Kongress 2015
Positionspapier Sozialpolitik
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Der Druck auf die Sozialversicherungen durch die bürgerliche politische Mehrheit und die Wirtschaftsverbände ist weiterhin massiv. Die Erste Säule ist Angriffen von Schwarzmalern ausgesetzt, die zwar in den vergangenen Jahren immer im Unrecht waren, aber wider besseres Wissen weiterhin das Schlimmste prophezeien. Die Zweite Säule leidet ihrerseits unter den tiefen Zinsen, vor allem aber ist sie Opfer der Börsenspekulation und der Versicherungen, die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind.
AHV und IV
Seit 1975 sind die Renten real nicht erhöht worden. Da besteht eindeutiger Nachholbedarf. Heute sind viele Rentnerinnen und Rentner nicht mehr in der Lage, ihre gewohnte Lebenshaltung in angemessener Weise weiterzuführen, wie es die Bundesverfassung eigentlich verspricht. Die AHV ist die wichtigste und stabilste Säule der Altersvorsorge, und sie hat eine solide Basis. Ausschliesslich aus politischen Gründen arbeiten die bürgerlichen Kreise an einem Leistungsabbau. Wir wollen im Gegensatz, dass unsere AHV weiter ausgebaut und gestärkt wird.
Der SEV engagiert sich deshalb aktiv für die Volksinitiative AHVplus, deren Ziel es ist, auf allen AHV-Renten einen Zuschlag von 10 Prozent zu zahlen. Für die meisten Rentnerinnen und Rentner führt dies zu einer Erhöhung der Altersrente um rund 200 Franken monatlich (350 Franken für Ehepaare). Die Finanzierung ist machbar: Es entstehen Zusatzkosten von 3,6 Milliarden Franken, was eine Beitragserhöhung von je 0,55 Prozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet. Da die AHV-Beiträge seit 40 Jahren unverändert sind, ist dies eine vertretbare Massnahme.
Wer eine langdauernde Krankheit hat und in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, muss um seine wirtschaftliche Existenz bangen. Die IV-Reformen sowie eine strenge Rechtsprechung haben die Anerkennung von IV-Renten stark vermindert. Zwar wurde ein umfangreiches System von Früherkennung und -intervention sowie von Integrationsmassnahmen auf die Beine gestellt, das die IV von einer Rentenversicherung zu einer Eingliederungsversicherung gewandelt hat. Tatsächlich kam der Rückgang der Rentenzahlungen jedoch nicht durch die Wiederintegration zu Stande, sondern durch abschlägige Rentenbescheide, weil bestimmte Krankheitsbilder von der Rente ausgeschlossen wurden.
Der Spardruck der IV darf nicht weiter auf die Versicherten weitergegeben werden. Ohne eine Intensivierung der Präventionsmassnahmen und die verbindliche Verpflichtung der Arbeitgeber, Arbeitsplätze für gesundheitlich Beeinträchtigte vorzusehen, wird die IV ihre Sparvorgaben nämlich umsetzen, indem noch weniger Betroffene eine Rente erhalten.
Berufliche Vorsorge (BVG)
Die Pensionskasse SBB führt ihre Bemühungen um eine nachhaltige finanzielle Sanierung weiter. Ihre Altersstruktur und die demographische Entwicklung bleiben aber sehr nachteilig. Aus diesem Grund ist es angebracht, diese Bemühungen fortzusetzen. Der SEV wehrt sich dabei generell gegen weitere Leistungskürzungen. Die SBB muss zudem ihre Verantwortung gegenüber den Pensionierten, ihren ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wahrnehmen.
In den weiteren Pensionskassen des öffentlichen Verkehrs, wo zum Teil kostspielige Sanierungen im Gang sind, unterstützt der SEV intelligente, zielgerichtete Massnahmen und achtet darauf, dass sie sozialverträglich umgesetzt werden. Die Arbeitgeber sowie die kantonalen und kommunalen Träger müssen ihre Verantwortung über das gesetzliche Minimum hinaus wahrnehmen.
Um den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zu verbessern, pflegt und entwickelt der SEV sein Netz der Stiftungsräte und Vorsorgekommissionen. Er setzt dazu digitale Plattformen und thematische Newsletter ein.
Flexible Arbeitszeit- und Pensionierungsmodelle
Eine gleitende Pensionierung zwischen 62 und 70, wie es der Bundesrat in seiner Altersreform 2020 vorschlägt, individualisiert den Altersrücktritt noch stärker: Die Pensionierung wird vermehrt von den finanziellen Ressourcen abhängig sein. Wenigverdienende sind dadurch gehalten, länger zu arbeiten, um eine anständige Altersrente zu erhalten. Das ordentliche Rentenalter 64/65 hat als kollektiv geltender Zeitpunkt für den Altersrücktritt eine wichtige Funktion in der Lebensplanung, die nicht aufgegeben werden darf.
Angesichts der steigenden Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über 50 Jahre bei den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs müssen die Frühpensionierungsmodelle, die mit der SBB ausgehandelt werden konnten, auch bei den KTU in geeigneter Form eingebracht werden.