Anstellungsbedingungen der Busfahrer/innen
Mindestlohn von 58 300 Franken
Seit letztem Juli müssen Buslinien obligatorisch ausgeschrieben werden. Die Busfahrer/innen befürchteten daher Lohndumping. Nun hat das BAV in einer Richtlinie einen Mindestlohn von 58 300 Franken festgelegt.
Massnahmen zum Schutz der Arbeitsbedingungen in der Busbranche waren sehnlich erwartet worden, seit im Rahmen des zweiten Schrittes der Bahnreform 2 per 1. Juli 2013 die Ausschreibung von Buslinien im Regionalen Personenverkehr (RPV) für obligatorisch erklärt worden war, wenn auch «nur» unter bestimmten Voraussetzungen.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat diesen Montag die «Richtlinie Arbeitsbedingungen der Branche BUS des subventionierten Binnenpersonenverkehrs» veröffentlicht und per 1. April in Kraft gesetzt. Alle Busunternehmen, die im RPV oder im Ortsverkehr eine neue Konzession oder die Erneuerung oder Änderung einer bestehenden Konzession beantragen wollen, müssen sich daran halten. Unternehmen mit einer bestehenden, unverändert weiterlaufenden Konzession hingegen müssen ihre Anstellungsbedingungen nicht anpassen, wenn diese nicht allzu stark von der Richtlinie abweichen.
90 % der Unternehmen halten Mindestlohn schon heute ein
Hauptpunkt der Richtlinie ist ein minimaler Einstiegslohn von 58 300 Franken im Jahr (= 13 x 4484 Franken 62 Rappen) für Busfahrer/innen mit Fahrausweis D ohne Berufserfahrung mit einer Vollzeitanstellung, was einer Jahressollarbeitszeit von 2100 Stunden entspricht. Als Grundlage für diesen Mindestlohn und die übrigen Mindeststandards diente dem BAV die Studie «Branchenübliche Mindeststandards im subventionierten Personenverkehr» der Universität Genf. Diese hatte landesweit 261 Busbetrieben (samt Unterakkordanten) einen Fragebogen geschickt, den 55 % ausfüllten.
Obwohl die Erhebung einen Medianlohn von 64 847 Franken ergab, setzte das BAV den Mindestlohn bei 58 300 Franken an – einem Wert, den 90 % der Unternehmen schon einhalten. Das BAV begründete seinen Verzicht auf eine stärkere Annäherung des Mindestlohns an den Medianlohn damit, dass die Anstellungsbedingungen in der Branche insgesamt eher korrekt seien. Dies ist den vielen Gesamtarbeitsverträgen zu verdanken, welche die Gewerkschaften – angeführt vom SEV – abgeschlossen haben.
Die BAV-Richtlinie legt nicht nur einen minimalen Einstiegslohn fest, sondern sieht auch bei der Versicherung Minimalstandards vor: So muss den Angestellten im Krankheitsfall während zumindest 720 Tagen wenigstens 80 % des Lohns weiterbezahlt werden. Und die Karenzfrist bis zur Bezahlung der Versicherungsleistung, während der 100 % des Lohns geschuldet sind, muss mindestens 20 Tage betragen.
Hingegen hat das BAV keine Mindeststandards festgelegt, was die Ferientage und spezielle Urlaube betrifft. Es begründet dies damit, dass die Studie diese Bereiche nicht analysiert habe.
Vivian Bologna / Fi
Barbara Spalinger, Vizepräsidentin SEV
«Das BAV hat unsere Arbeit berücksichtigt»
Das BAV hat den minimalen Einstiegslohn für Busfahrer/innen mit Fahrausweis D und ohne Erfahrung für 2100 Jahresarbeitsstunden bei 58 300 Franken angesetzt. Was hältst du davon?
Das BAV hat damit unsere Arbeit berücksichtigt, denn es hat sich auf die vom SEV ausgehandelten Löhne abgestützt, auch wenn es den unteren Wert der Lohnspanne gewählt hat und nicht den Medianlohn.
Das BAV hat nicht nur einen Mindestlohn festgelegt, sondern auch Mindeststandards, was den Krankheitsfall betrifft. Sind damit die branchenüblichen Anstellungs- und Arbeitsbedingungen klar definiert?
Natürlich sind die «branchenüblichen Bedingungen» allein mit einem Mindestlohn und Vorschriften für den Krankheitsfall noch nicht definiert. Es fehlen weitere Standards, etwa was die Transparenz des Lohnsystems, die Zulagen oder die Ferientage betrifft – Bereiche, die in der Branche fast überall besser geregelt sind als gesetzlich vorgeschrieben.
Welche Rolle wird der SEV künftig spielen?
Auch künftig werden wir darüber wachen, dass die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen, die wir in unseren Gesamtarbeitsverträgen verankert haben, als branchenübliche Bedingungen gelten. Nicht nur bei den Busbetrieben, sondern auch in andern Branchen des öffentlichen Verkehrs, ganz besonders im Güterverkehr.
Interview: Vivian Bologna/Fi