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SBB und SBB Cargo

Ein Affront gegenüber dem Personal

© Keystone / Valentin Flauraud

Am 15. März konnte sich das SBB-Personal freuen. Sein Unternehmen, seine Führung hatte die Blumen ausgepackt und schrieb im Text zum Jahresabschluss 2021: «Das Glück der Mitarbeitenden ist das Glück der Reisenden.» In der Strategie 2030 als Ressource von unschätzbarem Wert genannt, landeten die Beschäftigten von SBB und SBB Cargo am 29. April hart auf dem Boden der Realität. Dieselben Chefs verkündeten die von ihnen ausgeheckten Sparmassnahmen. Zwei Tage vor dem 1. Mai, weniger als sechs Wochen nach der Liebeserklärung, riecht es eher nach Scheidung.

Das Personal schluckt diese Doppelzüngigkeit nicht, wie die Reaktionen zeigen. Die Sparmassnahmen sind unbeliebt; sie schmälern die Kaufkraft. Die SBB will die Risikobeiträge an die Pensionskasse umbauen. Heute bezahlt das Unternehmen ¾ dieser Beiträge, das Personal ¼. Nun verlangt die Leitung eine paritätische Beteiligung, was zu einem zusätzlichen Abzug von rund 0,4 % des Bruttolohns führen würde. Die SBB will zudem den Beitrag des Personals an die Krankheitskosten um 0,5 Punkte erhöhen. Das Unternehmen findet es zulässig, die Kaufkraft des Personals anzugreifen, während die Lebenshaltungskosten laufend steigen. Der CEO der SBB erachtet die heutigen Bedingungen als «zu grosszügig» und droht mit noch weiter gehenden Massnahmen, wenn die jetzt angekündigten nicht umgesetzt würden: Stellenabbau und Auslagerungen …

Nicht nur die Kaufkraft ist im Visier. Für die über 50-Jährigen hält das Unternehmen schweres Geschütz bereit. Heute haben über 50-Jährige mit mindestens 10 Berufsjahren, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, Anrecht auf Berufsinvalidität bis zum Zeitpunkt der Pensionierung. Dieser Schutz ist in einer Branche mit Monopolberufen zentral, denn eine Wiedereingliederung bei Berufsunfähigkeit ist äusserst schwierig. Die SBB will schlicht die Berufsinvalidität abschaffen! Damit drängt das Unternehmen seine schwächsten Angestellten ins Armutsrisiko. Das ist umso schlimmer, als die SBB heute in diesem Punkt als vorbildlich gilt.

Diese entmutigenden Massnahmen verschlechtern die Attraktivität der SBB zu einem Zeitpunkt, wo sie vor einer grossen Zahl von Pensionierungen innert wenigen Jahren steht.

Wir werden unsere Mitglieder anhören, um das weitere Vorgehen gegen diese untragbaren Angriffe festzulegen.

Edito von Valérie Solano, Vizepräsidentin SEV
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