Bundesverfassung verankert werden. Zusammen mit der Weiterführung des FinöV-Fonds bringt dies knapp genügend Mittel, um die nötigen Infrastrukturen zu finanzieren. Der SEV spricht sich zudem dafür aus, den Infrastrukturfonds weiterzuführen, da in den Agglomerationsprogrammen der Kantone noch grosser Bedarf besteht.
Sicherheit im öffentlichen Verkehr
Der öffentliche Verkehr ist das sicherste Transportmittel überhaupt. Negative Tendenzen sind aber erkennbar, so haben in den letzten Jahren Übergriffe von Passagieren auf die öV-Mitarbeitenden stark zugenommen. Der SEV erwartet Massnahmen, um diese Entwicklung zu stoppen. Dazu gehört eine starke Transportpolizei, die hoheitliche Aufgaben erfüllen kann. Sie soll nicht privatisiert werden.
Für den SEV ist klar, dass mit technischen und baulichen Massnahmen die Sicherheit nicht umfassend gewährleistet werden kann. Der SEV fordert Personal auf Bahnhöfen und in den Zügen. Die Wiedereinführung der Doppelbegleitung bei der SBB ist ein geeignetes Mittel, das schnell umzusetzen ist. Der SEV wehrt sich dagegen, neue Kategorien unbegleiteter Züge zu schaffen und fordert auch Personal in heiklen Zügen des Regionalverkehrs. Hier sind auch die Kantone als Besteller gefordert.
Zur Sicherheit gehört für den SEV auch die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen und der Sicherheitsvorschriften. Das Bundesamt für Verkehr als Aufsichtsbehörde muss Arbeitszeitgesetzverstössen rigoros nachgehen. Dazu sind verstärkte Kontrollen nötig. Auch die Kontrollen des Güterverkehrs auf Schiene und Strasse müssen intensiviert werden.
Güterverkehrsverlagerung
Das Parlament hat Ende 2008 die Güterverkehrsverlagerung im Grundsatz bestätigt. Das Zwischenziel von maximal 1 Million Lastwagen im Jahr 2011 und der Auftrag der Alpeninitiative von maximal 650'000 Lastwagen nach der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels muss zwingend eingehalten werden. Dazu ist die Alpentransitbörse in Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten rasch umzusetzen.
Der SEV erwartet, dass die von ihm geforderten und vom Parlament nun auch bewilligten zusätzlichen Mittel für die Förderung des Binnengüterverkehrs effizient eingesetzt werden. Der Wagenladungsverkehr muss von SBB Cargo flächendeckend in der ganzen Schweiz angeboten werden. Wo der Bedarf besteht, sind neue Zustellpunkte zu schaffen, und Anschlussgleise sind weiterhin durch den Bund zu fördern.
Klimaschutz
Der SEV unterstützt die Klimainitiative, die vom Bund eine Verringerung des CO2-Ausstosses bis 2020 um 30 Prozent zum Niveau von 1990 fordert. Der SEV fordert die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs auf, ihre Umweltvorteile vermehrt ins Zentrum zu rücken.
Dementsprechend müssen für den regionalen Personenverkehr genügend Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Eine Kürzung der Leistungsvereinbarung 2011-2014 des Bundes mit der SBB wird der SEV entschieden ablehnen.