Vorstand SEV unterstützt die Petition Stop Tisa
Kommt bei Dienstleistungen der Freihandel?
Was bringt das ominöse Kürzel «Tisa» der Schweiz? Der Vorstand SEV liess sich über die Verhandlungen für Freihandelsabkommen bei Dienstleistungen informieren.
José Corpataux, Zentralsekretär des SGB, stellte dem Vorstand SEV die Hintergründe zum «Trade in Services Agreement» vor. Dabei geht es um Verhandlungen zwischen insgesamt 50 Staaten, vorwiegend aus dem Norden, für Freihandelsabkommen bei Dienstleistungen. Corpataux erläuterte, dass eigentlich schon beim damaligen WTO-Abkommen die Dienstleistungen einbezogen werden sollten, sich vor allem die armen Länder aber erfolgreich dagegen wehrten.
Wie schon das WTO-Abkommen ist auch Tisa geprägt von der Idee völliger Liberalisierung. Eines der Hauptprobleme ist dabei, dass fast alle beteiligten Länder die Inhalte der Verhandlungen als streng vertraulich klassieren, so auch die Europäische Union. Umso grösser sind die Bedenken von Gewerkschaften und anderen Nicht-Regierungs-Organisationen, dass am Schluss ein Gesamtpaket präsentiert wird, das verheerende Auswirkungen für den Dienstleistungsbereich bringen wird.
Schweiz mit offenen Karten
Corpataux betonte allerdings, dass sich die Schweiz bisher äusserst korrekt verhalten hat. Nicht nur hat sie als eine der wenigen beteiligten Nationen ihr Verhandlungsmandat offengelegt, sondern sie hat zudem auch ausdrücklich klargestellt, dass die Bereiche des Service public, der Grundversorgung mit Dienstleistungen, für sie kein Thema von Tisa sind.
Das alles mag die Kritiker nicht zu beruhigen: Wenn einmal ein Abkommen unterschrieben ist, das die Grundversorgung mit einbezieht, wird der Druck auf die Schweiz massiv wachsen.
Als weiteres Problem nannte Corpataux, dass nicht etwa die einbezogenen Bereiche genannt werden sollen, sondern die ausgeschlossenen; das bringt mit sich, dass alle künftig neu entstehenden Dienstleistungen automatisch vom Abkommen betroffen wären.
Zahlreiche Organisationen haben deshalb gemeinsam eine Unterschriftensammlung gegen Tisa gestartet, weil sie davon überzeugt sind, dass Dienstleistungen nicht ein beliebiges Handelsgut sind, sondern staatliche Regelungen in vielen Bereichen wichtiger sind als der freie Markt.
Grosser Druck von USA und EU
In der Diskussion wurde eine weitere Abkürzung ins Spiel gebracht, die in diesem Zusammenhang häufig zu hören ist: TTIP. Dabei handelt es sich um das Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU – auch dieses wird unter völliger Geheimhaltung verhandelt, und auch hier gibt es die Befürchtung, dass die volle Liberalisierung des gesamten Dienstleistungsbereichs enthalten sein wird, inklusive der netzgebundenen Infrastrukturen. In der EU werden deshalb die beiden Abkommen von den oppositionellen Organisationen gemeinsam bekämpft.
Druck auf Arbeitsbedingungen
Der Hauptgrund für die Gewerkschaften, sich gegen Tisa zu stellen, ist die Befürchtung, dass die Liberalisierung zu einer markanten Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen würde. Als Beispiel dient das Gesundheitswesen, wo im Kanton Neuenburg eine private Spitalkette die Arbeitsbedingungen deutlich unter die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrags gesenkt hat.
Der Vorstand SEV beschloss, die Petition Stop Tisa ebenfalls zu unterstützen. «Setzen wir ein Zeichen, dass für uns die Liberalisierung der Dienstleistungen nicht in Frage kommt», brachte es ein Redner auf den Punkt.
pmo
Kommentare
Walter J. Engel 14/11/2014 08:53:16
Der Service Public muss gewahrt werden. Eine 100% Liberalisierung ist schädlich!
Engel Susanna 14/11/2014 09:51:53
Markante Verschlechterung von Arbeitsbedingungen wie z.B. das Privatisieren von kantonalem Gebäudeunterhalt (Putzmannschaft) brauchen wir nicht.